- Umweltrecht Übersicht: Zwangsarbeits-Verordnung (FLR) Vorgaben für die MedTech-Branche
Die MedTech-Branche ist von zahlreichen umweltrechtlichen Vorgaben direkt oder indirekt betroffen. Mit unserem Infoservice zum Umweltrecht geben wir eine Übersicht zu den wichtigsten nationalen und europäischen Rechtsakten sowie den entstehenden Pflichten. In diesem Artikel legen wir einen Fokus auf die Zwangsarbeits-Verordnung (FLR) – hier geht es zum Artikel auf Englisch. Mehr Rechtsakte finden Sie hier.
Artikel31.07.2025
Name des Rechtsaktes
Verordnung (EU) 2024/3015 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937.
Verkündungsstand
Fassung vom 12.12.2024Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
Hintergrundinformationen
Die FLR (engl. „Forced Labour Regulation“) ist zum 13.12.2024 in Kraft getreten und gilt in Gänze ab dem 14.12.2027. Einige Regelungen zur Vorbereitung der Behörden gelten bereits seit dem 13.12.2024. Der Rechtsakt bedarf als Verordnung keines Umsetzungsaktes in nationales Recht, sondern gilt unmittelbar (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Dennoch wird es in Deutschland ein entsprechendes Durchführungsgesetz geben, um die behördlichen Zuständigkeiten und Befugnisse zu konkretisieren und um Sanktionen bei Verstößen festzulegen.
Anwendungsbereich
Die FLR gilt branchen- und produktunabhängig für alle Wirtschaftsakteure, Art. 1 FLR. „Wirtschaftsakteur“ bezeichnet
„jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die Produkte auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt oder bereitstellt oder Produkte ausführt“, Art. 2 Nr. 9 FLR.
Damit gilt die Verordnung umfassend und beschränkt sich nicht auf große Marktakteure oder besonders von Zwangsarbeit betroffene Branchen. Hintergrund: Zwangsarbeit soll als eine der schlimmsten Formen von Menschenrechtsverletzungen umfassend bekämpft werden.
Nicht erfasst von der FLR ist die Rücknahme von Produkten, die bereits den Endnutzer auf dem Unionsmarkt erreicht haben.
Rollen
Die Rollen ergeben sich über die Bestimmung des Anwendungsbereichs, sodass eine darüberhinausgehende, spezifische Rollenzuordnung nicht vorgesehen und erforderlich ist.
Pflichten in Stichpunkten
In Art. 1 Abs. 3 FLR legt die Verordnung eindeutig fest, dass sie keine zusätzlichen Sorgfaltspflichten für Wirtschaftsakteure zu den Pflichten einführt, die bereits im Unionsrecht oder im nationalen Recht vorgesehen sind. Die Verordnung bettet sich damit in den durch bestehende Regelungen wie CSDDD/LkSG und die Konfliktmineralienverordnung geschaffenen menschenrechtlichen Verantwortungskanon für Unternehmen ein. Die FLR komplementiert die bestehenden Regelungen durch zwei Aspekte:
- Das Verbot des Inverkehrbringens von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten, Art. 3 FLR.
- Weitreichende Regelungen zur Behördenzusammenarbeit, um das Verbot sicherzustellen.
Zu 1): Ein „in Zwangsarbeit hergestelltes Produkt“ ist nach Art. 2 Nr. 7 FLR
„ein Produkt, bei dem auf einer beliebigen Stufe seiner Gewinnung, Ernte, Erzeugung oder Herstellung insgesamt oder teilweise Zwangsarbeit eingesetzt wurde, einschließlich bei der ein Produkt betreffenden Be- oder Verarbeitung auf einer beliebigen Stufe seiner Lieferkette“.
Die Definition von Zwangsarbeit bezieht sich auf Art. 2 Nr. 1 des Übereinkommens Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und meint
„jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.“
Soweit eine risikobasierte Voruntersuchung (Art. 17 FLR) und bei weiterer Konkretisierung eines Verdachts eine Untersuchung (Art. 18 FLR) gegen Wirtschaftsakteure wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Verbot nach Art. 3 FLR eingeleitet wird, besteht die Verpflichtung der Wirtschaftsakteure, Informationen über die einschlägigen Maßnahmen bereitzustellen, die sie ergriffen haben, um das Zwangsarbeitsrisiko in ihren Geschäftsabläufen und Lieferketten in Bezug auf die zu bewertenden Produkte zu ermitteln, zu verhindern, zu minimieren, zu beenden oder entsprechende Abhilfe zu schaffen. Hierfür bestehen enge gesetzliche Fristen und Mitwirkungspflichten. Die Behörden können unter Umständen auch Lieferanten und weitere Beteiligte befragen, sodass von einer (Vor-)Untersuche betroffene Wirtschaftsakteure eine funktionierende Kommunikations- und Koordinationsstruktur etablieren sollten.
Wird ein Verstoß festgestellt, erlässt die Behörde eine Entscheidung nach Art. 20 FLR mit den folgenden, kumulativen Inhalten:
- Verbot des Inverkehrbringens oder Exports des betroffenen Produkts
- Anordnung, die bereits in den Verkehr gebrachten Produkte von dem Unionsmarkt zu nehmen
- Anordnung, die betreffenden Produkte aus dem Verkehr zu ziehen und zu recyceln oder unbrauchbar zu machen.
Zu 2): Das Verbot soll durch ein „Unionsnetzwerk gegen in Zwangsarbeit hergestellte Produkte“ durchgesetzt werden. Das Netzwerk soll eine Plattform für die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden darstellen. Die Verordnung trifft aus diesem Grund differenzierte Vorgaben an die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der erforderlichen Verwaltungsorganisation, um insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen des Netzwerks zu stärken.
Darüber hinaus sieht die Verordnung die Erstellung einer Reihe von Leitlinien bis zum 14.06.2026 vor, Art. 11 FLR. Diese sollen Wirtschaftsakteure dabei unterstützen, ihre nach anderen Rechtsakten bestehenden Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Verhinderung von Zwangsarbeit zu erfüllen. Die nach der FLR zu erstellenden Leitlinien können Unternehmen damit grundsätzlich auch darin unterstützen, Maßnahmen zur Erfüllung von Sorgfaltspflichten zu schärfen und zu spezifizieren. Die Leitlinien werden wie alle anderen Informationen in einem noch zu errichtenden „Zentralen Portal gegen Zwangsarbeit“ der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Dort wird auch jede Entscheidung über das Verbot eines Produkts veröffentlicht.
Aktuelles
Gegenwärtig sind keine aktuellen Entwicklungen auf gesetzgeberischer Ebene erkennbar. Insbesondere ist die FLR (noch) nicht Gegenstand der unterschiedlichen OMNIBUS-Verfahren zur Vereinfachung der Sorgfaltspflichtregime.
Download
© Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) in Zusammenarbeit mit Ahlhaus Handorn Niermeier Schucht Rechtsanwaltsgesellschaft mbH („Produktkanzlei“).
Diese Übersicht ersetzt keine Einzelfallprüfung.