Hilfsmittel

COVID-19 und Hilfsmittel-Leistungserbringer: Wer wir sind und was wir tun

Ein Gastbeitrag von Stefan Skibbe, Bereichsleiter Vertrieb und Krankenkassenmanagement bei rehaVital Gesundheitsservice, Hamburg

Hilfsmittel-Leistungserbringer versorgen Patienten in der ambulanten Versorgung mit Produkten, die dazu dienen, Behinderungen auszugleichen oder Krankheiten zu behandeln. Dabei geht es auch um lebenserhaltende Versorgungsbereiche wie Beatmungstechnik, Tracheotomie oder enterale- und parenterale Ernährung. bvmed.de-Gastautor Stefan Skibbe zeigt auf, welche Probleme durch die „Corona-Krise“ entstehen - und wie sie gelöst werden könnten.

Wer sind wir und was tun wir?
  • Wir sind Hilfsmittel-Leistungserbringer. Wir versorgen Patienten in der ambulanten Versorgung mit (anpassbaren) Produkten, die dazu dienen, Behinderungen auszugleichen oder Krankheiten zu behandeln wie beispielsweise Rollstühle, Pflegebetten, Prothesen, Bandagen, etc. In lebenserhaltenden Versorgungsbereichen wie Beatmungstechnik, Tracheotomie, enteraler- und parenteraler Ernährung, sogar 24h/7T/365T.
  • Unsere Arbeit findet nahezu immer direkt und im unmittelbaren Körperkontakt am Patienten statt.
  • Die Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit unseren Produkten stehen, können nur durch speziell ausgebildete Fachkräfte erbracht werden. Pflegekräfte, Ärzte oder Therapeuten verfügen nicht über die fachlich-technische Expertise, um dies auffangen zu können.
  • Es gibt in Deutschland über 70.000 zugelassene Hilfsmittel-Leistungserbringer, mit mehreren hunderttausend Beschäftigten.
  • Wir führen jährlich Millionen Versorgungen bei meist multimorbiden Patienten (die Risikogruppe schlecht hin) durch, die oft dringend und fortwährend auf unsere Unterstützung angewiesen sind.
  • Hierzu gehört neben der akuten Versorgung von Unfallopfern auch die Therapie von schwerstkranken und pflegebedürftigen Patienten in deren Häuslichkeit, Pflegeeinrichtungen, Rehakliniken und Akutkrankenhäusern.
  • Damit leisten die Hilfsmittel-Leistungserbringer einen unverzichtbaren Beitrag für ein effizientes Krankenhaus-Entlassmanagement und sorgen somit für freie Betten in den Akutkliniken.
  • Mit hochwertigen Hilfsmitteln und Dienstleistungen wird auch die Verschlimmerung von Krankheiten oder das Neuauftreten verhindert.
  • Die Hilfsmittel-Leistungserbringer leisten somit einen essentiellen Beitrag zur Wahrung und Verbesserung der Gesundheit in der Bevölkerung. Der stationäre Bereich wird entlastet und Patienten sind allgemein besser versorgt.

Welche Probleme entstehen durch die „Corona-Krise“?

Bei Krankenhäusern und Ärzten werden planbare Eingriffe und Behandlungen derzeit verschoben oder vermieden. Rehafachkliniken belegen Betten nicht neu und schließen. Dieses Vorgehen wirkt sich massiv auf die nachgelagerten Hilfsmittel-Leistungserbringer aus. In Folge finden in einigen Produktbereichen signifikant weniger Versorgungen statt (Prothesen, Orthesen, Bandagen, Kompressionstherapie Maßschuhe, Schuheinlagen, Rollstühle, etc.) Dadurch entstehen drastische Mindereinnahmen. Schon heute planen nach unserer Einschätzung 50 Prozent der Hilfsmittel-Leistungserbringer in Kurzarbeit zu gehen oder haben diese bereits schon angemeldet.

Dadurch wird die so wichtige, wohnortnahe und zügige Versorgung von Patienten, die unabhängig von der Erkrankung COVID 19 nach wie vor die gleiche Notwendigkeit für hochwertige Versorgungen haben, akut gefährdet!

Lösung: Zur Gleichbehandlung der Leistungssektoren muss es für die Hilfsmittelleistungserbringer ebenfalls einen Ausgleich von Einnahmeausfällen geben, wie dies bei Ärzten und Krankenhäusern der Fall ist.


Auf der anderen Seite ist der Bedarf in einigen Produktbereichen unverändert hoch, oder sogar steigend (beispielsweise Sauerstoff- und Beatmungsgeräte, Heimpflegebedarf wie Windeln, Katheter und Desinfektionsmittel). Hier bestehen durch eine drastisch gestiegene Nachfrage in Teilbereichen bereits jetzt enorme Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen. Sauerstoffkonzentratoren, die für einen Patienten häufig lebensnotwendig sind, sind im Moment gar nicht mehr lieferbar und selbst avisierte Liefertermine für den Sommer werden storniert. Viele Produkte werden nicht in Deutschland hergestellt, wodurch sich bei einer Verschärfung der Krise weitere Unsicherheiten in der Beschaffung ergeben. Die Versorgung von Patienten, die vollkommen unabhängig der Erkrankung COVID 19 einen Bedarf an Hilfsmitteln haben ist damit mittelfristig gefährdet, was eine steigende Zahl von Krankenhausfällen zur Folge haben wird.

Lösung: Die ambulante Hilfsmittelversorgung muss geschützt und als Bestandteil der kompletten Versorgungskette gesehen werden. Es darf keine Benachteiligung im Vergleich zur ärztlichen Behandlung oder zur Krankenhausbehandlung geben. Nur so ist sichergestellt, dass wir unseren Beitrag zum Schwerpunkt der ambulanten Behandlung leisten können.


Dadurch, dass die Hilfsmittel-Leistungserbringer direkt und unmittelbar am Patienten arbeiten, ist das Vorhalten und Nutzen von entsprechender Schutzausrüstung zwingend notwendig. In Zeiten eines leer gekauften Marktes ist dies praktisch kaum und wenn, dann nur zu exorbitant gestiegenen Preisen möglich. Bei Produkten wie Masken, Desinfektionsmittel oder Einweghandschuhen haben sich die Beschaffungspreise in kürzester Zeit mit plus 50 Prozent oder mehr entwickelt oder können gar nicht mehr zeitnah beschafft werden.

Lösung: Analog zur vorgesehenen Regelung bei den Kliniken bedarf es auch für die Hilfsmittelleistungserbringer eines entsprechenden Aufschlags für die Schutzkleidung für die Fälle, in denen Schutzkleidung aufgrund einer Infizierung bzw. eines Verdachtsfalls genutzt werden muss. Die Hilfsmittelleistungserbringer müssen bei der Distribution der Schutzausrüstung berücksichtigt werden. Andernfalls können diese nicht die Versorgung am Patienten durchführen.


Kontakt zum Autor:
Stefan Skibbe
Bereichsleiter Vertrieb und Krankenkassenmanagement
rehaVital Gesundheitsservice GmbH
SSkibbe@rehavital.de | www.rehaVital.de
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