Wundversorgung

Wundbehandlung mit Kaltplasma: G-BA ebnet den Weg für eine Erprobungsstudie

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht im Einsatz von Kaltplasma zur Behandlung chronischer Wunden das Potenzial für eine medizinisch relevante Behandlungsinnovation. Damit ebnet der G-BA den Weg für eine Erprobung der Kaltplasmatherapie in der Behandlung chronischer Wunden und – im Erfolgsfall – die Aufnahme der Kaltplasmatherapie in den GKV-Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das Bewertungsverfahren wurde von neoplas med beantragt.

neoplas med hat im April 2021 beim G-BA einen Antrag zur Bewertung der Methode Kaltplasmabehandlung mit dem Kaltplasma-Jet kINPen® MED bei chronischen Wunden gestellt. Der Antrag basiert überwiegend auf der weltweit ersten veröffentlichten klinischen Studie zur Kaltplasmatherapie beim Diabetischen Fußsyndrom sowie einer Vielzahl klinischer Belege. Diese zeigen ein 3-fach Wirkprinzip beim Einsatz des Kaltplasma-Jets: Dekontamination, Steigerung der Mikrozirkulation und Anregung des Zellwachstums, wodurch die Wundheilung beschleunigt werden kann.

Der G-BA bestätigte nun mit Beschluss vom 15. Juli 2021, dass die neue Methode ein hinreichendes Potenzial als Behandlungsinnovation bietet, um eine Erprobungsstudie durchzuführen. In seiner Begründung zum Beschluss bestätigt das Gremium, dass der Methode „ein wissenschaftlich nachvollziehbares Konzept zugrunde liegt, das ihre systematische Anwendung in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden rechtfertigt“.

Bevor neue medizinische Behandlungsmethoden in der gesetzlichen Regelversorgung eingesetzt und für alle Versicherten erstattet werden können, müssen sie zunächst ihren medizinischen Nutzen belegen. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das höchste Beschlussgremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, prüft hierfür, ob Ergebnisse aus klinischen Studien den zusätzlichen Nutzen der Methode hinreichend belegen und die neue Methode damit das Potenzial als mögliche Behandlungsinnovation aufweist. Gibt es Hinweise auf ein Potenzial, kann der G-BA eine Erprobungsstudie veranlassen und auf dieser Grundlage über eine Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV beschließen.

In Deutschland leiden jährlich etwa 900.000 Menschen an chronischen, das heißt schlecht oder gar nicht heilenden Wunden1, die das Gesundheitssystem jährlich durchschnittlich 10.000 EUR pro Jahr und Patienten kosten.2 „Wir freuen uns außerordentlich, dass der G-BA das Potenzial unserer Kaltplasma-Jet-Technologie anerkannt hat“, sagt Ulrike Sailer, geschäftsführende Gesellschafterin von neoplas med. „Dieses Ergebnis bestärkt uns als Marktführer auf unserem Weg, Pionierarbeit zu leisten, um die Vorteile unserer Präzisionstechnologie allen Patientinnen und Patienten in Deutschland zugänglich zu machen.“

„Denn im Versorgungsalltag von Praxis und Klinik zeigt sich, dass die kontaktfreie und präzise Anwendung der Kaltplasma-Jet-Technologie einzigartige Vorteile bietet, die andere Kaltplasma-Geräte nicht bieten: eine berührungslose, punktgenaue Plasma-Applikation unter ständiger Sichtkontrolle, insbesondere einsetzbar bei unebenen Wundflächen. Plasma ist auch nicht gleich Plasma – beim kINPen® MED wird zur Erzeugung des Kaltplasmas Argon verwendet, dessen spezifische Eigenschaften stets für eine kontrollierte Plasmazusammensetzung und damit für eine gleichleibende Behandlungsqualität sorgen.

Im nächsten Schritt arbeiten wir in Abstimmung mit dem G-BA an der Planung und Umsetzung einer offiziellen Erprobungsstudie. Darüber hinaus treiben wir die klinische Entwicklung der Kaltplasma-Jet-Technologie in zusätzlichen Studien voran: sowohl in der Wundversorgung als auch für weitere potenzielle Anwendungsgebiete“, erklärt Ulrike Sailer.

Beschleunigte Wundheilung auch vorteilhaft für das Gesundheitssystem

Entscheidend für den positiven Beschluss waren die bislang vorliegenden klinischen Studienergebnisse. Hier stützte der G-BA seinen Beschluss im Wesentlichen auf die weltweit erste Placebo-kontrollierte Studie zur Kaltplasma-Anwendung der Kliniken Bad Oeynhausen und Karlsburg in Zusammenarbeit mit neoplas med. Diese hatte eine Aktivierung sowie eine Beschleunigung der Wundheilung bei chronischen diabetischen Fußwunden unter Behandlung mit dem Kaltplasma-Jet kINPen® MED im Vergleich zur Standardtherapie plus Placebo belegt. „Unter Kaltplasma-Behandlung wurde im Mittel 55 Prozent mehr Wundfläche verschlossen als bei alleiniger Standardbehandlung. Der Heilungsprozess wurde bei allen mit Kaltplasma behandelten Wunden aktiviert“, erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe, ärztlicher Direktor des Diabeteszentrums am Herz- und Diabeteszentrum NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, und Leiter der Studie. „Eine schnellere Wundheilung kann zu potenziell früheren Entlassungen der Patienten aus der Klinik führen. Dadurch könnten Kaltplasmabehandlungen künftig nicht nur Vorteile für die Patienten bringen, sondern sind gesundheitsökonomisch von Relevanz“, so Tschöpe. Die Studienergebnisse wurden im Sommer 2020 im renommierten Journal of the American Medical Association (JAMA) publiziert.3

Erste Kaltplasma-Therapie-Leitlinie noch dieses Jahr

Noch in diesem Jahr wird die Veröffentlichung der ersten Behandlungsleitlinie zum „rationalen Einsatz von kaltem physikalischem Plasma“ erwartet.4 „Der G-BA hat den Beschluss sehr breit gefasst und schließt alle chronischen Wunden der Haut ohne Heilungstendenzen unter Standardbehandlung ein. Damit steht der Beschluss im Einklang mit der derzeit in Erarbeitung befindlichen weltweit ersten Behandlungsleitlinie zum therapeutischen Einsatz von Kaltplasma“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Hans-Robert Metelmann, Universitätsmedizin Greifswald und Koordinator zur Erstellung der Kaltplasma-Behandlungsleitlinie. „Darauf warten viele ärztliche Kolleginnen und Kollegen aus allen Disziplinen, die bereits täglich mit ihren Plasmajet-Geräten Behandlungserfolge in der Wundmedizin erzielen, und deren wissenschaftliche Fachgesellschaften mit renommierten Vertretern an der Erarbeitung der Leitlinien mitgewirkt haben,“ weiß der Gründungsvorsitzende des Nationalen Zentrums für Plasmamedizin. Besonders wichtig für den Versorgungsalltag in Praxis und Klinik dürfte dabei die schon konsentierte Empfehlung des Expertenkreises werden, dass die Anwendung am Patienten auch durch plasmamedizinisch geschultes Fachpflegepersonal unter ärztlicher Aufsicht erfolgen kann.

Nach Erprobungsstudie finale Entscheidung zur Aufnahme in Leistungskatalog

Parallel zur Anerkennung des Potenzials der Kaltplasma-Anwendung in der Wundtherapie hat der G-BA ein Verfahren zur Erarbeitung einer sogenannten Erprobungs-Richtlinie eingeleitet.5 Entsprechend der gesetzlich geregelten Fristen und Verfahren ist damit zu rechnen, dass der G-BA in 2022 eine Erprobungs-Richtlinie beschließt. Darin werden die genauen Kriterien, klinische Endpunkte und Qualitätsanforderungen für die Erprobung definiert. Auf Basis der Ergebnisse der durchgeführten Erprobungsstudie wird der G-BA eine finale Entscheidung zur Aufnahme der Kaltplasmatherapie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung treffen.

Quelle: Pressemeldung von neoplas med vom 27. Juli 2021
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