- Hilfsmittel Hilfsmittel: Mehr Kompetenzen für die Versorger Panel auf dem Homecare-Management-Kongress 2025
Wie kann die Hilfsmittelversorgung auch in Zukunft finanziert werden. Welche Rolle spielen Ärzt:innen und Hilfsmittel-Leistungserbringer im Versorgungsprozess? Wird es noch in diesem Jahr gesetzgeberische Anpassungen geben? Diesen Fragen widmete sich ein Panel auf dem Homecare-Kongress.
ArtikelBerlin, 25.09.2025
© BVMed-Akademie / Bild: Jens Ahner
Wie kann die Hilfsmittelversorgung aus Krankenkassensicht auch in Zukunft finanziert werden? René Klinke vom Ersatzkassenverband vdek blickte zunächst auf die finanzielle Entwicklung im Hilfsmittelbereich. 2025 werde die 12 Milliarden Euro-Grenze erreicht werden. Die Ausgaben für Hilfsmittel hätten sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Insgesamt gebe es eine gute Versorgung mit Hilfsmitteln, so Klinke. Leistungskürzungen dürfe es nicht geben, aber die Qualität der Versorgung könne noch besser werden. Die Produktqualität sei über das Hilfsmittelverzeichnis (HMV) gut gesichert. „Was ist mit der Prozessqualität und wie können wir sie messen?“, sei nun die Frage. Hier sieht der Kassenexperte kurzfristigen Handlungsbedarf, beispielsweise durch die Versorgung nach Leitlinien, durch eine Erweiterung der vertragsrechtlichen Spielräume der Krankenkassen, durch einen einheitlichen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Medizinprodukte sowie Fortschritte beim Bürokratieabbau.
Welche Rolle spielen die Ärzt:innen und Hilfsmittel-Leistungserbringer im Versorgungsprozess? Julius Lehmann von der KBV berichtete von einem aktuellen Positionspapier des Kassenärzte-Verbandes zur Hilfsmittelversorgung. Aus seiner Sicht sei das Hilfsmittelverzeichnis ohne praktischen Nutzen für die Ärzteschaft – und es gebe einen sehr hohen Abstimmungsbedarf mit den Hilfsmittelversorgern. So gebe es sehr häufig Anfragen nach Anpassungen der Verordnung, beispielsweise bei Kompressionstherapien, Rollstühlen oder Einlagen. „Dadurch entsteht ein Mehraufwand für alle Beteiligten, der deutlich reduziert werden kann“, so Lehmann. Er plädierte dafür, die Verantwortungsbereiche besser kompetenzorientiert abzugrenzen. Es müsse eine „Blankoverordnung im Hilfsmittelbereich“ geben, um die Hilfsmittelversorger zu Entscheidungen für die Auswahl der richtigen Hilfsmittel zu befähigen. Zudem müsse die Nutzbarkeit des HMV deutlich verbessert und der Verordnungsprozess vor der Digitalisierung optimiert werden.
Dr. Siiri Doka von der BAG Selbshilfe unterstützte den Ansatz, das HMV praxisorientierter und zugänglicher zu machen. Das sei auch für die Patient:innen wichtig und könnte beispielsweise durch eine gute Verschlagwortung umgesetzt werden. Grundsätzlich würden viele Hilfsmittelversorgungen gut laufen. Dazu gehöre ein unkomplizierter Verlauf ohne die Notwendigkeit von Widersprüchen oder Mehrkosten. Auf der anderen Seite gebe es aber auch problematische Versorgungen. Hier würde sich Doka ein besseres Vertragscontrolling durch die Krankenkassen wünschen, um eine gute Qualität sicherzustellen.
Die Sicht der Patient:innen schilderten Celine van der Hoofd und Christian Limpert vom Selbsthilfeverband Stoma-Welt. Eine qualitätssichere Hilfsmittelversorgung ist für Stomaträger:innen der Schlüssel für Lebensqualität. „Wir sind zu hundert Prozent auf die geeigneten Hilfsmittel angewiesen“, so Limpert. Eine gute Versorgung müsse sich an der notwendigen Qualität für die Patient:innen orientieren, nicht an den Kosten, forderte van der Hoofd. Dazu gehöre, dass die Versorgenden aus den über 1.000 Produkten die geeigneten auswählen können, ohne vertragliche Einschränkungen. Die Stoma-Welt spricht sich dabei deutlich gegen die Wiedereinführung von Ausschreibungen aus, die von Krankenkassenseite immer wieder ins Spiel gebracht werde. Wichtig sei zudem eine bessere Anerkennung der Pflegeexpert:innen sowie eine klare Festlegung der Qualitätskriterien für eine Versorgung aus Sicht der Patient:innen.
Wird es gesetzgeberische Anpassungen geben? Anja Hügelmeyer vom Hilfsmittereferat des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) berichtete, das an Regelungen zur Weiterentwicklung der Hilfsmittelversorgung gearbeitet werde. Es sei gut, alle Perspektiven auf dem Kongress zu hören. Im Mittelpunkt würden die Aspekte Prozessoptimierungen, Vereinfachungen und Transparenz stehen. Sie gab der Hoffnung Ausdruck, dass bis Ende des Jahres über erste Entwürfe gesprochen werden könne.
Antje Domscheit vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hält die Vertragssituation im Hilfsmittelbereich für „insgesamt besser geworden“. Es fehle aber weiter an Transparenz und an flächendeckenden Versorgungsverträgen, die einen Zugang der Patient:innen sicherstellen. „Das Vertragsgeschäft müsste massiv verschlankt werden. Das ist auch ohne gesetzliche Anpassungen möglich, man muss es nur wollen, vor allem bei Standardversorgungen“, so Domscheit.
Weitere Pressetexte zum Homecare-Kongress 2025:
Politische Diskussionsrunde: Signale für Befugniserweiterung und ePA-Anbindung
Panel Versorgung der Zukunft: „Es geht nur mit Homecare“
Keynote Nachhaltigkeit: Prävention und Planetary Health als Hebel
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