Krankenhausreform

Deutsche Krankenhaus­gesellschaft warnt vor Insolvenzwelle

Sollte die Politik nicht zeitnah dauerhafte und nachhaltige Regelungen vorlegen, die den Kranken­häusern insbesondere finanziell helfen, droht eine Insolvenzwelle bei den Krankenhäusern. Das betonte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), berichtet das Deutsche Ärzteblatt Online.

„Im zweiten Halbjahr 2023 werden wir eine Insolvenzwelle bei den Krankenhäusern erleben, wenn die Klini­ken ihre Jahresabschlüsse für 2022 vorlegen müssen“, warnte DKG-Chef Gaß. Er schätzt, dass bis zu 20 Prozent der Kran­kenhäuser davon betroffen sein werden, wenn die Politik nicht handele. Für eine Krankenhausreform, die dies verhindern soll, braucht es deshalb bessere Finanzierungskonzepte so­wie nachhaltige Verbesserungen für die Krankenhäuser. „Bund und Länder müssen sich auf einen Struktur­fonds verständigen, der mit Geld ausgestattet wird“, forderte Gaß.

Die Krankenhäuser seien das verlässliche Rückgrat der Daseinsvorsorge und der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Eine umfassende Reform mit nachhaltigen Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser sei zwingend erforderlich, erklärte Gaß. Er begrüßte das gemeinsame Vorgehen von Bund und Ländern, ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er es für einen schweren politischen Fehler halte, die Reform hinter ver­schlossenen Türen auszuhandeln. Das sei eine „riesige Chance, die man verspielt“, betonte Gaß. Man könne eine solche Strukturreform, die auch in die Besitzstände privater Unternehmen eingreife, nur gemeinsam mit diesen Akteuren angehen, forderte Gaß.

DKG fordert gemeinsame Strukturreform

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe die DKG nur einmal nach der Vorstellung der Vorschläge durch die Regierungskommission im Dezember eingeladen. Es gebe darüber hinaus allerdings keinen Arbeits­plan. „Es gab diesen einen Termin und seitdem ist absolute Stille“, kritisierte Gaß. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits mehrfach betont, dass er die Krankenhausreform maßgeblich unter Ausschluss der Lobbygruppen gemeinsam mit den demokratisch gewählten Parlamenten und Regierungen erarbeiten wolle.

Die gemeinsame Zusammenarbeit wäre aber dringend nötig, findet Gaß. Für dieses Jahr prognostizierte er, dass das Personal in den Krankenhäusern weiter knapp bleibe, obwohl es gerade einen positiven Trend bei der Ausbildung neuer Pflegekräfte gebe. Auch die Notfallversorgung und die Medikamentenknappheit blieben ein ungelöstes Problem. Nicht lieferbare Arzneimittel betreffen zunehmend auch die Krankenhausapotheken und insbesondere Medikamente, die die Anästhesie oder Intensivmedizin benötigen, so Gaß.

Nicht hilfreich waren Gaß zufolge auch Lauterbachs plakative Aussagen zur angekündigten Reform. Der Minis­ter sprach beispielsweise davon, dass Krankenhäuser „billige Medizin“ betreiben. „Ökonomischen Druck zu reduzieren ohne die offensichtlichen Finanzierungsdefizite zu beseitigen, einen revo­­lutionären Strukturwandel anzukündigen ohne ein Wort über die dafür notwendigen Investitionen zu verlieren und seine unreflektierten Aussagen über billige Medizin im Krankenhaus, haben der Sache mehr geschadet als genützt“, so Gaß.

Krankenhäuser können gestiegene Preise nicht weitergeben

Es bestehe derzeit das Problem einer „gigantischen ungelösten Unterfinanzierung“. Die Preise, die Kranken­häuser in diesem Jahr mit den Krankenkassen abrechnen können, seien um 2,3 Prozent gestiegen. Die Kosten der Kliniken seien allerdings aufgrund hoher Energiepreise und der hohen Inflationsrate zwischen acht bis zehn Prozent gestiegen. Diese Lücke klaffe deutlich auseinander und der kalte Strukturwandel werde weiter­gehen, wenn nicht eingegriffen wird, so Gaß.

Zudem gebe es weiterhin das ungelöste Problem der fehlenden Investitionsfinanzierung durch die Bundes­länder. Über den Zeitraum von 2015 bis 2020 fehlten entsprechend 22 Milliarden Euro, so Gaß. Es existierten zwar Unterschiede bei der Finanzierung durch die Bundesländer, aber Gaß zufolge gebe es kein Bundesland, das die vollen Investitionskosten der Krankenhäuser finanziere.

Er kündigte an, dass die DKG eine Auswertungsanalyse beim Forschungsinstitut hcb und damit auch unter der Mitarbeit von Boris Augurzky, Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus, in Auftrag gegeben habe. Diese Analyse soll veranschaulichen, wie sich die Vorschläge der Regierungskommission auf die Kranken­hauslandschaft konkret ausgestalten würde. Gaß kritisierte, dass die Regierungskommission nicht selbst eine solche konkrete Analyse gemeinsam mit den Vorschlägen mitgeliefert habe. Die DKG will die Analyse Anfang Februar vorlegen.

Zudem will die Krankenhausgesellschaft konkrete Vorschläge insbesondere zur Finanzierung der Kranken­haus­reform Ende Januar beschließen und in der ersten Februarhälfte der Bund-Länder-Gruppe vorlegen. Gaß kündigte an: „Wir favorisieren ein bundesweites Stufenkonzept mit grundsätzlicher Zuordnung von Leistungs­gruppen als sinnvollen Ansatz für eine Landeskrankenhausplanung nach gemeinsamen, bundesweiten Maß­stäben.“

Zentral, um ökonomischen Druck zu minimieren, sei eine differenzierte fallzahlunabhängige Vorhaltefinan­zierung. „Zu den Finanzierungsfragen gehört aber zuvorderst das Ende der strukturellen Unterfinanzierung. Um die Kliniken endlich für klinisch-ambulante Leistungen zu öffnen, plädieren wir für eine Finanzierung dieser Leistungen über Hybrid-DRG“, sagte Gaß.

Auch zu den bereits vom Gesetzgeber verabschiedeten geplanten Tagesbehandlungen äußerte sich Gaß. Die tagesstationären Behandlungen entsprechen einem mindestens sechsstündigen vollstationären Aufenthalt, aber die Patienten könnten nachts nach Hause gehen. Das soll kurzfristig Geld einsparen und Personal ent­lasten. Die DKG handele gerade die dafür geforderten Leistungsdokumentation mit dem GKV-Spitzenverband aus, so Gaß. Allerdings erklärte er, dass es noch rund vier bis sechs Wochen dauern werde, bis ein Entwurf stehe. Gaß gab sich aber zurückhaltend in der Prognose, ob die Tagesbehandlungen die Krankenhäuser tatsächlich ent­lasten werden.

Die gute Nachricht sei aber, dass die COVID-19-Pandemie dieses Jahr kein kritisches Thema mehr für die Krankenhäuser sein werde, betonte er. Zudem gebe es große Potenziale in den Kliniken, was den weiteren Ausbau von ambulanten Behandlungen angehe. Auch könnte durch Krankenhausfusionen eine schlagkräftigere Versorgung hervorgebracht werden. Mithilfe der voranschreitenden Digitalisierung und einem verstärkten Fokus auf Prävention könnten zudem die Herausforderungen der Zukunft besser gemeistert werden, schlussfolgerte Gaß.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 17. Januar 2023

Informationen der DKG zur Pressekonferenz
  • Weitere Artikel zum Thema
  • Neues BVMed-Positionspapier: „MedTech-Investitionsfinanzierung in die  Krankenhausreform einbeziehen!“

    Der BVMed spricht sich dafür aus, die Investitionsfinanzierung für Medizintechnik in die Diskussion der Krankenhausreform einzubeziehen. „Es ist gut, dass die zukünftige Finanzierung der Gesundheitsversorgung gesichert werden soll. Die angedachten Maßnahmen der Krankenhausreform zur Konzentration von komplexeren Leistungsgruppen lassen aber den zentralen Baustein, die Investitionsfinanzierung der für die einzelnen Leistungsgruppen erforderlichen medizintechnischen Anlagegüter, bislang unberücksichtigt“, bemängelt BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Für die einem Krankenhaus zugewiesenen Leistungsgruppen müssten ausreichende Investitionsmittel für die räumliche und die medizintechnische Ausstattung bereitgestellt werden, um die vorgegebenen Qualitätskriterien erfüllen zu können. Mehr

  • BVMed zur Krankenhausreform: „Sachkosten-intensive Medizin bei der Krankenhausreform berücksichtigen“

    Der BVMed fordert zur anstehenden Krankenhausreform, die sachkosten-intensive Medizin zu berücksichtigen. „Die geplante Vorhaltefinanzierung kann – als Kernbestandteil der Reform der Krankenhausfinanzierung – zu Fehlentwicklungen führen, beispielsweise zu einem eingeschränkten Zugang zu medizinisch notwendiger sachkosten-intensiver Medizin“, warnt BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Deshalb müssten für Behandlungsfälle mit einem hohen Sachkosten- bzw. Medizinprodukteanteil gute Lösungen entwickelt werden. Der Ansatz aus dem vergangene Woche bekannt gewordenen Arbeitsentwurf, die variablen Sachkosten vor der Ausgliederung der Vorhaltefinanzierung abzugrenzen, sei zu begrüßen, müsse aber sorgfältig und sachgerecht ausgestaltet werden, so die BVMed-Experten. Mehr

  • Bundesgesund­heitsministerium gibt Startschuss für Vorarbeiten zur Transparenzoffensive

    Die Vorarbeiten zum Transparenzverzeichnis mit Versorgungs- und Qualitätsdaten der Krankenhäuser sollen möglichst schnell beginnen. Darauf drängt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einem Schrei­ben an die Deutsche Krankenhausgesellschaft, den GKV-Spitzenverband sowie den Verband der Privaten Krankenversicherung, berichtet das Deutsche Ärzteblatt Online. Mehr


©1999 - 2023 BVMed e.V., Berlin – Portal für Medizintechnik