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 - Interview zur Defi-Weste „Die LifeVest ermöglicht es dem Patienten, sein Herzleiden zu Hause in vertrauter Atmosphäre zu kurieren und trotzdem sicher geschützt zu sein“

Artikel15.10.2015

Der tragbare Kardioverter-Defibrillator (WCD) wurde für Patienten entwickelt, die gefährdet sind, einen plötzlichen Herztod (PHT) zu erleiden, und bietet ihnen Schutz, wenn sich ihr Zustand noch verbessern kann und noch kein permanentes PHT-Risiko festgestellt wurde. Aktion Meditech sprach mit Herrn Dr. Thomas M. Helms, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke, welchen Nutzen die sogenannte „LifeVest“ Arzt und Patient bietet.

Was versteht man unter einem plötzlichen Herztod (PHT)?

Der PHT ist charakterisiert durch einen plötzlichen sehr schnellen Herzschlag bis zum Kammerflattern/Kammerflimmern, so dass kein Blut mehr in den Körperkreislauf gepumpt wird. Dies führt zunächst zur Bewusstlosigkeit und dann innerhalb weniger Minuten zum Tode – sofern das Kammerflimmern nicht durch den gezielten Stromstoß eines Defibrillators beendet wird. Der Zeitpunkt eines PHT ist nicht vorhersagbar, wohl aber gibt es Zustände bei Patienten von denen man weiß, dass diese ein erhöhtes Risiko für einen PHT mit sich bringen.

Welche Patienten sind von einem PHT besonders gefährdet? Was ist der Unterschied zwischen dem PHT und einem Herzinfarkt?

Gefährdet sind insbesondere Patienten nach einem medizinischen Ereignis, das ihr Herz bzw. das Reizleitungssystem ihres Herzens, in einen instabilen Zustand versetzt. Das kann nach einem Herzinfarkt mit verminderter Herzpumpleistung, nach einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder einer Erkrankung des Herzmuskels, die mit einer mechanischen oder elektrophysiologischen Funktionsstörung des Herzens einhergeht, der Fall sein. In vielen Fällen ist dieser Zustand der Instabilität nur vorübergehend. Eine Myokarditis etwa können auch junge Menschen, zum Beispiel durch Verschleppung einer Grippeerkrankung, bekommen. Bei vielen dieser Patienten erholt sich nach einer 3- bis 6-monatigen Risikophase das Herz wieder komplett, so dass sie wie vor dem Ereignis weiterleben können. Verbessert sich die Herzfunktion innerhalb dieser Zeit nicht ausreichend, dann muss über einen langfristigen PHT-Schutz nachgedacht werden.

Ein Herzinfarkt und der PHT sind medizinisch völlig unterschiedliche Dinge, wobei der zweite häufiger mit dem ersten assoziiert ist. Bei einem Herzinfarkt werden das Herz versorgende Gefäße akut verstopft, so dass – wenn keine rechtzeitige Aufdehnung des oder der betroffenen Gefäße erfolgt – ein Teil des Herzmuskelgewebes hinter der Verengung oder dem Verschluss abstirbt. Dies kann wiederum zu einer Instabilität des Herzreizleitungssystems führen, wodurch das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöht werden kann.

Wann ist das temporäre Risiko für einen PHT am größten?

Wie bereits erwähnt, gibt es viele verschiedene Umstände, unter denen das PHT-Risiko erhöht sein kann. Es ist schwierig, hier Abstufungen vorzunehmen. In diesem Jahr gab es Veröffentlichungen, die zum Beispiel ein hohes Risiko im Verlauf einer Schwangerschaftskardiomyopathie bestätigt haben. Am besten dokumentiert ist vermutlich das Risiko nach einem Herzinfarkt mit schlechter Herzpumpleistung. Spannend in diesem Zusammenhang ist, dass solchen Patienten nach einer Wartezeit von mindestens 40 Tagen gemäß kardiologischen Leitlinien ein Defibrillator implantiert werden sollte. Das PHT-Risiko ist aber innerhalb dieser Wartezeit sogar noch höher als danach. Es stellt sich daher die Frage: Wie schütze ich diese Patienten bis zur möglichen Cardioverter/Defibrillator (ICD)-Implantation?

Welche Schutzmaßnahmen existieren, um einem PHT vorzubeugen?

Patienten mit einem erhöhten PHT-Risiko brauchen stabilisierende Medikamente. Diese Medikamente erniedrigen aber nicht unmittelbar und sicher das PHT-Risiko, sondern verbessern im Verlauf von Monaten die Herzfunktion und dadurch wird das Risiko gesenkt. Obligatorisch sind begleitende Reha-Maßnahmen, Sport, abgestimmte Ernährung und vieles mehr. Bis dahin muss der Patient technisch durch ständiges Monitoring und Verfügbarkeit eines Defibrillators (möglichst 24h) geschützt werden.

Welche Behandlungsoptionen gibt es und was kann man im Notfall tun?

Beim Auftreten eines Kammerflimmerns (plötzlicher Herzstillstand) muss innerhalb weniger Minuten ein „Reset“ des Herzens durch Abgabe eines Stromimpulses mittels Defibrillator erfolgen. Jede Minute Verzögerung bis zur Defibrillation senkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um 10 Prozent. Da der Zeitpunkt eines PHT nicht vorhersagbar ist und auch im Schlaf auftreten kann, ist ein 24h-Monitoring des Herzrhythmus unerlässlich. Im Krankenhaus warnt ein angeschlossener Monitor bei Herzrhythmusstörungen und das Personal kann dann ggf. den lebensrettenden elektrischen Impuls verabreichen. Außerhalb des Krankenhauses sind Systeme notwendig, die selbstständig den Herzrhythmus überwachen und im Bedarfsfall selbstständig den Impuls abgeben. Hier gibt es zwei Optionen: Der implantierbare Cardioverter/Defibrillator oder kurz ICD wird mit einer oder mehreren Elektroden im Herzen verankert. Er ist ideal für Patienten, die langfristig ein hohes PHT-Risiko haben und daher voraussichtlich lebenslang geschützt werden müssen. Im Einklang mit den kardiologischen Leitlinien muss in den meisten Fällen zunächst aber eine Wartezeit bis zur Implantation überbrückt werden. In dieser Wartezeit erholen sich viele Patienten wieder, so dass in diesen Fällen letztlich kein ICD implantiert werden muss. Die Patienten sind in dieser Wartezeit einem, zum Teil sogar deutlich höheren Risiko ausgesetzt als nach der Wartezeit. Hier findet die Defibrillatorweste „LifeVest“ ihren Einsatzbereich. Sie funktioniert vom Prinzip her wie ein ICD, wird aber außen auf der Haut getragen und vermeidet daher unter Umständen eine Operation. Während der „Wartezeit“ schützt sie den Patienten zuverlässig vor einem PHT. Verbessert sich die Herzfunktion in dieser Zeit, kann die „LifeVest“ einfach wieder abgelegt werden, ohne den Patienten dem zusätzlichen Risiko eines Eingriffs auszusetzen.

Wie funktioniert der tragbare Kardioverter-Defibrillator (WCD)?

Die „LifeVest“ analysiert ständig den Herzrhythmus des Patienten. Wird eine behandlungsbedürftige, lebensbedrohliche Arrhythmie erkannt, macht die Weste durch Vibration, Sprachansagen und akustischen Alarm darauf aufmerksam. Ist der Patient noch bei Bewusstsein, so kann er daraufhin zwei Reaktionstasten drücken und damit die Therapiesequenz unterbrechen. Dadurch werden sogenannte „inadäquate“ sowie unnötige Stromabgaben vermieden. Eine echte Therapie erfolgt daher in der Regel nur bei Bewusstlosigkeit, so dass der Patient nichts davon spürt.

Welche Vorteile bietet die „LifeVest“ gegenüber anderen Optionen?

Die LifeVest ermöglicht es dem Patienten, sein Herzleiden zu Hause in vertrauter Atmosphäre zu kurieren und trotzdem sicher geschützt zu sein. Dadurch kann der Arzt guten Gewissens die Wirkung der Medikamente abwarten, um nach einer angemessenen Wartezeit eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob sein Patient langfristig durch einen ICD geschützt werden muss oder nicht. Die einzige leitliniengerechte Alternative zur „LifeVest“ wäre ein stationärer Aufenthalt am Monitor.

Bei welchen Patienten kommt sie zum Einsatz?

Prinzipiell kann die „LifeVest“ bei allen Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen PHT eingesetzt werden, wenn es gilt, einen Zeitraum von einigen Monaten sicher zu überbrücken.
Allerdings sollten die Patienten möglichst in der Lage sein, die „LifeVest“ alleine an- und abzulegen, die mitgelieferten Batterien einmal täglich zu tauschen und im Fall der Fälle die Reaktionstasten zu drücken. Da die „LifeVest“ zum Duschen abgelegt werden muss, sollte für diese Zeit eine Person in der Nähe sein, bis die Weste wieder angelegt wurde.

Warum ist es sinnvoll, unnötige ICD-Implantationen zu vermeiden?

Ohne die Möglichkeit, ihre Patienten ambulant mit der „LifeVest“ zu führen und zu schützen, gab es für die behandelnden Ärzte nur die Möglichkeit, ihre Patienten entweder stationär zu führen – was in Zeiten hohen finanziellen Drucks quasi ausgeschlossen ist – oder sie frühzeitig mit einem ICD zu versorgen. Dies führt unweigerlich dazu, dass auch Patienten ICDs bekommen, deren Herzfunktion sich im Laufe der Zeit wieder verbessert. Da die Explantation mit einem nicht geringen Risiko behaftet ist, bleiben die meisten dieser Patienten ihr Leben lang ICD-Träger – auch, wenn sie keinen Nutzen durch das Gerät für sich erwarten können.

Eine ICD-Implantation ist ein invasiver Eingriff, bei dem die Steuereinheit in den Brustmuskel eingebracht und Elektroden direkt im Herzen verankert werden. Neben dem operativen und dem Infektionsrisiko können, insbesondere bei sportlicheren Patienten, im Verlauf zum Beispiel Elektrodenbrüche auftreten, zudem kann es zu inadäquaten Schocks kommen. Dies alles hat natürlich auch ökonomische Implikationen, da solche Ereignisse zusätzliche Krankenhausbehandlungen nach sich ziehen. Diese Nebenerscheinungen treten trotz allem, verglichen mit der lebensrettenden Funktion des ICDs, in den Hintergrund. Gibt es aber gar kein erhöhtes PHT-Risiko mehr, etwa weil die Medikamente die Herzfunktion wieder hergestellt haben, bleiben nur noch die Schattenseiten des ICDs.

Welche Möglichkeiten bietet die „LifeVest“ aus der Versorgungsperspektive?

Die „LifeVest“ ermöglicht es Patienten, die im Grunde keine stationäre Therapie, sondern nur noch einen 24h PHT-Schutz benötigen, in den ambulanten Bereich zu entlassen und damit die Krankenhausbelegung zu entlasten. Die Patienten sind durch die „LifeVest“ quasi an der langen Leine. Der behandelnde Arzt kann jederzeit auf kontinuierliche Daten seines Patienten zurückgreifen und wird über gravierende Ereignisse informiert. Eine ggf. nötige Therapie erfolgt zeitgerecht und autonom durch die „LifeVest“. Nach der Wartezeit stellt sich der Patient wieder bei seinem behandelnden Arzt vor, der nun fundiert über den weiteren Therapieverlauf entscheiden kann.
Man könnte auch sagen, die „LifeVest“ ermöglicht es dem behandelnden Arzt, durch ein vernünftiges, patientengerechtes PHT-Risikomanagement eine leitliniengerechte Therapie durchzuführen.

Quelle: Aktion Meditech, Oktober 2015

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