Medizinprodukteverordnung

Annahme der MDR-Änderungen: „Wir dürfen uns mit dieser Notoperation nicht zufriedengeben“

Drei Fragen an MdEP Peter Liese

In drei kurzen Fragen zur Annahme der Änderungen an der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) durch das Europäische Parlament beschreibt CDU-Europaabgeordnete Peter Liese die Änderungen als „Notoperation“, die kurzfristig aushelfe. Es gebe weiterhin strukturelle Probleme, beispielsweise für Nischenprodukte. Er plädiert dafür, die MDR einer grundsätzlichen Revision zu unterziehen.

Wie schätzen Sie die Annahme der Änderung der Medizinprodukteverordnung durch das Europäische Parlament ein?
Liese: „Das war ein wichtiger Schritt. Meine Kolleginnen und Kollegen aus der EVP-Fraktion und ich haben uns bereits seit Monaten bei der Kommission für eine Änderung der Verordnung eingesetzt, nachdem klar wurde, dass sonst lebenswichtige Produkte aus dem Markt verschwinden werden. Den Vorschlag von Anfang Januar konnten wir nun in einem Eilverfahren in nur knapp 5 Wochen im Europäischen Parlament annehmen. Ich begrüße dabei, dass sich fast alle der Dringlichkeit des Problems bewusst waren und wir eine große Mehrheit (537+/3-/24 abst.) für den Vorschlag erzielen konnten.“

Was bedeutet diese Änderung konkret?
Liese: „Durch die Änderung erhalten Hersteller für Medizinprodukte längere Übergangsfristen für eine Rezertifizierung nach der neuen Verordnung. Produkte mit einem hohen Risiko können dabei bis Ende 2027 und Produkte mit mittleren und niedrigen Risiko bis Ende 2028 im Markt bleiben, wenn sich die Hersteller um ein neues Zertifikat bemühen. Mit dieser „Notoperation“ können wir nun sehr kurzfristig Druck aus der Situation nehmen und konkret lebenswichtige Medizinprodukte weiternutzen. Die Verordnung wird nach der formalen Annahme am 07.März im Rat in Kraft treten können.“

Wie muss es nun weitergehen?
Liese: „Wir dürfen uns mit dieser Notoperation nicht zufriedengeben. Der „Patient MDR“ muss jetzt in die Reha. Es gibt strukturelle Probleme - etwa bei Nischenprodukten, zum Beispiel für Kinder, wo sich der Aufwand der Zertifizierung nicht lohnt, da die verkauften Stückzahlen sehr niedrig sind. Bei Medikamenten konnten wir eine besondere Regelung mit Anreizen (Orphan Drug Regulation und Pediatric Regulation) finden. So etwas brauchen wir auch bei Medizinprodukten. Darüber hinaus müssen wir auch in einer grundsätzlichen Revision noch mal an die Verordnung ran und ohne Abstriche an der Sicherheit zuzulassen, die Bürokratie auf den Prüfstand stellen. Ich bin sicher, die Ziele lassen sich besser vereinen als im jetzigen Text. Die Arbeit an einer solchen Revision geht jetzt los.“


Peter Liese ist seit 1994 Mitglied des Europäischen Parlaments. Mehr unter www.peter-liese.de

Hintergrundinformation
Das EU Parlament hat am 16. Februar Änderungen zur MDR entschieden (zur BVMed-Pressemeldung ). Zu den beschlossenen Änderungen gehören:
  • Abschaffung der Abverkaufsfrist
  • Verlängerung der Übergangsfrist für die neuen Vorschriften nach einem risikobasierten Ansatz
  • Aufnahme der Klasse III-Sonderanfertigungen in die Fristenverlängerung
  • Weitere Artikel zum Thema
  • Positionspapier zur Europawahl: BVMed fordert eigenen Gesundheitsausschuss im Europäischen Parlament

    Der BVMed fordert in seinem Positionspapier zur Europawahl am 9. Juni 2024 einen eigenen Gesundheitsausschuss im Europäischen Parlament, um den gestiegenen Stellenwert der Gesundheitsthemen abzubilden. Unter dem Titel „Medizintechnik-Standort Europa stärken“ ist es für den deutschen Medizintechnik-Verband besonders wichtig, dass Europa Lehren aus der Corona-Pandemie zieht, die Resilienz des Gesundheitssystems stärkt und damit die medizinische Versorgung krisenfest gestaltet. „Wir brauchen als MedTech-Branche vor allem einen einheitlichen regulatorischen Rahmen – ohne zusätzliche oder gar weitergehende Standards in den einzelnen Mitgliedsstaaten“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Mehr

  • Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach fordert Überarbeitung der MDR: Freistaat muss auch in Zukunft wichtiger Standort für Unternehmen der Medizintechnik bleiben

    Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach fordert eine Überarbeitung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Gerlach betonte am Mittwoch anlässlich ihres Besuchs beim Unternehmen Medtronic in Weißling bei München: „Bayern, Deutschland und Europa müssen auch künftig für medizintechnische Unternehmen attraktiv bleiben. Deshalb ist es wichtig, dass die europäische Verordnung zu Medizinprodukten besser wird. Derzeit ist vieles überbürokratisch – das führt zu Innovationshemmnissen.“ Mehr

  • BVMed zur MDR-Debatte im EU-Parlament: „Lösungen so schnell wie möglich vorantreiben“

    Der BVMed hat die klaren Aussagen in der heutigen Debatte des Europäischen Parlaments (EP) zu notwendigen Verbesserungen der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) begrüßt. „Die EP-Debatte zeigt überdeutlich die Erkenntnis der Parlamentarier:innen, dass die MDR über das Ziel hinausgeschossen ist und dringend nachgebessert werden muss. Auch die Unterstützung des Vorschlags, die Rezertifizierung von Bestandsprodukten abzuschaffen, ist ein gutes Signal. Nach den EP-Wahlen im Juni müssen die Lösungen so schnell wie möglich vorangetrieben werden“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Mehr


©1999 - 2024 BVMed e.V., Berlin – Portal für Medizintechnik