- Nosokomiale Infektionen DGKH und BVMed: „Wir brauchen integrierte und interdisziplinäre Strategien für die Infektionsprävention“
Durch gemeinsam ausgearbeitete und integrierte Lösungen für eine bessere Infektionsprävention lassen sich Versorgungssicherheit, ökologische Verantwortung und Patientensicherheit in Einklang bringen. Das war das Fazit eines Panels des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene (DGKH) auf der Tagung der Fachgesellschaft am 16. Mai 2025 in Essen.
PressemeldungBerlin/Essen, 20.05.2025, 41/25
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„Wirksame Präventionsstrategien im Gesundheitswesen zur Vermeidung von Infektionen können durch die enge Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen und Sektoren gelingen“, so der Vorsitzende des Panels, Prof. Dr. Walter Popp, und die Co-Vorsitzende Miriam Rohloff vom BVMed.
Manfred Hinz von Solventum, ehemals 3M Healthcare, beleuchtete das Spannungsfeld von Qualität, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit aus Sicht eines Herstellers von Medizinprodukten. Der Gesundheitssektor habe beim Thema Nachhaltigkeit eine besondere Verantwortung. Der Anteil des Gesundheitssektors an den Treibhausgas-Emissionen liege in Deutschland bei 5,2 Prozent. Nachhaltigkeit bedeute für einen Medizinprodukte-Hersteller, „Prozesse und Praktiken zu implementieren, die langfristig ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich sind, entlang der Wertschöpfungskette“, so Hinz. Diese Prinzipien seien integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Bei der Diskussion um Einweg- versus Mehrwegprodukte gebe es auf beiden Seiten Vor- und Nachteile. Hygiene sei hier die Grundlage für eine ganzheitliche Bewertung des gesamten Produktionszyklus. Im Vordergrund stehe der Schutz der Patienten und des Anwenders vor Infektionen. Um Patientensicherheit und Nachhaltigkeit zu erreichen, seien gemeinsame Strategien von Krankenhäusern und Herstellern erforderlich.
Miriam Rohloff vom BVMed ging auf die Auswirkungen von Gesetzgebungsvorhaben auf den Klinik- und Praxisalltag ein. Beispiele wie die Unsicherheiten bei der Verbandmittel-Erstattung und die Gefahrenbewertung von Ethanol im Rahmen der EU-Biozidverordnung zeigen, dass komplexe Regularien oft zu Mehraufwand im Praxisalltag führen und die Umsetzungen erschweren. Ihr Fazit: „Zwischen Gesetzgebung und Versorgungspraxis bestehen enorme Diskrepanzen – von der Intention der Gesetzgebung bis hin zur eigentlichen Umsetzung.“ Ursachen seien unter anderem fehlende Ressourcen, aber auch die unzureichende Kommunikation zwischen Entscheidungsebene, den notwendigen Akteuren aus den diversen notwendigen Bereichen und dem Alltag in Kliniken und Praxen. Um mehr Praxisnähe im Gesetzgebungsverfahren zu erreichen, müssten Praxisakteure wie Fachpersonal, Klinikleitung oder Industrie frühzeitig eingebunden werden. Hilfreich könnten auch Pilotprojekte vor der Einführung von Vorhaben sein. Notwendig seien mehr Praxisnähe in der Gesetzgebung, digitale Unterstützung, um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren, und ein offener und transparenter Dialog, um die Qualität der Patientenversorgung nachhaltig zu sichern.
Die Herausforderungen bei nosokomialen Infektionen beleuchtete Andrè Herwig von Bode Chemie, einem Unternehmen der Hartmann-Gruppe. Ein Problem sei der Mangel an qualifiziertem Personal. Zudem bedarf es eines einheitlichen Monitoringsystems für nosokomiale Infektionen und einer stärkeren interdisziplinären Zusammenarbeit bei Reformvorhaben wie der Krankenhausreform oder der Stärkung der Ambulantisierung. „Eine optimierte interdisziplinäre Zusammenarbeit bietet zusammen mit regelmäßiger Schulung und Unterweisung sehr gute Voraussetzungen, um Infektion zu vermeiden, die Versorgung zu verbessern und Haftungsrisiken zu minimieren“, so Herwig.
In seinem Positionspapier zur Bundestagswahl nennt der BVMed die Infektionsprävention als einen von zehn wichtigen Themenbereichen aus MedTech-Sicht für die kommende Bundesregierung. Dabei fordert er insbesondere eine adäquate Ausstattung mit notwendigen Medizinprodukten, um die erforderlichen Hygienemaßnahmen in allen medizinischen Einrichtungen umzusetzen. Außerdem seien ausreichende Ressourcen an aus- und weitergebildetem medizinischen Fachpersonal sowie spezifischen Medizinprodukten notwendig. Weiterhin sei es sinnvoll, feste Qualitätsindikatoren für die Struktur- und Prozessqualität aufzunehmen, jährlich zu erfassen und zu veröffentlichen.
Zudem müsste durch „Value Based Procurement“ (VBP) Patientenergebnisse, Behandlungskosten und Anwenderfreundlichkeit in der Klinik berücksichtigt werden. Dies trage zur besseren Versorgung, Kostensenkung und Entlastung des Personals bei.
BVMed-Hygieneexpertin Miriam Rohloff abschließend: „Die Compliance von Hygiene muss weiter gestärkt werden. Wir müssen Hygienemaßnahmen noch intensiver in der Praxis umsetzen, um das Infektionsgeschehen – insbesondere nosokomialer Infektionen – zu minimieren“.