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Ukraine-Krieg | Info-Blog

Relevante Informationen für die MedTech-Branche

Sanktionen der EU verhängt gegen Russland


11. Sanktionspaket: Auswirkungen auf die MedTech-Industrie
Das 11. Sanktionspaket der EU-Kommission wurde in Übereinstimmung mit der Erklärung des G7-Treffens im Mai in Abstimmung mit anderen Teilnehmenden entwickelt, um folgende Ziele zu erreichen. Die Durchsetzung der Sanktionen, einschließlich der Schließung von Mechanismen zur Vermeidung von Umgehungen und der Beschränkung der Ausfuhr von Gütern nach Russland, die nachweislich auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden oder eine Schlüsselrolle in der russischen Wirtschaft spielen, die eine Rolle bei der Verfolgung des ungerechtfertigten Angriffskrieges gegen die Ukraine spielt.

Die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt finden Sie hier.

Der Unterschied zwischen EU- und US-Sanktionen
Für den MedTech-Sektor ist der hervorstechendste Aspekt des 11. EU-Sanktionspakets die Abweichung von dem Paket der USA. Während die USA eine beträchtliche Anzahl spezifischer medizinischer Technologien unter Sanktionen gestellt haben, hat die EU humanitäre Erwägungen in ihren Sanktionen bevorzugt und MedTech nicht in ihr Sanktionspaket aufgenommen.

Der BVMed hatte sich hierfür auf Bundes- und EU-Ebene stark gemacht.

Der Ansatz der EU wird zwar begrüßt, wirft aber die Frage auf, wie die Unternehmen die Kombination von EU- und US-Sanktionen einhalten sollen und insbesondere, wie die USA ihren Grundsatz der Extraterritorialität für Sanktionen anwenden werden

Neue Sanktionen gegen MedTech-Produkte

Auch wenn die Medizintechnik nicht speziell von dem EU-Sanktionspaket betroffen ist, so sind doch einige Geräte in die neue Sanktionsregelung einbezogen worden. Insbesondere Beatmungsgeräte können zum Teil von dem folgenden HS-Code betroffen sein, der jetzt unter Sanktionen steht:

HS-Code - 9020 00 00 Andere Atmungsapparate und -geräte und Gasmasken, ausgenommen Schutzmasken ohne mechanische Teile und ohne auswechselbare Filter

Die Hersteller können weiterhin eine Genehmigung für die Ausfuhr dieser Produkte nach Russland beantragen.

Sorgfaltspflicht und Durchsetzung

Im Rahmen der Erläuterungen der Kommission zum 11. Sanktionspaket wurde deutlich gemacht, dass die Behörden weitere Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen werden.
Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie eine Sorgfaltsprüfung durchführen, um die Umgehung von Sanktionen zu verhindern. Die Kommission hat klargestellt, dass, wenn ein Unternehmen eine wirksame Sorgfaltsprüfung durchgeführt hat und dennoch festgestellt wird, dass seine Produkte zur Umgehung der Sanktionen gegen Russland verwendet wurden, keine Maßnahmen gegen dieses Unternehmen ergriffen werden, sofern Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Umgehungen ergriffen werden.
Die Kommission stellte fest, dass sich der Medizintechniksektor in einer einzigartigen Lage befindet, da er der einzige Sektor ist, der im Rahmen der Sanktionsregelung rechtmäßig elektronische Geräte nach Russland liefern kann, und daher das Risiko einer Umgehung bekannt ist.
Es wird davon ausgegangen, dass zwei Arten der Umgehung vorliegen können. Eine primäre Umgehung liegt vor, wenn ein Produkt in seiner ursprünglichen Form zur Umgehung der Sanktionen verwendet wird – z. B. medizinische Geräte, die in einem Militärkrankenhaus eingesetzt werden. Eine sekundäre Umgehung liegt vor, wenn ein Produkt zerlegt wird und seine Teile oder Komponenten für die Herstellung von Militärausrüstung verwendet werden.
Die Sorgfaltspflicht sollte beide Arten der Umgehung abdecken.
Es wurde festgestellt, dass die Sorgfaltspflicht nicht nur für Lieferungen direkt nach oder aus Russland gelten sollte, sondern auch für Lieferungen, die über Staaten geleitet werden, von denen inzwischen bekannt ist, dass sie für die Umgehung von Sanktionen genutzt werden. Die EU wies in diesem Fall auf die Risiken hin, die von der Türkei, Serbien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kasachstan, Armenien, Georgien und Kirgisistan ausgehen.
Die EU arbeitet an einem Leitfaden für die Sorgfaltspflicht zur Verhinderung der Umgehung von Sanktionen. Medtech Europe (MTE) der europäische Dachverband des BVMed wird sich an der Entwicklung beteiligen.

Finanztransfers
Es bestehen große Bedenken, da nach dem 11. Sanktionspaket praktisch alle Möglichkeiten für den Kapitalfluss nach und aus Russland abgeschnitten sind. Es wird über eine mögliche Lösung für die Einrichtung einer Finanzinstitution unter besonderer Aufsicht diskutiert, die Kapitalflüsse ermöglichen soll, die durch humanitäre Interventionen (Lebensmittel und medizinische Versorgung) gerechtfertigt sind, aber bisher wurde ein solches System noch nicht eingerichtet.

Zusätzliche Überlegungen
Es sei darauf hingewiesen, dass diese Sanktionen auf lange Sicht gelten. Die Kommission schätzt, dass die Sanktionen noch fünf bis zehn Jahre in Kraft bleiben würden, selbst wenn der Krieg sofort beendet würde.
Unabhängig davon wurden wir auf Übersetzungsfehler in den verschiedenen veröffentlichten Fassungen der EU-Sanktionen aufmerksam gemacht, die die Bedeutung der Sanktionen in den verschiedenen Sprachfassungen grundlegend verändern – MTE hat die Kommission darauf aufmerksam gemacht und wir erwarten in Kürze ein Korrigendum.

Auf der folgenden Webseite finden Sie eine Übersicht mit alle bisherigen Sanktionen.

Weitere hilfreiche Informationen und Übersichten zum Thema finden Sie beim Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und seiner Task Force sowie auf den Webseiten des DIHK und des BMWK.
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