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 - Branche "Leitwirtschaft Medizintechnik jetzt stärken" BVMed-Vorsitzender Mark Jalaß im Interview mit DAS KRANKENHAUS

Der BVMed-Vorstandsvorsitzende Mark Jalaß fordert im Interview mit DAS KRANKENHAUS die Unterstützung der Bundesregierung, um in Europa und auf nationaler Ebene Regulierung zu modernisieren und Bürokratie abzubauen: „Wir müssen Fristen, Prozesse und Anforderungen vereinheitlichen und entbürokratisieren. Wir müssen digitale Lösungen vorantreiben“, sagt der BVMed-Vorsitzende.

ArtikelBerlin, 04.11.2025

© BVMed / Tina Eichner Bild herunterladen

Deutschlands Wirtschaft stagniert. Wie ist die Stimmung in der Med-Tech-Branche?

Unsere aktuelle Herbstumfrage zeigt: Die Stimmung in der MedTech-Branche hat sich gegenüber dem Vorjahr leicht aufgehellt. Die BVMed-Mitgliedsunternehmen erwarten in Deutschland für 2025 einen Umsatzanstieg von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr. Die Umsatzentwicklung zeigt sich damit leicht erholt, wird aber durch stark steigende Kosten für Bürokratie, Zertifizierungen, Personal, Logistik/Transport und Energie gedämpft. Mehr als die Hälfte der der BVMed-Unternehmen gehen daher von einer Verschlechterung der Gewinnsituation gegenüber dem Vorjahr aus. KMU sind hiervon besonders betroffen.

Insgesamt muss man sagen: Angesichts des demografischen Wandels und der technologischen Entwicklung kann die Medizintechnik ein Wachstumsmotor für die deutsche Wirtschaft sein, dafür müssen sich aber die Rahmenbedingungen deutlich verbessern und innovationsfreundlicher gestaltet werden.

Profitieren die Unternehmen Ihrer Branche von den Sondervermögen der Bundesregierung für Investitionen in Infrastruktur bzw. vom Transformationsfonds zur Modernisierung der Krankenhausstrukturen?

Ja, zumindest sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, was wir sehr begrüßen. In Paragraf 3 der Transformationsfonds-Verordnung heißt es: „Förderfähig sind auch Kosten für die sachgerechte Ausstattung, Einrichtung, Medizin-Technik.“ Die Medizintechnik ist also bei den förderwürdigen Investitionen explizit genannt. Das wissen nur viele nicht. Unsere klare Botschaft lautet: Über den Transformationsfonds kann auch in moderne Medizintechnik investiert werden! MedTech ist Teil der Lösung – zur Verbesserung der Patientenversorgung, zur Optimierung der Prozesse und Abläufe, zur Entlastung des medizinischen Personals. Ob Notfallversorgung, telemedizinische Lösungen, Digitalisierung oder intelligente Infrastruktur: Die MedTech-Unternehmen bieten maßgeschneiderte Lösungen und fundierte Beratung, um die Anforderungen des Transformationsfonds zu erfüllen.

Welche Forderungen haben Sie an die Politik?

Die Medizintechnik-Branche steht an einem Wendepunkt. Deutschland und Europa müssen jetzt handeln, damit wir ein führender MedTech-Standort bleiben und den Patientinnen und Patienten Innovationen auch in Zukunft zur Verfügung stehen.

Es ist gut, dass die Medizintechnik im Koalitionsvertrag als Leitwirtschaft explizit anerkannt wird. Jetzt benötigen wir einen strukturierten Dialog- und Strategieprozess für die MedTech-Branche. Wir brauchen beispielsweise die Unterstützung der Bundesregierung, um in Europa und auf nationaler Ebene Regulierung zu modernisieren und Bürokratie abzubauen. Denn unser Mittelstand erstickt in Bürokratie. Wir müssen Fristen, Prozesse und Anforderungen vereinheitlichen und entbürokratisieren. Wir müssen digitale Lösungen vorantreiben. Nur so schaffen wir auch wieder ein innovationsfreundliches Klima in der Wirtschaft.

Und: Wir müssen die stationäre Versorgung zukunftssicher gestalten und dabei insbesondere die ambulante Versorgung stärken. Moderne Medizintechnologien sind die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt stärker ambulantisieren können. Das gilt für die Fortschritte beim ambulanten Operieren. Das gilt aber auch für die Versorgung in der Häuslichkeit durch Hilfsmittel, Verbandmittel oder Infusionstherapien. Demografischer Wandel, Fachkräftemangel: Klar ist, dass wir die ambulanten Strukturen stärken müssen.

Noch ein Punkt ist mir wichtig: Wir brauchen eine bessere Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten. Wir müssen den Zugang der MedTech-Unternehmen zu Real-World-Daten verbessern. Und wir müssen KI-basierte Systeme fördern und regulatorisch absichern. KI bietet große Potenziale zur Verbesserung der Versorgung und kommt bereits heute in Medizintechnologien zum Einsatz. Zum Beispiel bei Assistenzsystemen für die Chirurgie oder in bildgebenden Verfahren.

Das Bundeskabinett hat nun den Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) beschlossen. Die Krankenhausverbände zeigen sich enttäuscht. Sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Ja, auch wir sehen Verbesserungsbedarf. Im Sinne einer zukunftssicheren Krankenhausversorgung muss aus unserer Sicht MedTech hier stärker in den Fokus. Denn moderne Technologien sind Lösungsanbieter für bessere Versorgung und effizientere Prozesse. Die Probleme bei den Investitionskostenfinanzierungen sind aber nach wie vor ungelöst.

Aus unserer Sicht reichen die vorgeschlagenen Maßnahmen und angedachten Änderungen nicht aus, die Ziele der Reform umzusetzen. Wir müssen die Reform der stationären Versorgung klug vorantreiben und mit Digitalisierung verbinden. Wir müssen die Krankenhausplanung bedarfsgerecht gestalten. Dafür brauchen wir kontinuierliche Bedarfsprognosen. Wir müssen Anreize für medizinischen Fortschritt und Qualitätsverbesserungen setzen. Wir müssen Planungssicherheit für MedTech-Anbieter herstellen. Denn eine erfolgreiche Krankenhausreform geht nur mit MedTech.

Ihr Verband hat kürzliche Positionen zur Resilienzstrategie veröffentlicht. Welche Rolle hat die MedTech-Branche in diesem Zusammenhang, und welche Forderungen leiten Sie daraus ab?

Nach Jahrzehnten weitestgehender Friedenszeiten in Mitteleuropa fristet das Konzept der medizinischen Versorgungssicherheit für Krisen in Deutschland ein Schattendasein. Doch mit neuen Bedrohungen wie Kriegen, Naturkatastrophen oder Pandemien rückt eine Dual-Use-Strategie ins Zentrum: Strukturen, die im Alltag der zivilen Gesundheitsversorgung dienen, müssen skalierbar sein, um im Krisenfall eine große Anzahl Verwundeter versorgen zu können, ohne die Versorgung der übrigen Bevölkerung zu vernachlässigen.

Diesen Dual-Use-Ansatz greifen wir in unserem Positionspapier zu Krisenvorsorge und Zivilschutz auf. Die medizinische Versorgung hat dabei eine Schlüsselrolle im Krisenfall. Wir müssen jetzt die Strukturen schaffen, die in der Krise notwendig sind. Das Ziel muss der Aufbau eines resilienten, dual nutzbaren Systems medizinischer Versorgung sein, das sowohl im Alltag als auch im Krisenfall tragfähig ist. Dabei muss die Medizintechnik als integraler Bestandteil einbezogen werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist für mich die Stabilisierung unserer komplexen Lieferketten. Während der Corona-Pandemie sprach die Politik von einer stärkeren strategischen Unabhängigkeit, die wir anstreben sollten. Dies kann beispielsweise durch die Förderung von Herstellern und Versorgern aus Deutschland und Europa im zuliefernden Handel geschehen.

Welche Möglichkeiten sieht der BVMed, dem Fachkräftemangel in Ihrer Branche entgegenzuwirken?

Eine wichtige Frage. Der Fachkräftemangel ist auch in der Medizintechnik stark spürbar. In unserer Herbstumfrage gaben über 80 % unserer Mitgliedsunternehmen an, dass sie Probleme haben, offene Stellen zu besetzen. Darunter vor allem im Vertrieb, Produktion und Regulatory Affairs sowie Qualitätsmanagement.

Aus unserer Sicht müssen wir die Qualität der schulischen Ausbildung in den naturwissenschaftlichen Fächern, also den sogenannten MINT-Fächern, im Rahmen einer Bildungsoffensive verbessern, um europäisch und auch international mithalten zu können. Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzen von MINT- und Ingenieurs-Studiengängen muss schon während der Schulbildung stärker kommuniziert und besser gefördert werden, um die dringend benötigten Fachkräfte auszubilden. Zusätzlich sollte im Rahmen einer Digitalisierungsoffensive in die digitale Infrastruktur investiert und bessere Bildungsangebote sowohl in Schule als auch in Aus-, Fort- und Weiterbildung geschaffen werden.

Immer wieder wird die europäische Gesetzgebung, etwa die Medical Device Regulation (MDR) kritisiert. Einige Hersteller sollen gar aus dem Markt gegangen sein wegen der bürokratischen Hürden. Hat sich die Branche inzwischen damit arrangiert?

Nein, hat sie nicht. Die MDR ist nach wie vor die größte Hürde für die Entwicklung der MedTech-Branche. Die Folgen der MDR, die weit über ihr Ziel hinausgeschossen ist, sind offensichtlich: Innovative Medizinprodukte werden nicht mehr in der EU, sondern in anderen Märkten, insbesondere den USA, initial zugelassen. Einige Medizinprodukte sind auf dem Markt nicht mehr erhältlich und Unternehmen gehen vom Markt, da die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Die Gesamtkosten und die Dauer der Konformitätsbewertungsverfahren bis zur Zertifizierung von Medizinprodukten sind für die Hersteller unvorhersehbar, nicht planbar und haben erheblich zugenommen. Die Auslegungen der Vorschriften und die Anwendung der MDCG-Leitfäden durch Benannte Stellen und Behörden gehen oft über das Gesetz hinaus und sind europaweit unterschiedlich, was dem Ziel der Harmonisierung im Binnenmarkt widerspricht.

Wir begrüßen daher die Ankündigungen der EU-Kommission, den MDR-Rechtsrahmen zu überarbeiten und noch in diesem Jahr Vorschläge dazu vorzulegen. Neben einer gezielten Überarbeitung der MDR brauchen wir aber auch untergesetzliche Hilfsmaßnahmen, und zwar noch in diesem Jahr. Dabei geht es insbesondere um die bessere Planung der Zertifizierungsprozesse zur Gewährleistung der Vorhersehbarkeit, um Fragen der Bewertung der klinischen Evidenz, um die Rezertifizierung von Zertifikaten oder die Verfahren und die Inhalte von MDCG-Leitfäden. Wir brauchen Lösungen, um den MedTech-Zugang für Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, regulatorische Engpässe zu vermeiden und weitere medizintechnische Innovationen zu ermöglichen. Unsere Vorschläge dafür liegen mit dem MDR-Whitepaper auf dem Tisch.

Das Gespräch führte Katrin Rüter, Chefredakteurin

Erschienen im Magazin DAS KRANKENHAUS, Ausgabe November 2025.
Online-Quelle: https://daskrankenhaus.de/thema/leitwirtschaft-medizintechnik-jetzt-staerkenExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

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