Hilfsmittel

Dramatische Versorgungsprobleme bei ableitenden Inkontinenzhilfen

Die Initiative »Faktor Lebensqualität« fordert einheitliche Standards, um die lebensnotwendige Versorgung und die Lebensqualität der Betroffenen zu sichern.

Durch neue Verträge der AOK Nordwest mit Versorgern für ableitende Inkontinenz-Produkte kommt es zu teilweise erheblichen Versorgungs- und Qualitätsproblemen für betroffene Patient:innen. »Uns liegen Berichte über unkorrekte und ungeeignete Versorgungen mit Harninkontinenz-Produkten vor, die nicht nur die Lebensqualität der Betroffen erheblich einschränken, sondern auch zu medizinischen Komplikationen geführt haben. Das ist ein unhaltbarer Zustand«, sagt Juliane Pohl von der Initiative »Faktor Lebensqualität«. Die AOK Nordwest hat neue Verträge für die Versorgung mit Inkontinenz-Produkten abgeschlossen. Für manche Betroffene bedeutet das einen Wechsel des bisherigen Versorgers. Die Kassen haben dabei die Lebensqualität der Versicherten vergessen.

Gesundheitliche Probleme durch falsche Produkte
Die Erfahrungen, die Patient:innen mit den neuen Versorgern gemacht haben, betreffen die Lieferung von falschen und qualitativ schlechteren Kathetern, die zum Teil nicht sachgemäß und unhygienisch verpackt gewesen seien. Außerdem habe es keine sachkundige Beratung beim neuen Versorger gegeben und vereinbarte Liefertermine seien nicht eingehalten worden, geht aus den Berichten hervor. Um die Versorgungssituation wieder auf den vorherigen, bewährten Zustand zu bringen, seien Aufzahlungen durch die Betroffenen ins Spiel gebracht worden – in einem Fall sogar in Höhe des Einkaufspreises des Produktes. »Dies widerspricht völlig dem bestehenden Versorgungsanspruch der Patient:innen, die auf die Hilfsmaterialien medizinisch zwingend angewiesen sind«, so Pohl von der Initiative »Faktor Lebensqualität«. In einem Fall hat die schlechtere Versorgung nach dem Erfahrungsbericht zu Hautproblemen geführt. In einem anderen war nach dem als Stress beschriebenen Kontakt mit der Krankenkasse wegen einer anderen Erkrankung eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus erforderlich.

Preisdumping zu Lasten der Betroffenen
»Für die von Inkontinenz betroffenen Menschen ist eine ihren Bedürfnissen entsprechende Versorgung gesundheitlich unerlässlich. Diese darf auch nicht davon abhängen, ob die Patient:innen für andere Produkte aus eigener Tasche aufzahlen können. Es ist Aufgabe der Krankenkassen, in ihren Verträgen mit den Versorgern eine ausreichende Qualität der Versorgung und der Produkte zu gewährleisten«, sagt Pohl. Bei den neuen Verträgen der AOK Nordwest scheint aus Sicht der Initiative »Faktor Lebensqualität« vor allem der niedrigste Preis ausschlaggebend gewesen zu sein. »Damit sind aber Versorgungsprobleme programmiert, wie sich jetzt einmal mehr herausstellt. Außerdem werden damit die Anforderungen an eine qualitätsorientierte Dienstleistung im Zusammenhang mit der Produktlieferung unterlaufen«, so Pohl. Qualitative Versorgungsschwierigkeiten, die vom Gesetzgeber mit der Abschaffung der Ausschreibungen adressiert worden sind, treten durch das aktuelle Preisdumping in Verträgen einzelner Krankenkassen erneut auf.

Konkrete Hilfe für Betroffene
Sollte es nach einem Versorgerwechsel Probleme bei der Lieferung, der Beratung oder der Kostenübernahme kommen, rät die Initiative »Faktor Lebensqualität« dringend dazu, sich darüber zu beschweren. Was in einem solchen Fall zu tun ist und welche Hilfen es dafür gibt, erklärt die Initiative in dem neuen Flyer »Wenn es bei der Kasse klemmt«.


Initiative »Faktor Lebensqualität«
In Deutschland sind etwa 250.000 Menschen wegen schwerwiegender Funktionsstörungen des Darms oder der Blase auf die dauerhafte Versorgung mit Stoma- und ableitenden Inkontinenzartikeln (Kathetern) angewiesen. Die Initiative »Faktor Lebensqualität« bietet diesen Patientinnen und Patienten Informationen und Hilfe beim Umgang mit ihrer Situation. »Faktor Lebensqualität« ist eine Initiative von Hilfsmittel-Unternehmen für die Stoma- und Blasenkatheter-Versorgung im Bundesverband Medizintechnologie (BVMed). Mehr unter: www.faktorlebensqualitaet.de


Kontakt

Pressekontakt
Kampagnenbüro Initiative Faktor Lebensqualität

c/o Fischoeder Kommunikationsberater
Kadettenweg 6
12205 Berlin
Tel: +49 30 28044697
Email: christof@fischoeder-kommunikationsberater.de
Web: www.fischoeder-kommunikationsberater.de
  • Weitere Artikel zum Thema
  • BVMed-Whitepaper Hilfsmittelversorgung fordert Anspruch auf Therapieberatung und -management

    Der BVMed legt in einem umfangreichen „Whitepaper Hilfsmittelversorgung“ konkrete Maßnahmenvorschlägen zur Stärkung der Hilfsmittelversorgung vor. Er plädiert außerdem für die Stärkung ambulanter Strukturen durch Einbeziehung qualifizierter Fachkräfte der Hilfsmittel-Versorger vor. Der deutsche MedTech-Verband fordert unter anderem die Einführung eines Anspruchs der Versicherten auf Therapieberatung und -management, insbesondere bei Versorgungen mit beratungsintensiven Hilfsmitteln in komplexen Versorgungssituationen. Außerdem sollten auch die Fachkräfte der Hilfsmittel-Leistungserbringer in komplexe ambulante Versorgungsfälle einbezogen werden. Das BVMed-Whitepaper enthält zudem Vorschläge, um die Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen und Bürokratie abzubauen. Mehr

  • BVMed: ePA-Zugriffsrechte im Hilfsmittelbereich nachbessern

    In der aktuellen Diskussion um die elektronische Patientenakte (ePA) hat der BVMed Nachbesserungen bei den Zugriffsrechten gefordert. So sei es für die Ermittlung der notwendigen Versorgung von Patient:innen für Gesundheitshandwerke, Sanitätshäuser und Homecare-Versorger unter anderem wichtig, ärztliche Dokumente und Erhebungen einzusehen, die heute nur mit viel Aufwand und Zeitverzug einbezogen werden können. Deshalb benötigen die Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Versorger Lese- und Schreibrechte auf die ePA. Mehr

  • Spezialisierte Pflegefachkräfte in die Versorgungskonzepte einbinden

    Der BVMed unterstützt das Ziel der Bundesregierung, mit einem Pflegekompetenzgesetz die Befugnisse von Pflegefachkräften ihren Kompetenzen entsprechend auszuweiten. Das Bundesgesundheitsministerium hatte dazu Ende Dezember 2023 ein Eckpunktepapier vorgelegt. „Es ist gut, dass nun ein umfangreiches Konzept diskutiert wird, um die Pflege besser bei der Gestaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung einzubeziehen“, so BVMed-Expertin Juliane Pohl. Dabei müssten alle zur Verfügung stehenden Pflegeexpert:innen in die Versorgungskonzepte eingebunden werden. Mehr


©1999 - 2024 BVMed e.V., Berlin – Portal für Medizintechnik