Gelenkersatz bewegt
Patientengeschichte Sabine Allmannsberger: Die wiedererlangte Lebensqualität ist unbezahlbar
26.02.2019|


2003 spürt sie zum ersten Mal Schmerzen in ihrer rechten Hüfte, die bis in die Lendenwirbelsäule und ins Knie ausstrahlen. „Es passierte immer häufiger vor allem bei extremen Kicks im Training“, erinnert sie sich. Aber sie lässt sich damals nicht untersuchen. „Ich habe immer an muskuläre Probleme geglaubt und bin daher nicht zum Arzt. Es war bestimmt auch ein Stückweit Verdrängung.“
Es wird schlimmer. So schlimm, dass sie 2005 mit dem Kampfsport aufhört. „Ich besuchte dann Yoga- und Gigong-Kurse – öfter mal was Neues!“ Sie lacht herzlich dabei. Mit den sanften Yoga-Übungen bekommt sie die Beschwerden zunächst in den Griff.
Aber 2010 werden die Schmerzen in der Hüfte heftiger, Sabine Allmannsberger greift öfter zu Schmerztabletten. In dem Jahr gibt sie in Luxemburg ein Seminar als Hundetrainerin. Eine Teilnehmerin macht ein Video und postet es auf Facebook. Sabine Allmannsberger erzählt: „Ich guckte mir das an und dachte: Wie läufst du denn da? Mein Gang hat mich an eine Greisin erinnert.“ Sie will das Problem dennoch weiterhin verdrängen und macht erst mal weiter wie bisher. Auch mit Schmerzmitteln. Inzwischen kommt sie ohne tägliche Dosis nicht mehr aus.
2012 ist es kaum noch zu ertragen. „Ganz schlimm war es nachts, da war an Schlaf nicht mehr zu denken. Ich habe mich nur noch hin und her gewälzt“, berichtet sie. Eine befreundete Ärztin empfiehlt ihr, dringend einen Orthopäden aufzusuchen. „Ihr Rat war für mich der ausschlaggebende Punkt. Da bin ich dann hin und habe meine Hüfte röntgen lassen.“
Schmerzen in der Hüfte sind häufig ein Symptom von Arthrose. Dabei verschleißt der Knorpel am Hüftkopf oder an der Hüftpfanne zunehmend. Normalerweise sorgt der Knorpel dafür, dass keine direkte Reibung zwischen den Hüftknochen entsteht – fehlt er, kommt es zu teils unerträglichen Schmerzen. Die Hüft- oder Coxarthrose ist eine typische Alterserkrankung. Patienten sind zum Zeitpunkt der Operation im Durchschnitt fast 70 Jahre alt.
Eine alte Verletzung meldet sich
Sabine Allmannsberger hingegen ist gerade erst Mitte 40, als ihr Orthopäde 2012 eine Arthrose des Hüftgelenks feststellt. Die Ursache für den vorzeitigen Verschleiß ist 20 Jahre her – und kommt nur heraus, da der Orthopäde die alten Unterlagen von Sabine Allmannsbergers Hausarzt erhält. Mit 27 Jahren hatte sie einen Reitunfall gehabt, bei dem sie sich die Hüfte gebrochen hatte. „Der Arzt erklärte mir, dass so eine Fraktur eine Coxarthrose zur Folge haben kann“, erzählt sie. „Und so war es bei mir dann auch.“ Warum sie nicht schon viel früher an einen Zusammenhang gedacht hat, kann sie sich selbst nicht erklären.
Der Orthopäde rät ihr zu einer künstlichen Hüfte. „Mit damals 46 Jahren war ich gar nicht begeistert davon“, erzählt sie. „Man liest sich dann ja auch durch Internetforen, wo Menschen auch schlechte Erfahrungen teilen.“ Aus Angst entscheidet sie sich, noch etwas länger mit den Schmerzen zu leben. „Das hat aber nicht lange gehalten. Irgendwann war es so schlimm, dass mir beim Treppensteigen das Bein wegsackte.“ Da ist die Operation nicht mehr aufzuschieben.

Sabine Allmannsberger mit Dr. Hauck

Rund 230.000 solcher Hüftendoprothesen werden in Deutschland jährlich eingesetzt. Der Eingriff ist Standard und dauert kaum länger als eine Stunde. Dabei wird der Hüftkopf entfernt und ein künstlicher Kopf in den Oberschenkelknochen eingeschlagen. Die Hüftpfanne wird mit einer Schale versehen, in die sich der Kopf einfügt. Bei Sabine Allmannsberger kommt eine Keramik-Gleitpaarung zum Einsatz. Der Verschleiß des Materials ist hier am geringsten. Dr. Hauck erwartet, dass die Prothese durchaus 30 Jahre halten kann. Rund acht Tage nach dem Eingriff können die Patienten das Krankenhaus in der Regel verlassen. Um das korrekte Laufen mit der neuen Hüfte zu üben und Muskeln aufzubauen, erhalten Patienten im Anschluss eine mehrwöchige Reha.
Reha in Eigenregie

Sie macht die Reha selbst. Sabine Allmannsberger kommt dabei zugute, dass sie seit Jahrzehnten Sport macht, fit ist und ihren Körper gut kennt. Sie berichtet: „Nach der OP war ich sofort schmerzfrei. Nach wenigen Tagen konnte ich schon Treppensteigen, mit Gehhilfen natürlich.“ Den einwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus nutzt sie, um erste Reha-Maßnahmen zu machen und Übungen zu erlernen. Zurück zuhause sucht sie sich einen Physiotherapeuten, zu dem sie einmal die Woche geht. Dazwischen macht sie selbstständig Übungen. „Den Muskelaufbau habe ich dann praktisch beim täglichen Gassigehen mit meinen Hunden erledigt“, erzählt sie lachend.
Zwei Wochen nach der OP ist sie auf Krücken das erste Mal wieder mit ihren Hunden draußen. Nach drei Wochen braucht sie keine Gehilfe mehr. Nach vier Wochen fährt sie das erste Mal wieder Fahrrad. „Sechs Wochen nach der OP war ich auch im Job als Hundetrainerin wieder voll einsetzbar“, erzählt sie stolz. „Und das darf man nicht unterschätzen. Ich arbeite teilweise mit großen, auch aggressiven Hunden, die schnell auch mal weit über 50 Kilogramm wiegen. Das ist körperlich extrem anstrengend.“

Dass sie damals vor 13 Jahren mit Yoga angefangen hat, war für sie eine wichtige Entscheidung. „Das würde ich jedem Patienten empfehlen. Es ist eine sanfte Art, die Gelenke zu bewegen, damit man nicht rostet. Schonung ist ja, gerade wenn man Beschwerden hat, nicht gut.“ Sie sagt auch: „Man sollte nicht zu lange warten. Ich habe mich bestimmt zwei Jahre zu lange gequält.“ Vor allem will sie anderen Patienten aber Mut machen: „Die wiedererlangte Lebensqualität ist unbezahlbar.“