- Adipositaschirurgie Bariatrische Operationen verhindern Folgekrankheiten bei geringeren Kosten effektiver als GLP1-Agonisten Deutsches Ärzteblatt Online vom 24. September 2025
Die größere Gewichtsreduktion, die eine bariatrische Operation im Vergleich zur Einnahme von GLP-1-Agonisten erzielt, war in einem Langzeitvergleich, der in "Nature Medicine"Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. erschien, mit einer niedrigeren Rate von Folgeerkrankungen der Adipositas einschließlich einer geringeren Mortalität verbunden. Aufgrund der hohen Kosten der Medikamente bleibt die Adipositas-Chirurgie nach einer Studie in "JAMA Surgery"Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. auch die kosteneffektivere Behandlung, berichtet das Deutsche Ärzteblatt Online.
ArtikelCleveland und Pittsburgh, 30.09.2025
© AdobeStock @Carsten Kattau
Die Einführung der neueren GLP-1-Agonisten, die bei einer einmal wöchentlichen subkutanen Injektion eine deutliche Gewichtsreduktion versprechen, haben in den USA innerhalb kurzer Zeit zu einem Rückgang der bariatrischen Operationen um 25 % geführt.
Fachleute rechnen damit, dass die chirurgische Anlage von Schlauchmagen (Sleeve-Gastrektomie) oder Magenbypass (Roux-en-Y-Operation) in Zukunft nur noch bei Personen durchgeführt wird, die die Behandlung mit Semaglutid oder Tirzepatid nicht vertragen oder bei denen aus anderen Gründen keine ausreichende Gewichtsreduktion erzielt wird.
Zur letzteren Gruppe könnten Personen mit Typ-2-Diabetes gehören, die in der Regel weitere Blutzuckersenker einnehmen, von denen einige das Körpergewicht erhöhen, was häufig auch nach dem Wechsel auf Insulin der Fall ist. Eine bariatrische Operation könnte hier eine stärkere Gewichtsreduktion erzielen, zumal sie häufig zu einer Remission des Typ-2-Diabetes führt.
Ein Team um Ali Aminian, dem Leiter des Bariatric & Metabolic Institute an der Cleveland Clinic, hat in der M6-Studie („Macrovascular and Microvascular Morbidity and Mortality after Metabolic Surgery versus Medicines“) die Erfahrungen von 1.657 operierten und 2.275 medikamentös behandelten Patienten und Patientinnen gegenüber gestellt.
Das durchschnittliche Alter betrug 54,2 Jahre und der Body-Mass-Index 41,8. Alle Teilnehmenden hatten einen Typ-2-Diabetes. Für die Analyse wurden die Unterschiede in den Patienteneigenschaften mit mathematischen Methoden angeglichen.
Um die Langzeiterfahrungen zu vergleichen wurden nur Patienten und Patientinnen aus den Jahren 2010 bis 2017 berücksichtigt. Die meisten Teilnehmenden wurden mit den „älteren“ GLP-1-Agonisten wie Liraglutid (65,4 %), Dulaglutid (48,6 %) und Exenatid (32,5 %) behandelt. Semaglutid (26,5 %) und Tirzepatid (4,4 %) wurden erst später eingesetzt.
Entsprechend geringer fiel die Gewichtsreduktion aus. Auf 10 Jahre hochgerechnet betrug sie mit den GLP-1-Agonisten nur 6,8 % gegenüber 21,6 % nach einer bariatrischen Operation. Der Roux-en-Y-Magenbypass führte dabei zu einer Reduktion von 61,3 % und die Sleeve-Gastrektomie reduzierte das Gewicht um 38,7 %.
Der Vorteil in der Gewichtsreduktion wirkte sich auf die Mortalität und Morbidität der Patienten und Patientinnen aus. Die kumulative 10-Jahres-Sterberate betrug nach der Operation 9,0 % gegenüber 12,4 % in der GLP-1-Agonisten-Gruppe. Aminian ermittelt eine adjustierte Hazard Ratio von 0,68 (95-%-Konfidenzintervall [0,48; 0,96]), also einen Rückgang um 32 %.
Im Vergleich zur GLP-1-Agonisten-Gruppe war die metabolische Chirurgie auch mit einem um 35 % geringeren MACE-Risiko (Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Ereignisse) verbunden: adjustierte Hazard Ratio 0,65 [0,51; 0,82]. Es kam zu 47 % seltener zu einer Nephropathie: adjustierte Hazard Ratio 0,53 [0,43; 0,67]. Auch eine Retinopathie trat mit einer adjustierten Hazard Ratio von 0,46 [0,29; 0,75] zu 54 % seltener auf.
Die bariatrischen Operationen sind inzwischen ein Routineeingriff, der in den ersten 90 Tagen bei 118 Teilnehmenden (7,1 %) zu schwerwiegenden Komplikationen und bei 8 Teilnehmenden (0,48 %) zum Tode führte.
Die Einnahme der Medikamente geht dagegen bei vielen Personen mit gastrointestinalen Nebenwirkungen einher, die die langfristige Einnahme gefährden. Nach dem Absetzen der Medikamente kommt es in der Regel innerhalb kurzer Zeit zu einer erneuten Gewichtszunahme.
Auch in einer Auswertung von 30.458 US-Patienten und -Patientinnen mit Grad II oder III-Adipositas, deren Abrechnungsdaten beziehungsweise elektronische Krankenakten ein Team um George Eid vom Krankenversicherer Allegheny Health Network analysiert hat, fiel die Gewichtsreduktion nach der Adipositaschirurgie mit durchschnittlich 28,3 % stärker aus als nach einer Behandlung mit GLP-1-Agonisten, die das Gewicht in den 32 Monaten der Nachbeobachtung nur um 10, 3 % senkten.
Die Gesundheitskosten fielen im ersten Jahr in der chirurgischen Gruppe mit 3.161 US-Dollar pro Monat noch höher aus als in der GLP-1-Agonisten-Gruppe mit 2.842 US-Dollar pro Monat. Doch im zweiten Jahr waren sie mit 1.155 versus 2.448 US-Dollar pro Monat niedriger.
Eid ermittelt für die ersten beiden Jahre Gesamtkosten von 63.483 US-Dollar für die GLP-1-Agonisten-Gruppe und von 51.794 US-Dollar für die Chirurgie-Gruppe. Die Kostenneutralität ist damit bereits erreicht bei einer deutlich höheren Gewichtsreduktion.
Der wesentliche Nachteil für die GLP-1-Agonisten-Gruppe waren die Medikamentenkosten von 1.551 US-Dollar pro Monat im zweiten Jahr, denen in der Chirurgie-Gruppe nur 115 US-Dollar pro Monat gegenüberstanden.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 24. September 2025Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.