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 - Medizinprodukte-Branche Nachhaltiges Lieferketten-Management

ArtikelBerlin, 14.06.2022

© AdobeStock @Travel mania Moderne Medizintechnologien dienen den Menschen und ihrer Gesundheitsversorgung. Hierbei müssen die Lebensgrundlagen der Menschen im Blick behalten werden. Menschenrechte müssen umfassend geachtet und sichergestellt werden. Dies muss ein zentrales Anliegen in einer globalisierten Welt mit komplexen Liefer- und Warenströmen sein. Die Unternehmen der Medizintechnik stellen sich ihrer Verantwortung und arbeiten seit Jahren konsequent an einem nachhaltigeren Lieferkettenmanagement.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie sensibel die weltweiten Lieferketten sind und dass wir der Versorgungssicherheit in der Patient:innen-Versorgung mehr Beachtung schenken müssen. Der BVMed setzt sich daher für eine Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschland und Europa ein.

Sorgfaltspflichten der Unternehmen

Der BVMed macht sich für eine klare, ausgewogene und realistische Beschreibung der Unternehmensverantwortung bei der Übernahme menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfalt stark. Wichtig ist: Gesellschaftliche Verantwortung und Haftung müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Von Unternehmen darf nur das verlangt werden, was mit Blick auf ihren Unternehmenszuschnitt und ihre Möglichkeiten der Einflussnahme angemessen ist. Sorgfaltspflichten zur Beachtung von Menschenrechten durch Zulieferbetriebe sollten deshalb auf solche der ersten Ebene (Tier 1) beschränkt sein.

Nationale Gesetzgebung

Das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt ab 2023 für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter:innen, ab 2024 für Betriebe ab 1.000 Mitarbeiter:innen. Die Mehrheit der kleinen und mittelständischen Unternehmen, die mit 93 Prozent den Kern der MedTech-Branche ausmachen, sind zunächst nicht unmittelbar von dieser nationalen Gesetzgebung betroffen. Dennoch sind KMU mittelbar betroffen, beispielsweise als Zulieferer einer Klinik mit mehr als 3.000 bzw. 1.000 Mitarbeiter:innen, und müssen damit entsprechende Maßnahmen zur Prävention und Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferkette implementieren.

Wichtig ist es zunächst, Awareness im Unternehmen und bei der Unternehmensleitung zu schaffen. Der BVMed bietet seinen Mitgliedsunternehmen dafür beispielsweise Seminare zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an. Außerdem hat der BVMed in der Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeit“ des Fachbereichs „Umwelt und Nachhaltigkeit“ zwei Projektgruppen eingerichtet. Eine Projektgruppe beschäftigt sich mit der praktischen Implementierung des LkSG. Die zweite Projektgruppe setzt sich mit der politischen Positionierung zur anstehenden EU-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDDD) auseinander.

Wichtig ist für die Unternehmen eine Etablierung bzw. Anpassung der Sorgfaltspflichten nach den Vorgaben des nationalen Lieferkettengesetzes. Also beispielsweise die Einführung eines Risikomanagements mit Menschenrechtsbeauftragten, die Erstellung und Aktualisierung einer Grundsatzerklärung, eine Risikoanalyse oder die Erstellung bzw. Anpassung von Verhaltensleitfäden (Code of Conduct) für das eigene Unternehmen und für Lieferanten. Außerdem sollten Präventiv- und Abhilfemaßnahmen festgelegt werden.

Herausforderungen einer nationalen Regelung

Die Unternehmen der deutschen Medizintechnik-Branche arbeiten nach weltweit höchsten Umwelt- und Sozialstandards. Sie jetzt entlang globaler Lieferketten in die Haftung für Dritte zu nehmen, bedeutet eine extreme Wettbewerbsverzerrung zum erheblichen Nachteil des deutschen Mittelstands.

Wer von Fairness in Lieferketten redet, sollte auch fair mit seiner eigenen Wirtschaft umgehen. Dazu gehört die Erkenntnis, dass die MedTech-Branche stark mittelständisch geprägt ist und aktuell mit zahlreichen Herausforderungen und bürokratischen Überregulierungen überfrachtet wird.

Beispiele sind die Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR), die nachhaltige Transformation der Wirtschaft, der digitalen Wandel, aber auch steigende Fracht-, Rohstoff- und Energiekosten.

Der neue Koalitionsvertrag der Ampel-Bundessregierung bietet gute Ansätze, um den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken. Die „innovative Gesundheitswirtschaft“ wird als „Grundlage des weiteren medizinischen Fortschritts“ bezeichnet, die „viel Potenzial für Beschäftigung und Wohlstand“ bietet. Dabei will sich die neue Bundesregierung ausdrücklich für „High-Medizintechnik made in Germany“ einsetzen. Wir erwarten von der Bundesregierung ein Maßnahmenpaket, um die im Koalitionsvertrag angekündigte Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschland und die Entlastung der Unternehmen von erdrückender Bürokratie anzugehen.

Dazu gehört auch, dass nationale Alleingänge wie beim Lieferkettengesetz künftig vermieden werden, um weitere Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der MedTech-Branche zu verhindern.

EU-Lieferketten-Richtlinie

Der BVMed hat Mitte Mai 2022 eine Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine LieferkettensorgfaltspflichtenrichtlinieExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDDD) abgegeben.

Der BVMed begrüßt darin eine Stärkung von Menschenrechten weltweit. Der EU-Kommissionsvorschlag ist jedoch aus Sicht des BVMed in seiner momentanen Fassung unzureichend, um rechtssichere und praktikable Regeln für Unternehmen zu schaffen. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass der Entwurf die Unternehmen der Branche, die sich im Moment ohnehin schon mit angespannten Lieferketten konfrontiert sehen, überfordern und in der Umsetzung überlasten könnte.

Deutschland hat mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) eine umfassende nationale gesetzliche Regelung über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette geschaffen. Viele Medizintechnikunternehmen in Deutschland, wie auch andere wirtschaftliche Akteur:innen im Gesundheitswesen (beispielsweise Krankenhäuser), bereiten sich intensiv auf die Umsetzung des LkSG vor. Eine Abänderung des LkSG als Folge einer stark abweichenden EU-Richtlinie würde erheblichen Mehraufwand und Kosten für die betroffenen Unternehmen in Deutschland bedeuten.

Der BVMed spricht sich daher für eine mit dem hiesigen Lieferkettengesetz kompatible und praxistaugliche europäische Regelung aus. Dies ist im aktuellen Vorschlag der EU-Kommission, durch die deutliche Erweiterung des Anwendungsbereiches (beispielsweise der Einbezug von negativen Umweltfolgen) und eine zivilrechtliche Haftung einzuführen, nicht gegeben. Als Lösung könnte hier eine Begrenzung auf die direkten Zulieferer greifen.

Konkret geht es dem BVMed um die folgenden vier Punkte:

  1. Als Anforderungen an eine praxistaugliche Lieferkettenregulierung muss der Anwendungsbereich eindeutig auf die direkten Zulieferer begrenzt werden. Während Unternehmen in direkten Geschäftsbeziehungen in der Lage sind, Sorgfaltspflichten effektiv zu adressieren und Verantwortung zu übernehmen, so ist dies in der weiteren und immer komplexer werdenden Lieferkette nicht der Fall.
  2. Es ist nicht sinnvoll, grundlegende Bewertungen über die menschenrechtliche Situation in die Hände einzelner Unternehmen zu legen, während sich der Staat an dieser Stelle aus der Verantwortung zieht. Daher sollten die Mitgliedsstaaten der EU eine Liste von Ländern erstellen, bei denen Unternehmen annehmen können, dass die Zulieferer aus diesen Ländern alle Kriterien erfüllen. Eine solche Safe-Harbour-Regelung würde einen klaren und erfüllbaren Rahmen bieten, in dem die Unternehmen unter stabilen Bedingungen operieren können. Dies würde den Verwaltungsaufwand und die Rechtsrisiken für die Unternehmen erheblich verringern.
  3. Es ergeben sich bei den Umweltfolgen erhebliche Unklarheiten, was die konkrete Auslegung angeht. Einerseits wäre es wünschenswert, wenn die jeweiligen Rechtsnormen des Heimatlandes des Zulieferers für die Bewertung herangezogen würden, andererseits bringt die Bewertung einer Vielzahl von lokalen Umweltgesetzen viele Unternehmen an den Rand der Leistbarkeit. Der Anwendungsbereich des Gesetzes sollte sich auf die Achtung der Menschenrechte konzentrieren. Eine Erweiterung um den Bereich „Umwelt“ würde aufgrund uneinheitlicher Standards zusätzliche Rechtsunsicherheit schaffen. Das gilt auch für das Vorhaben, in dieser Richtlinie Klimaschutzziele festzuschreiben.
  4. Nach Einschätzung des BVMed umfasst der Begriff der „Wertschöpfungskette“, wie im Richtlinienvorschlag angeführt, auch die Kund:innen der Branche (beispielsweise Krankenhäuser). Wenn dem so ist, könnte der Fall eintreten, dass Medizintechnik-Unternehmen einzelne Kund:innen, falls diese gegen die Kriterien der Richtlinie verstoßen, nicht mehr beliefern dürfen und die Versorgung von Patient:innen eventuell nicht sichergestellt werden kann. Dies wäre aus humanitären Gesichtspunkten eine nicht akzeptable Einschränkung der Versorgung und träfe insbesondere Patient:innen in Drittländern und Ländern mit bereits heute eingeschränkter Gesundheitsversorgung. Wir schlagen daher vor, dass für den sogenannten Downstream-Teil der Wertschöpfungskette eine humanitäre Ausnahme etabliert wird. Dies könnte analog zur Regelung bei Sanktionen (beispielweise bei den Russland-Santionen) vollzogen werden.

Es wird bei der Ausformulierung und Umsetzung der Richtlinie vor allem darauf ankommen, eine sinnvolle Balance zwischen klaren Vorgaben und praktikabler Umsetzungsfreiheit zu finden. So sollten Vorgaben sich einerseits möglichst an bereits vorhandenen, verbreiteten Normen orientieren, die bereits vielfach von Unternehmen umgesetzt werden. Andererseits sollte klar sein, dass in vielen Ländern unterschiedliche Auslegungen dieser internationalen Normen implementiert werden.

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