US-Studien

Typ-2-Diabetes: Bariatrische Operationen erzielen langfristig bessere Ergebnisse als Medikamente

Deutsches Ärzteblatt vom 17. Juli 2023

Eine bariatrische Operation kann den HbA1c-Wert von adipösen Patienten mit Typ-2-Diabetes häufiger langfristig normalisieren als eine medikamentöse Therapie mit Lebensstilmodifikation. Dies zeigen die Ergebnisse von aktuellen US-Studien, über die das Deutsche Ärzteblatt Online berichtet.

Eine bariatrische Operation kann den HbA1c-Wert von adipösen Patienten mit Typ-2-Diabetes häufiger langfristig normalisieren als eine medikamentöse Therapie mit Lebensstilmodifikation. Dies zeigen die Ergebnisse einer randomisierten Studie, die auf dem Jahres­kongress der American Diabetes Association in San Diego vorgestellt wurden. In einer weiteren Studie, deren Ergebnisse auf der Jahrestagung der American Society for Metabolic and Bariatric Surgery in Las Vegas vorgestellt wurden, war nach median sechs Jahren noch jeder zweite operierte Patient in Remission.

Diabetologen steht heute eine breite Auswahl von Medikamenten zur Verfügung, um den Blutzucker bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu senken. Keines der Medikamente kann die Erkrankung jedoch ausheilen, die auf einem zunehmenden Wirkungsverlust des körpereigenen Insulins beruht. Die Ursache der Erkrankung ist eine jahre- bis jahrzehntelange hyperkalorische Ernährung, die den Stoffwechsel überfordert.

Hinzu kommt, dass die wenigsten Patienten bereit sind, ihren Lebensstil zu ändern, zumal die Medikamente ja (zunächst) das Problem der hohen Blutzucker­werte beseitigen. Nach einiger Zeit steigen die Blutzuckerwerte jedoch wieder an, und am Ende erreichen auch mehrere Wirkstoffe keine befriedigenden Blutzuckerwerte mehr.

Eine bariatrische Operation, die den Magen verkleinert oder durch einen Bypass die Resorptionsstrecke im Darm verkürzt, zwingt die Patienten zu einer Änderung der Ernährung mit kleineren Portionen und einer geringeren Kalorienzufuhr. Bei Typ-2-Diabetikern normalisieren sich die Blutzuckerwerte häufig, bevor es zu der erwünschten Gewichtsreduktion kommt. Bisher war jedoch unklar, wie lange dieser Erfolg anhält.

Die „Alliance of Randomized Trials of Medicine vs Metabolic Surgery in Type 2 Diabetes“ hat zwischen Mai 2007 und August 2013 insgesamt 262 adipöse Typ-2-Diabetiker auf eine medizinische Therapie einschließlich einer Lebensstil­inter­vention oder auf eine bariatrische Operation (Schlauchmagen, Magenband oder Roux-en-Y-Magenbypass, RYGB) randomisiert.

Die Patienten hatten im Alter von durchschnittlich 50 Jahren einen Body-Mass-Index (BMI) von 36,4 kg/m2 und trotz Medikamenten einen HbA1c-Wert von 8,5 %. Alle Patienten hatten eine Fettleber (NAFLD), aber noch keine Fibrose. Bei 5 % war der AST/Thrombozyten-Ratio-Index erhöht, der auf eine Leberschädigung hinweist.

Inzwischen sind 6 bis 15 Jahre vergangen. Wie das Team um John Kirwan vom Pennington Biomedical Research Center in Baton Rouge/Louisiana auf der Jahrestagung der American Diabetes Association berichtet, haben in der medikamentösen Gruppe nur 2,2 % einen HbA1c-Wert von unter 6,5 % erreicht, obwohl sie unter der Lebensstilmodifikation im Durchschnitt 11,2 kg an Gewicht verloren haben. Die operierten Patienten wogen am Ende 20,1 kg weniger und insgesamt 16,8 % haben einen HbA1c-Wert von unter 6,5 %.

Auch die Fettleberscores haben sich nach der Operation günstiger entwickelt. Die Fibrosescores haben sich in beiden Gruppen nicht verschlechtert. Zumindest für adipöse Patienten, die mit Sport und Medikamenten keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreichen, könnte eine bariatrische Operation deshalb eine sinnvolle Option sein, finden die Forscher.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie, die 705 hochgradig adipöse Patienten (BMI 45,9 kg/m2) seit ihrem Roux-en-Y-Magenbypass begleitet. Wie Omar Ghanem von der Mayo Clinic in Rochester auf der Jahres­tagung der American Society for Metabolic and Bariatric Surgery berichtet, haben median 6,3 Jahre nach der Operation noch 49 % der Diabetiker einen HbA1c-Wert von 6,5 % oder besser.

Die Chancen auf eine Remission waren umso höher, je früher die Operation nach der Diagnose des Typ 2-Diabetes erfolgte und je weniger Medikamente oder Insulin die Patienten bereits benötigten. Die Remis­sionsrate stieg zudem mit der Gewichtsreduktion auf bis zu 55,3 % an.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 17. Juli 2023
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