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Hilfsmittel-Regelungen | BVMed für Stärkung der Qualitätsaspekte und gegen Ausschreibungen

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In der Diskussion um gesetzliche Anpassungen bei den Hilfsmittel-Regelungen positioniert sich der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) klar für eine Ausweitung von Qualitätsaspekten und gegen die Wiedereinführung von Ausschreibungen, wie sie vom GKV-Spitzenverband gefordert wurde. Der BVMed vertritt im Hilfsmittel- und Homecare-Bereich sowohl die Hersteller- als auch die Leistungserbringer-Seite. „Es ist gut und wichtig, dass wir weitere Anpassungen zur Vermeidung von Fehlentwicklungen in der Hilfsmittel-Versorgung diskutieren. Ausschreibungen sind dabei aber keine Option mehr, sondern aus gutem Grund abgeschafft worden. Wir sollten die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll die aktuelle Diskussion.

Grundsätzlich sieht der BVMed nach den Hilfsmittel-Reformen der vergangenen Jahre einen „Nachjustierungsbedarf“, so BVMed-Hilfsmittelexpertin Juliane Pohl. „Der Fokus der anstehenden Hilfsmittel-Reform sollte auf gesetzgeberischen Maßnahmen liegen, um die Versorgungsqualität zu sichern – und damit den Patient:innen im Versorgungsalltag zu helfen und ihren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.“

Der BVMed hat dafür folgende acht Ansatzpunkte erarbeitet, um die Versorgung mit Hilfsmitteln zu stärken:
  1. Eindämmung der administrativen Aufwände durch einen Rahmenvertrag „Verwaltung“
  2. Sicherstellung der Bestrebungen zur Ambulantisierung durch Klarstellung des Hilfsmittelbegriffs
  3. Stärkung des Schiedsverfahrens durch Konkretisierung des Handlungsauftrags
  4. Stärkung der Versorgung durch explizite Berücksichtigung besonderer Versorgungsbedürfnisse von Menschen mit chronischen Erkrankungen oder komplexen Behinderungen
  5. Stabilisierung der Versorgungsstrukturen durch Klarstellungen bei Versorgung durch qualifizierte Pflegefachkräfte sowie durch koordinierendes Versorgungsmanagement
  6. Stärkung des Vertrags- und Verhandlungswesens durch Nachjustierung der Transparenzpflichten
  7. Stärkung der Versorgung und der Rechte der Patient:innen durch Weiterentwicklung des Genehmigungsverfahrens
  8. Sicherstellung einer zeitgemäßen Versorgung mit Hilfsmitteln durch Konkretisierungen im Zugangsprozess ins Hilfsmittelverzeichnis
Zum Hintergrund: Der Gesetzgeber hat mit den Reformen der vergangenen Jahre gesetzliche Anpassungen vorgenommen, die das Ziel verfolgen, die Qualität der Hilfsmittelversorgung zu stärken.
  • Im Vertragswesen wurde das Instrument der Ausschreibungen, das die Versorgungsqualität gefährdet, verboten und ein Schiedsverfahren eingeführt.
  • Um die Rechte der Patient:innen bei der Auswahl des Leistungserbringers oder der Versorgung zu stärken, wurden ihre Informationsrechte gestärkt und Aufklärungs- und Informationspflichten der Krankenkassen ausgebaut. So müssen beispielsweise „wesentliche Vertragsinhalte“ veröffentlicht oder über Versorgungen mit Mehrkosten berichtet werden.
  • Zudem sollte ein Vertragscontrolling die Umsetzung der definierten Qualitätserfordernisse überprüfen.

„Die Neuerungen haben sich insgesamt als sinnvoll erwiesen. Aber an verschiedenen Stellen besteht Nachbesserungsbedarf, damit die qualitätsstärkenden Instrumente auch Wirkung entfalten können – wie vom Gesetzgeber gewollt“, bewertet BVMed-Expertin Pohl.

Zusätzlich sieht der BVMed großen Bedarf beim Abbau der immensen bürokratischen Aufwände bei der Verwaltung der Hilfsmittel-Versorgungen und -Verordnungen, die unter anderem aus der Vielfalt kassen- und vertragsspezifischer Einzelregelungen resultieren. „Wir brauchen hier einen gemeinsamen Verwaltungs-Rahmenvertrag, der Regelungen über die administrativen Einzelheiten der Hilfsmittelversorgungen trifft und dabei auf digitale Prozesse setzt“, so Pohl.

Bei der Preisentwicklung sieht der BVMed entgegen den Behauptungen der Krankenkassenseite nur in wenigen Ausnahmefällen Kostensteigerungen. Analyse von öffentlich zugänglichen Vertrags- und Preisinformationen zeigten im Verlauf der vergangenen Jahre eine flächendeckende Stagnation bzw. Reduktion der Vertragspreise. Beispiele seien hier die Versorgungsbereiche aufsaugende Inkontinenz, Stoma und Rehatechnik, so der BVMed.

Berücksichtigt werden müssten zudem die teilweise dramatischen Kostensteigerungen bei Transport, Logistik, Rohstoffen und Energie, die sich unmittelbar auf den Einkaufspreis von Hilfsmitteln auswirken. Weiterhin ist für die Versorgung qualifiziertes Pflegepersonal erforderlich - auch hier müssen erhöhte Kosten der Hilfsmittel-Leistungserbringer einberechnet werden, unter anderem begründet durch die allgemeine Knappheit des Pflegepersonals sowie steigende Lohnkosten und Inflation.

Das Fazit von BVMed-Expertin Juliane Pohl: „Die Hilfsmittel-Reformen der vergangenen Jahre gingen grundsätzlich in die richtige Richtung. Jetzt müssen wir bei Qualitätsaspekten und Entbürokratisierung nachschärfen. Der BVMed steht mit seiner Expertise für Analysen und Umsetzungsoptionen in einem konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten zur Verfügung.“

Download Bilderkachel Dr. Marc-Pierre Möll und Juliane Pohl

Der BVMed repräsentiert über 300 Hersteller, Händler und Zulieferer der Medizintechnik-Branche sowie Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Versorger. Die Medizinprodukteindustrie beschäftigt in Deutschland über 250.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 38 Milliarden Euro, die Exportquote bei 67 Prozent. Dabei sind 93 Prozent der MedTech-Unternehmen KMU. Der BVMed ist die Stimme der deutschen MedTech-Branche und vor allem des MedTech-Mittelstandes.
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