Pflegeroboter

Roboter nur als Hilfsmittel in der Pflege geeignet

Deutsches Ärzteblatt Online vom 17. Mai 2021

Pflegeexperten sehen zahlreiche Möglichkeiten für den Einsatz von digitaler Technik in der Pflege. Technische Hilfsmittel könnten einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen und der Arbeitsqualität im Pflegebereich leisten, seien aber allenfalls Hilfs­mittel und dürften persönliche Zuwendung nicht ersetzen, hieß es bei einem Workshop des Ökumenischen Kirchentags zu Rotobern in der Pflege.

Der Kölner Pflegewissenschaftler Michael Isfort warnte vor übertriebenen Erwartungen an Pflegeroboter. „Sie können bislang noch sehr wenig und werden auch in den nächsten 30 Jahren nicht bei der Pflege selber helfen können.“ Pflege von Menschen sei viel zu komplex und lasse sich nicht so einfach technisch standardisieren, be­tonte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung in Köln. Isfort erklärte zugleich, es gebe bereits zahlreiche technische Anwendungen, die schon heute Pflege­kräfte von Bürokratie entlasten oder die Sicherheit von Pflegebedürftigen und alten Menschen erhöhen könnten. Das seien etwa Apps, die Angehörige und Pflegekräfte vernetzen, Gesundheitsdaten kontrollie­ren oder Sensoren, die Stürze melden könnten. Bei allen technischen Hilfsmitteln müssten auch ethische Fragen beantwortet werden: etwa ob mensch­liche Kontakte verhindert oder durchrationalisiert würden.

Die Bielefelder Gerontologin Melissa Henne sagte, Pflege dürfe sich nicht davon treiben lassen, was technisch alles möglich sei. Der erste Schritt müsse sein, im Pflegealltag Probleme zu identifizieren und entsprechende technische Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei müssten Pflegebedürftige, Angehö­rige und Pflegekräfte möglichst früh eingebunden werden. Auch Henne betonte, es bestehe die Gefahr, dass technische Lösungen echte menschliche Zuwendung und emotionale Beziehungen ersetzen sollten. Geklärt werden müsse, ob Technik selbstbestimmtes Leben fördere oder Fremdbestimmung verstärke und die Privatsphäre einschränke. Auch Fragen der Finanzierung über Krankenkassen seien wichtig. „Wir müssen uns immer fragen, ob wir dem Ziel von mehr Fürsorge und Autonomie durch Technik wirklich näherkommen.“

Claudia Möller, Leiterin Innovationsmanagement beim Gesundheitskonzern Agaplesion, sagte, es gehe bei der Anwendung digitaler Technik darum, Prozesse für Bewohner und Mitarbeitende zu optimieren, etwa durch Erleichterungen bei der Pflegedokumentation. „Die Digitalisierung soll Zeit schaffen für das Wesentliche: die Zuwendung zu den Menschen“, sagte sie. Robotik sei ebenfalls nur ein Hilfsmittel, um Mitarbeitende zu entlasten. „Es geht aber rein um Assis­tenz­aufgaben, nicht um die Übernahme von Pflegetätigkeiten.“

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 17. Mai 2021
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