Datennutzung

Gesundheitsdaten­nutzungsgesetz: Lauterbach will „Turboschub“ für die Forschung

Deutsches Ärzteblatt Online vom 9. März 2023

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in den kommenden Monaten die Vorausset­zun­gen dafür schaffen, dass Deutschland als Forschungsstandort nicht weiter zurückfällt: Mit dem Gesund­heitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sollen Zugang und Verknüpfung für die Forschung auf ein neues Niveau gehoben werden, berichtet das Deutsche Ärzteblatt Online.

Man müsse sich die Frage stellen, warum ein Unternehmen wie Biontech Deutschland den Rücken kehrt, erklärte Lauterbach mit Blick auf die Ankündigung der Mainzer mRNA-Spezialisten, ein Krebsforschungszentrum in Großbritannien statt in Deutschland aufzubauen. Der Grund aus Lauterbachs Sicht: Deutschland ist bei Datenzugang und -nutzung international weit zurück­gefallen. Das GDNG soll hier die Trendwende bringen, indem es beispielsweise die Verknüpfung von Krebsre­gister-, Genom- und Abrechnungsdaten ermöglicht.

Über Forschungspseudonyme werde es künftig möglich sein, diese Daten eines Patienten zusammenzufügen. „Dann sind wir weg von den Datensilos, die wir heute haben“, erklärte Lauterbach bei der Vorstellung der Eckpunkte für das geplante Gesetz. Dazu soll eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle aufgebaut werden, die den Zugang zu For­schungsdaten aus verschiedenen Quellen ermöglicht. Die Daten sollen dabei dezentral gespeichert werden.

„Daten müssen in forschende Hände. Das dürfen wir nicht mehr verhindern“, forderte Michael Hallek, neuer Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit. Beendet werden soll auch ein Problem, über das Forschende bei klinischen Studien seit Langem klagen: Die 16 verschiedenen Landesdatenschutzbehörden stellen im Detail oft verschiedene Anforderungen, was es Forschenden enorm erschwert, länderübergreifend zu arbeiten, wie Onkologe Hallek erklärte.

Um das zu ändern, werde die federführende Datenschutzaufsicht für bundesländerübergreifende Forschungs­vor­haben künftig auf alle Gesundheitsdaten erweitert. Die datenschutzrechtliche Aufsicht für länderübergrei­fende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen soll dann nur noch durch eine oder einen Landesdaten­schutzbeauftragten erfolgen. Der Datenschutz werde dabei nicht geschliffen, beteuerte Hallek. Überhaupt müsse an den Datenschutzregu­la­rien selbst nichts geändert werden, schließlich ergäbe sich das meiste aus der Europäischen Datenschutz­grundverordnung (DSGVO) – und die Probleme mit dem Datenschutz lägen nicht in Europa, sondern würden sich durch die hiesige Auslegung ergeben.

Weiterentwickelt werden soll unterdessen das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim Bundes­insti­tut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Auch die forschende Industrie soll dort künftig Anträge auf Datenzugang stellen können. Dabei solle der Nutzungszweck entscheidend sein, nicht der Absender. Über das FDZ sollen dann auch pseudonymisierte Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) abrufbar sein. Die Datenfreigabe durch die Patienten soll parallel dazu das ebenfalls heute angekündigte Digitalgesetz regeln.

„Ich erhoffe mir einen großen Durchbruch und bin umgekehrt pessimistisch, falls wir es nicht schaffen, dass wir dann endgültig den Anschluss verlieren“, erklärte Hallek. „Es wird nicht leicht, bestimmte Unternehmen und Forscher zurückzuholen“, räumte hingegen Lauterbach ein. „Aber wir können ja nicht einfach aufgeben.“ Stattdessen müsse man nun durch das Gesetz „mit einem Turbo­schub aufholen“.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 9. März 2023
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