Aortenklappenersatz

Kardiologen sehen TAVI auch für Patienten mit niedrigem Operationsrisiko als Goldstandard

ÄrzteZeitung Online vom 9. April 2019

Die kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose (TAVI) ist auch für Patienten mit niedrigem Operationsrisiko von nun an der Goldstandard. So interpretiert die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung (DGK) neue Studienergebnisse, die im März auf dem Kongress des American College of Cardiology vorgestellt wurden. Andere Fachgesellschaften sehen das anders.

Die Evolut Low Risk Trials und die PARTNER-3-Studie untersuchten, ob eine transfemoral durchgeführte TAVI verglichen mit dem chirurgischen Aortenklappenersatz auch für Niedrigrisiko-Patienten eine mindestens gleichwertige, wenn nicht sogar bessere Therapiealternative darstellen könnte. "Die Ergebnisse sind eindeutig, vor allem in der PARTNER-3-Studie, die den Marktführer unter den von Kardiologen eingesetzten Transkatheterklappen, die Sapien 3-Prothese, untersuchte", so die DGK.

Als primärer Endpunkt galt in der Studie eine Kombination aus Tod, Schlaganfall oder Rehospitalisierung nach zwölf Monaten. Der Endpunkt trat bei 8,5% der TAVI-Patienten ein, jedoch bei 15,1% der Patienten, die einer chirurgischen Prozedur unterzogen wurden. "Wenn bei einem Patienten in der Frühphase nach dem Eingriff so harte Endpunkte wie Schlaganfall oder Tod signifikant selten eintreten, ist das ein mehr als überzeugendes Argument für die TAVI-Methode der Kardiologen", sagte Helge Möllmann, stellvertre­tender Sprecher der DGK-Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK).

Nach dem Kongress hatten die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirur­gie (DGTHG) und die Schweizerische Gesellschaft für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie darauf hingewiesen, dass die Studien keine Aussagen über die langfristigen Erfolge und Limitationen des Verfahrens bei Niedrigrisiko-Patienten machten. Dies sehen die Kardio­logen anders. "Es existieren belastbare Langzeitdaten, die bis zu zehn Jahre zurückrei­chen. Sie zeigen nicht den kleinsten Anhaltspunkt für eine frühzeitigere Degeneration der Klappen", sagte Möllmann.

Die neuen Daten bestätigen laut DGK, was in Deutschland längst Versorgungsrealität sei: Ein nicht unerheblicher Teil der mit TAVI behandelten Patienten sei schon jetzt der Niedrig-Risiko-Gruppe zuzuordnen, wie eine Auswertung des Deutschen Aortenklappenregisters GARY zeige. "Die Daten spiegeln also wider, was wir im klinischen Alltag schon erleben", so Möllmann.

Die DGK fordert jetzt, die Richtlinien des Gemeinsamen Bundes­aus­schusses zu ändern: Zum einen müssten die Altersgrenzen kritisch hinterfragt werden. Es sei aufgrund der neuen Daten naheliegend, die Altersgrenze für die TAVI von momentan 75 Jahren auf 70 zu senken.

Außerdem sollte die TAVI, sofern sie anatomisch gut durchführbar sei, als Standardbe­hand­lung erwogen und der chirurgische Klappenersatz bei Patienten ab 70 nur als Alternative in Erwägung gezogen werden. "Auch sollte der nach Zuweisung initial chirurgisch geplante Klappenersatz als Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit von interven­tio­nellen Kardiologen evaluiert und schriftlich akzeptiert werden", hieß es aus der Fachgesellschaft.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 9. April 2019
  • Weitere Artikel zum Thema
  • Lauterbach will Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes aktiv aufspüren

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will durch in Gesetz zur Früherkennung von Volkskrankheiten Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) und Diabetes aktiv und früher aufspüren. Hausärzte, Apotheker und Krankenkassen sollen dazu in einer konzertierten Aktion zusammenwirken, um Lücken bei der Diagnose von häufigen Erkrankungen zu schließen, berichtet die ÄrzteZeitung Online. Mehr

  • BVMed zum Weltherztag: Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) endlich auf der politischen Agenda angelangt

    Der BVMed unterstützt den Plan des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), bis zum Herbst 2023 Eckpunkte für eine Gesetzesinitiative zur besseren Vorsorge und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) vorzulegen. Das geht aus der neuen BMG-Arbeitsplanung hervor. „HKE sind damit endlich auf die politische Agenda gelangt. Wir haben großartige Behandlungsmöglichkeiten, müssen die Erkrankungen aber früher erkennen und strukturierter angehen“, so die stellvertretenden BVMed-Vorstandsvorsitzenden Dorothee Stamm von Medtronic und Dr. med. Manfred W. Elff von Biotronik anlässlich des Weltherztages am 29. September. Mehr

  • Herzbericht 2022 zeigt gute aber nicht optimale Versorgung

    Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland immer noch die Todesursache Nummer Eins. Dem aktuellen Deutschen Herzbericht 2022 der Deutschen Herzstiftung zufolge lag im Jahr 2021 die Sterberate an Koronarer Herzerkrankung (KHK) bei 129,7 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner und beim Herzinfarkt bei 48,1 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner, berichtet das Deutsche Ärzteblatt Online. Positiv ist, dass die KHK-Sterblichkeit gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken ist. Dieser Trend setze sich seit 2011 fort, berichtete Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bei der Vorstell­ung des aktuellen Herzberichts 2022 in Berlin. Mehr


©1999 - 2024 BVMed e.V., Berlin – Portal für Medizintechnik