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 - Endoprothetik Sichere Implantate für mobile Patienten Transparente Qualitätssicherung, verpflichtende Registerteilnahme und permanente Fort- und Weiterbildung

ArtikelFrankfurt/Main, 09.11.2015

Statement von Heinrich Wecker, Vice President Medical Technology bei Ceramtec und Stellvertretender Sprecher des Exekutivkomitees des Deutschen Endoprothesenregisters EPRD, zur Pressekonferenz zum Kongress „Qualitäts- und Sicherheitsinitiative – Endoprothetik 2015" am 5. November 2015 in Frankfurt:

Gelenkverschleiss (Arthrose) und entzündliche Gelenkerkrankungen (Arthritis) gehören zu den häufigsten und kostenintensivsten Volkskrankheiten. Allein in Deutschland leiden mehr als neun Millionen Menschen unter ständigen Schmerzen am Stütz- und Bewegungsapparat. Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung sind häufige Folgen, welche die Sozialkassen mit Milliardenbeträgen belasten.

Der künstliche Gelenkersatz (Endoprothetik) ermöglicht es, die Ursache schwerer Gelenkbeschwerden dauerhaft und komplett zu beseitigen. Mit modernen künstlichen Gelenken lassen sich die Schmerzen bei rund 70 Prozent der Patienten völlig beheben. Über 90 Prozent profitieren von einer deutlichen Verbesserung ihres Zustands.

Die moderne Endoprothetik stellt die Mobilität wieder her, reduziert Schmerzen, erhält die Arbeitsfähigkeit, verhindert Folgeerkrankungen und verringert die Zahl der Arztbesuche.

Fakten und Zahlen

Mit steigender Lebenserwartung in den Industrienationen nimmt auch die Häufigkeit des Gelenkverschleißes zu. Arthrose verursacht in Deutschland heute rund acht Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und 18.000 Frühverrentungen pro Jahr. Die Arthrose ist die mit Abstand häufigste Indikation für einen künstlichen Gelenkersatz, der jährlich bei rund 400.000 Patienten in Deutschland durchgeführt wird. Im Jahr 2014 wurden rund 220.000 künstliche Hüftgelenke sowie 150.000 künstliche Kniegelenke implantiert. Der Bedarf an Hüft- und Kniegelenkersatz wächst aufgrund der demographischen Entwicklung langfristig weiter.

Die Gelenkersatzoperation hat unter allen chirurgischen Eingriffen eine der höchsten Erfolgsquoten. Über 95 Prozent der Hüftimplantate haben eine Lebensdauer von mehr als zehn Jahren. Die BARMER GEK zeigt in ihrem Report "Krankenhaus 2010", dass die endoprothetische Versorgung in Deutschland sehr hohe Qualität hat. Das ist unter anderem das Ergebnis der engen Zusammenarbeit von Medizinern oder Anwendern und medizintechnischer Industrie seit rund fünf Jahrzehnten. Die operativen Verfahren sind in diesem Zeitraum immer ausgefeilter und schonender, die Implantat-Systeme technisch immer besser geworden.  

Transparenz und Qualität: Verpflichtendes Endoprothesenregister

Unbestritten ist die Hüftendoprothetik eines der erfolgreichsten medizinischen Verfahren überhaupt und wird sicher nicht zu Unrecht als „the operation of the century“ bezeichnet. Trotzdem gibt es aktuell einige Vorkommnisse die Anlass genug sind, sich mit dem Thema „Implantatsicherheit“ intensiv auseinanderzusetzen.

Natürlich ist ein Implantatbruch eine für den Patienten tragische Komplikation. Jeder einzelne Fall muss vermieden werden. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass im aktuellen schwedischen Endoprothesenregister ein Implantatbruch als Grund für eine Revisionsoperation in 1,4 Prozent der Fälle angegeben wird, während „Dislocation“ (11,8 Prozent) und „Deep Infection“ (10,8 Prozent) einen weitaus größeren Teil ausmachen und ebenso folgenschwer für den betroffenen Patienten sind. Hieraus ist ersichtlich, dass die eindimensionale Konzentration auf das Thema „Implantat“ der Komplexität der gesamten Implantatsicherheits-Problematik nicht gerecht wird.

Das schwedische Endoprothesenregister gilt weltweit als Maßstab für die Beurteilung von Implantaten und Verfahren, obwohl Schweden nur rund zehn Millionen Einwohner hat und damit viel niedrigere Implantationszahlen aufweist als viele andere Industrieländer. Da dort aber seit fast vier Jahrzehnten, seit 1979, alle Knie- und Hüftendoprothesen erfasst werden, verfügt das skandinavische Land über den umfassendsten Datensatz zur Sicherung und Verbesserung der Qualität in diesem Bereich.

Verpflichtende Teilnahme am EPRD notwendig

Die Mitgliedsunternehmen des Fachbereichs "Endoprothetik – Implantate" (FBEI) im BVMed setzen sich mit ganzer Kraft für mehr Transparenz und Qualität im deutschen Gesundheitssystem ein. Deshalb haben wir die Einrichtung des deutschen Endoprothesenregisters (EPRD) von Anfang an unterstützt. Das EPRD erfasst das endoprothetische Geschehen wesentlich detaillierter als das schwedische Register. Es verspricht damit tiefere Einblicke in Zusammenhänge der Endoprothetik.

Bisher ist die Teilnahme der Kliniken an der Erfassung jedoch freiwillig. Damit die deutschen Daten weiter an Aussagekraft gewinnen, muss die Teilnahme – wie in Schweden – spätestens ab Mitte 2017 für alle implantierenden Kliniken Pflicht sein. Hier sind klare Vorgaben von Politik und Kostenträgern gefordert. Außerdem ist es sinnvoll, den Kliniken die Daten bis auf die Ebene der einzelnen Klinik zugeordnet und ausgewertet als Benchmark für die Qualitätsentwicklung zur Verfügung zu stellen.

Transparenz und Qualität: Beispiel EndoCert

Die EndoCert-Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) ist das weltweit erste Zertifizierungssystem in der Endoprothetik. Die teilnehmenden Kliniken können damit ihre Qualitätsprozesse zertifizieren lassen, ähnlich wie es seit vielen Jahren bei Industrieunternehmen üblich ist. Die Zertifizierungskriterien beruhen auf überprüfbaren Qualitätsparametern.

Wir halten die Zertifizierung für einen wichtigen Schritt zu noch mehr Implantatsicherheit, da EndoCert weit über produkt- und implantatspezifische Aspekte hinausblickt und von einem umfassenden ganzheitlichen Qualitätsverständnis ausgeht. Dazu gehört selbstverständlich auch die Teilnahme am Endoprothesenregister.

Eine weitere entscheidende Voraussetzung für die Zertifizierung ist die intensive und ausführliche Einweisung aller an der Operation beteiligten Mitarbeiter in den Umgang mit den verwendeten Implantatsystemen sowie dem zugehörigen spezifischen Instrumentarium. Dieses Kriterium entspricht dem von den Implantatherstellern verfochtenen Prinzip 'Keine Anwendung ohne Training': Die Implantathersteller betreiben einen großen finanziellen und personellen Aufwand, um Operateure und OP-Personal in der Handhabung ihrer Produkte auszubilden.

Wir fordern – im Einklang mit den Kriterien von EndoCert –, dass die Absolvierung eines entsprechenden Trainings als Voraussetzung für die Implantation im Patienten zur Pflicht gemacht wird.

Fort- und Weiterbildung

Seit rund fünf Jahrzehnten arbeiten Medizin und Industrie gemeinsam an der Weiterentwicklung und Optimierung des künstlichen Gelenkersatzes. Die operativen Verfahren sind so immer ausgefeilter, die Implantatsysteme besser, aber auch komplexer geworden, manchmal sogar bis an die Grenzen des technisch machbaren ausgereizt. Zugleich hat in vielen Ländern der Druck auf Kliniken und Ärzte zugenommen. Das Bemühen um ökonomische Effizienz hat die verfügbare Zeit knapper gemacht. Darunter leidet – leider – oft auch die Fort- und Weiterbildung der Operateure in Deutschland. Allzu oft geht sie auf Kosten der ohnehin knappen Budgets der Kliniken oder der ebenso knappen Freizeit der Ärzte.

Wenn die mit Fort- und Weiterbildung verbrachte Zeit nicht mehr ausreicht, auch die Feinheiten der komplexen Implantatsysteme und ihrer Implantationstechniken zu erlernen, leidet unweigerlich die Qualität der Versorgung. Den Wettbewerb gewinnen aber die Kliniken, die nachweislich die beste Qualität erreichen. In Ländern mit einem Endoprothesenregister lässt sie sich bereits unabhängig und objektiv überprüfen.

Die Industrie leistet für die Fort- und Weiterbildung einen großen, in der Regel nicht vergüteten Beitrag. Angesichts eines globalen Preisverfalls für die Implantate werden die Mittel dafür aber immer knapper. Die Krankenhausträger sind deshalb gut beraten, selbst in die professionelle Schulung ihrer Operateure zu investieren und ihren Mitarbeitern dafür ausreichend Zeit zu geben. Das unerlässliche spezifische Know-how der Hersteller steht ihnen immer weiterhin zur Verfügung.

Die Industrie hat die Fort-und Weiterbildung für die Chirurgen zu einem zentralen Thema erklärt. Ziel ist die intensive, umfassende Ausbildung mit den technologisch immer anspruchsvolleren Implantatsystemen.

Marktzugang und Überwachung von Medizinprodukten

Fakt ist, dass sich das Europäische Medizinprodukte-Zulassungsverfahren („CE-Kennzeichnung“) im Vergleich zu anderen Ländern - insbesondere USA und Japan - als sehr effizient und sicher erwiesen hat. In beiden genannten Ländern sind die Schadensfälle und produktbedingten Komplikationen nicht geringer als in Deutschland!

Hervorzuheben ist, dass die Marktzulassung von medizintechnischen Innovationen in der EU deutlich schneller als in den USA ist. So erfolgt die CE-Kennzeichnung durchschnittlich 3,6 Jahre früher. Die Anzahl der Rückrufe ist dabei in den USA wie in Deutschland identisch gleich bei identischen Produktgruppen, so dass man konstatieren kann, dass der schnellere Marktzugang in der EU nicht zu Lasten der Patientensicherheit geht und Patienten schneller Zugang zu innovativen Medizinprodukten erhalten.

Insbesondere das abgestufte System nach Risikoklassen hat sich in der Praxis bewährt und ist der programmierten Innovationsbremse eines staatlichen Zulassungssystems vorzuziehen.

Kontakt:
Heinrich Wecker
Vice President Medical Technology, Ceramtec GmbH
Stellvertretender Sprecher des Exekutivkomitees des Deutschen Endoprothesenregisters
h.wecker@ceramtec.de

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