Inkontinenzversorgung

Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses: BVMed sieht Licht und Schatten bei aufsaugenden Inkontinenz-Produkten

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sieht bei der Fortschreibung der Produktgruppe 15 des Hilfsmittelverzeichnisses (HMV) im Bereich der aufsaugenden Inkontinenz-Produkte Licht und Schatten. Der BVMed sieht das Sachleistungsprinzip durch eine mögliche mehrkostenfreie Versorgung der Betroffenen gewährleistet. Positiv bewertet der deutsche MedTech-Verband auch die Einführung eines einheitlichen Erhebungsbogens zur Vereinfachung der Verfahren. Der BVMed plädiert aber nach wie vor für eine Stärkung des Qualitätswettbewerb anstelle des Preiswettbewerbs. „Das muss sich auch in der Praxis der Inkontinenz-Versorgung wiederfinden. Eine Lösung wäre hier die Einführung eines einheitlichen Festpauschal-Systems im Bereich der aufsaugenden Inkontinenzversorgung“, so BVMed-Hilfsmittelexpertin Juliane Pohl.

Der GKV-Spitzenverband hatte im September 2021 die Fortschreibung des PG 15 veröffentlicht. „Die Ergebnisse der Fortschreibung haben bestätigt, dass sich die Produktmerkmale seit der letzten Fortschreibung verbessert haben. Die gelisteten Produkte entsprechen nach wie vor dem aktuellen Stand der Technik. Daher ist eine individuell notwendige Versorgung auch mehrkostenfrei möglich“, so die BVMed-Expertin. Da die Inkontinenzversorgung insgesamt aber sehr subjektiv sei, könne sich bei einzelnen Betroffenen der Bedarf nach anderen Produkten ergeben – verbunden mit der Bereitschaft, die entsprechenden Mehrkosten zu tragen.

Positiv bewerten die BVMed-Experten, dass der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) mit der Aktualisierung der PG 15 nun auch einen einheitlichen Profilerhebungsbogen einführt, wenn vertraglich nichts anderes vereinbart ist. „Damit setzt der GKV-SV die Rahmenempfehlungen zur Verwaltungsvereinfachung um“, unterstützt der BVMed die Neuerung. Klar sei aber auch: Die Inkontinenz-Versorgung ist mehr als die reine Produktlieferung. Die beinhaltet auch die Einweisung und die individuelle Beratung, die durch qualifiziertes Personal sichergestellt werden muss. „Dieser Dienstleistungs- und Qualitätsaspekt muss auch künftig sichergestellt sein“, so Pohl.

Ingsesamt spricht sich der BVMed für eine deutliche Stärkung des Qualitätswettbewerb anstelle eines Preiswettbewerbs in der Hilfsmittelversorgung aus. Durch die letzten gesetzlichen Änderungen habe der Gesetzgeber die Weichen richtig gestellt, beispielsweise durch das Verbot der Ausschreibungen, die Einführung eines Vertragscontrollings und durch die Transparenz der Vertragsinhalte. „Dieser Weg muss kontinuierlich fortgesetzt werden.“ Um den Qualitätswettbewerb um die beste Versorgung sicherzustellen, hält der BVMed die Einführung eines bundesweit einheitlichen, kassenübergreifenden und dynamisierten Festpauschal-Systems für notwendig. Dieses müsse so auszugestaltet werden, dass eine individuelle Versorgung ohne Mehrkosten durch die Betroffenen realisierbar und eine soziale Teilhabe gewährleistet ist. Zur Qualitätssicherung hät der BVMed weiterhin die Einführung eines verpflichtenden und einheitlichen Vertragscontrollings der Krankenkassen für notwendig.

Der BVMed vertritt als Wirtschaftsverband rund 230 Hersteller und Zulieferer der Medizintechnik-Branche sowie Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Versorger. Die Medizinprodukteindustrie beschäftigt in Deutschland über 235.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 34 Milliarden Euro, die Exportquote bei 66 Prozent. Dabei sind 93 Prozent der MedTech-Unternehmen KMUs. Der BVMed ist die Stimme der deutschen MedTech-Industrie und vor allem des MedTech-Mittelstandes.
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