- Umweltrecht Übersicht: „Green Claims“ Vorgaben für die MedTech-Branche
Die MedTech-Branche ist von zahlreichen umweltrechtlichen Vorgaben direkt oder indirekt betroffen. Mit unserem Infoservice zum Umweltrecht geben wir eine Übersicht zu den wichtigsten nationalen und europäischen Rechtsakten sowie den entstehenden Pflichten. In diesem Artikel legen wir einen Fokus auf „Green Claims“ – hier geht es zum Artikel auf Englisch. Mehr Rechtsakte finden Sie hier.
Artikel31.07.2025
Dieses Themenblatt gibt einen Überblick über relevante rechtlichen Themen im Bereich der Werbung mit Aussagen aus dem Bereich ESG („environmental, social, governance“). Da es hierfür keinen einheitlichen Rechtsrahmen gibt, sondern Vorgaben aus verschiedenen nationalen und europäischen Rechtsakten zu berücksichtigen sind, werden diese hier überblicksartig und zusammengefasst dargestellt.
Entwurf der Green Claims-Richtlinie vorgelegt
WICHTIG: Das Gesetzgebungsverfahren zum Erlass der Green Claims-Richtlinie verzögert sich und es ist derzeit unklar, ob die Richtline beschlossen wird.
Am 20.06.2026 wurde bekannt, dass die EU-Kommission Ihren Gesetzesvorschlag für eine Green Claims-Richtlinie zurückziehen will. Danach wäre es in absehbarer Zeit zu keiner weiteren Regulierung von Green Claims auf EU-Ebene gekommen und es wäre bei dem wettbewerbsrechtlichen Ansatz gegen nicht zutreffende Green Claims geblieben, der zuletzt durch die EmpCo-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2024/825) noch einmal verschärft wurde (s. u. ). Die Kommission ließ am 24.06.2024 klarstellen, dass sie immer noch hinter dem Gesetzesentwurf stehe. Jedoch hat in der Zwischenzeit Italien seine Unterstützung für die Richtlinie zurückgezogen, wodurch eine entsprechende Mehrheit im Rat fraglich erscheint.
Die EU-Kommission hat den EntwurfExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. für eine Green Claims-Richtlinie vorgelegt. Damit sollen EU-weit einheitliche Standards für die Substantiierung und Werbung mit Green Claims geschaffen werden. Mit dem Entwurf werden im Ergebnis die Möglichkeiten, künftig mit den praktisch immer wichtiger werdenden Green Claims zu werben, spürbar eingeschränkt werden.
Der neue rechtliche Rahmen soll freiwillige Umwelt-Werbeaussagen von Gewerbetreibenden gegenüber Verbrauchern regeln. Der Entwurf enthält detaillierte Vorgaben zur Substantiierung von grünen Werbeaussagen. Dabei ist auch anzugeben, ob die Aussage sich auf den Betrieb, auf das ganze Produkt oder nur einen Teil des Produkts bezieht. Die vorzunehmende Bewertung hat auf wissenschaftlicher Basis zu erfolgen und muss belegen, dass die beworbenen Umweltauswirkung bezogen auf die Lebensdauer des Produkts erheblich sind. Auch sind Kompensationen von Treibhausgasemissionen von den entsprechenden Emissionen zu trennen und es ist anzugeben, ob eine solche Kompensation durch die Reduzierung oder die Entfernung der Emissionen erreicht wird. Green Claims dürfen nur verwendet werden, wenn die darin enthaltenen Aussagen gemäß der soeben skizzierten Methodik substantiiert wurden und wenn diese erheblich sind.
Die Schaffung neuer Umweltlabels soll beschränkt werden.
Neu ist auch, dass Werbeaussagen, die sich auf ein Endprodukt beziehen, Informationen dazu enthalten müssen, wie der Verbraucher dieses verwenden soll, um die beworbene umweltbezogene Leistung erreichen zu können.
Die konkreten Informationen zu einem Green Claim müssen zusammen mit diesem veröffentlicht werden, etwa durch Angabe eines Links oder eines QR-Codes. Dabei ist mindestens anzugeben:
- Umweltaspekte, Umweltauswirkungen oder Umweltleistung, die Gegenstand der Werbung sind,
- die einschlägigen europäischen Normen oder ggf. einschlägige internationale Standards,
- die zugrunde liegenden Studien oder Berechnungen für die Ermittlung und Überwachung der relevanten Umweltaspekte einschließlich deren Ergebnisse, sowie Erläuterungen zu deren Umfang, Annahmen und Beschränkungen, soweit es sich nicht um Geschäftsgeheimnisse handelt,
- eine kurze Erläuterung, wie die beworbenen Verbesserungen erreicht werden,
- eine spezielle Konformitätsbescheinigung zur Untermauerung der Angabe (hierzu sogleich) und die Kontaktdaten des Ausstellers der Bescheinigung,
- bei expliziten Umweltangaben mit Klimabezug, die sich auf den Ausgleich von Treibhausgasemissionen stützen, Angaben darüber, in welchem Umfang sie sich auf den Ausgleich stützen und ob sich dieser auf die Verringerung oder den Abbau von Emissionen bezieht, und
- eine verständliche Zusammenfassung der Bewertung in mindestens einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem der Claim verwendet wird.
Ganz neu und zentral sind die Regelungen zur Prüfung und Zertifizierung umweltbezogener Aussagen. Vor der Verwendung eines Green Claims muss dieser der Richtlinie zufolge von einem unabhängigen Dritten, der Prüfstelle, geprüft worden sein. Gleiches gilt für die Verwendung eines Umweltlabels. Ist das Ergebnis der Prüfung positiv, soll ein entsprechendes besonderes Konformitätszertifikat ausgestellt werden, das die Einhaltung der Anforderungen der vorliegenden Richtlinie bescheinigt.
Bei Verstößen sind empfindliche Sanktionen vorgesehen. Unter anderem sind die Abschöpfung entsprechender Einnahmen, der zeitweilige Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und Bußgelder vorgesehen, deren maximale Höhe mindestens 4 % des Jahresumsatzes in den betroffenen Mitgliedsstaaten betragen soll.
Aktuell befindet sich der Entwurf im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und wird in den Institutionen auf der Grundlage einer Legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12.03.2024 in der neuen Legislatur weiter beraten. Mit der Festlegung seiner Allgemeinen AusrichtungExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. vom 17.06.2024 hat der Rat den Weg für die Trilogverhandlungen frei gemacht.
Richtlinien zur Änderung der UGP-Richtlinie und der Verbraucherrechte-Richtlinie
Am 06.03.2024 wurde die Richtlinie (EU) 2024/825 zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen (in der Praxis häufig EmpCo-Richtlinie genannt) veröffentlicht. Diese neuen Regelungen werden ab dem 27.09.2026 anzuwenden sein.
So sollen im Rahmen des Irreführungstatbestands die ökologischen und sozialen Merkmale, Zirkularitätsaspekte wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit des Produkts als wesentliche Merkmale aufgenommen werden. Ferner soll eine Umweltaussage über eine künftige Umweltleistung als irreführend gelten, wenn diese ohne klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele, die in einem detaillierten Umsetzungsplan festgelegt sind, getroffen wird.
Die so genannte Schwarze Liste mit Geschäftspraktiken, die stets als unlauter gelten, soll um folgende Tatbestände erweitert werden:
- Das Treffen einer allgemeinen Umweltaussage, wobei der Gewerbetreibende die anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezieht, nicht nachweisen kann;
- das Treffen einer Umweltaussage zum gesamten Produkt oder der gesamten Geschäftstätigkeit, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts oder auf eine bestimmte Aktivität des Gewerbetreibenden bezieht; und
- das Treffen einer Aussage, die mit der Kompensation von Treibhausgasemissionen begründet wird und wonach ein Produkt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat. Alleine durch diesen letzten Punkt dürfte ein erheblicher Teil der heute noch durchaus üblichen Green Claims rund um das Thema Treibhausgasemissionen obsolet werden.
Schließlich sollen die vorvertraglichen Informationspflichten gegenüber Verbrauchern um Informationen zu Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten mittels einer so genannten harmonisierten Mitteilung bzw. harmonisierten Kennzeichnung erweitert werden. Die Europäische Kommission wird hier bis 27. September 2025 einheitliche Muster für Pflichthinweise auf die gesetzliche Gewährleistung und auf gewerbliche Haltbarkeitsgarantien festlegen.
Auch wettbewerbsrechtlich wird daher künftig bei der Verwendung von Green Claims noch größere Vorsicht geboten sein.
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© Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) in Zusammenarbeit mit Ahlhaus Handorn Niermeier Schucht Rechtsanwaltsgesellschaft mbH („Produktkanzlei“).
Diese Übersicht ersetzt keine Einzelfallprüfung.