- Exoskelett Gelähmte steuern Gehroboter mit Nervenimpulsen
ArtikelMünchen, 20.08.2015
© Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil
Insekten, Spinnen und Krebse machen vor, dass Außen- oder Exoskelette ein erfolgreiches Fortbewegungskonzept sein können. Seit kurzem bieten Hersteller mechanische Exoskelette für Querschnittgelähmte an, die sogar Bewegungsimpulse lesen und ausführen können. Das war Thema auf dem 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).
"Insgesamt vier Exoskelette verfügen derzeit über ein CE-Zertifikat", berichtet DGCH-Präsident Prof. Dr. Peter M. Vogt. Die Hersteller dürfen sie damit in Europa vertreiben, auch in Deutschland werden sie angeboten. "Doch keiner der etwa 1,5 Millionen Menschen, die hierzulande nach einem Unfall oder aufgrund eines Schlaganfalls gelähmt sind, konnte deshalb bisher auf den Rollstuhl verzichten", ergänzt Prof. Dr. Michael Nerlich, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Regensburg, zugleich Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Die derzeitigen Exoskelette sind nach Einschätzung des Experten noch nicht alltagstauglich.
Zukunftsweisend ist für Prof. Dr. Thomas A. Schildhauer HAL – "hybrid assistive limb". "HAL ist das erste Exoskelett mit neuronaler Steuerung", erläutert der Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik und Poliklinik des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil in Bochum. "Die Patienten tragen Elektroden auf der Haut, die elektrische Signale der teilweise gelähmten Muskeln auffangen und in die beabsichtigte Bewegung des Exoskeletts umsetzen." Während bei den anderen Exoskeletten nur fest einprogrammierte Bewegungen gestartet oder gestoppt werden, könne der Patient mit HAL aktiv in die Kontrolle der Bewegungen eingreifen. "Mit HAL kann der Patient erstmals Hindernisse bewältigen und sogar rückwärtsgehen", berichtet Schildhauer, der in Bochum bereits viele Patienten mit Gehrobotern behandelt hat.
Der Einsatz von HAL ist allerdings auf spezielle Patienten beschränkt. "Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die Patienten noch eine Restaktivität in der Muskulatur zurückbehalten haben, was bei einer kompletten Querschnittlähmung nicht der Fall ist", erläutert Nerlich. HAL ist auch kein Exoskelett für den Privatgebrauch. Das Einsatzgebiet ist die Rehabilitation mit dem Ziel, die verbliebene Muskulatur so weit zu stärken, dass der Patient einen Teil seiner Selbstständigkeit zurückerhält.
Quelle: Aktion Meditech