Nosokomiale Infektionen

BVMed-Positionspapier | „Gezielte Präventionsstrategie beim Thema Infektionen erforderlich“

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) fordert einen stärkeren Fokus auf primäre Präventionsstrategien, um Patient:innen sowie ärztliches und nicht-ärztliches Fachpersonal in Deutschland vor nosokomialen Infektionen zu schützen. „Es fehlt immer noch eine langfristige Strategie zur Infektionsvermeidung“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Der BVMed-Fachbereich „Nosokomiale Infektionen“ (FBNI) beschreibt in seinem neuen Positionspapier „Präventionsstrategie zur Vermeidung von Infektionen“ Voraussetzungen und Maßnahmen für einen effektiven Infektionsschutz. Dazu gehören eine bessere Wissensvermittlung, ein Strategieplan in medizinischen Einrichtungen sowie die Einbindung von Produkten wie Desinfektionsmittel oder Schutzausrüstung. Strategien zur Infektionsprävention sollten in die relevanten Gesetzesvorhaben wie der Krankenhausreform, der Pflegereform sowie im Präventionsgesetz aufgegriffen werden, fordert der BVMed. Das BVMed-Positionspapier kann unter www.bvmed.de/praeventionsstrategie abgerufen werden.

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Zahlreiche im Koalitionsvertrag 2021 vorgesehene Maßnahmen haben nach Ansicht des BVMed Einfluss auf den Infektionsschutz: vom Nationalen Präventionsplan über Themen rund um Umwelt und Nachhaltigkeit bis hin zur Verbesserung der Situation in der Pflege. Der deutsche Medizintechnik-Verband verweist darauf, dass der Infektionsschutz einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung und Eindämmung der Pandemie geleistet habe. „Infektionsschutz besteht jedoch über eine pandemische Lage hinaus und gehört nachhaltig als Schwerpunktthema auf die Agenda“, fordern die BVMed-Expertinnen Lena Richter und Miriam Rohloff: „Die Hygiene- und Infektionsschutz-Maßnahmen müssen nachhaltig in die regulären Versorgungsstrukturen überführt und eingehalten werden.“

Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) kommt es in Deutschland jährlich zu rund 600.000 nosokomialen Infektionen – mit bis zu 20.000 Todesfällen. Die Krankenhaus-Verweildauer verlängert sich durch eine Infektion um durchschnittlich fünf Tage. Das führt zu zusätzlichen Kosten für das Gesundheitssystem von bis zu 20.000 Euro pro Infektionsfall. Bis zu ein Drittel dieser nosokomialen Infektionen gilt als vermeidbar. „Diese zusätzliche Belastung für das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft kann durch die Umsetzung von notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen vermieden werden“, heißt es in dem BVMed-Papier.

Gezielte Präventionsstrategie erforderlich

Als Voraussetzung für einen effizienten und nachhaltigen Infektionsschutz nennen die BVMed-Expertinnen unter anderem folgende Aspekte:
  • Transparenz für ein stärkeres Problembewusstsein, beispielsweise durch Erfassung und Veröffentlichung von Daten zu nosokomialen Infektionen
  • Notwendige Ressourcen für eine ausreichende Anzahl an qualifizierten Hygienefachkräften
  • Ein primärpräventiver Denkansatz sowie Agieren aller Akteure
  • Spezifische Produkte und Produktlösungen zum Infektionsschutz
  • Innovative und digitale Lösungsansätze für einen effizienteren Infektionsschutz und zur Erhöhung der Compliance
  • Adäquate Vergütung aller notwendigen und durch Guidelines bzw. Empfehlungen gestützten Hygienemaßnahmen sowie der medizinischen Sachkosten im ambulanten, stationären und pflegerischen Bereich
  • Reform der Anreizstrukturen durch Kostenerstattungsmodelle
  • Konsequente Umsetzung bestehender Infektionsschutzverordnungen und Handlungsempfehlungen beispielsweise der KRINKO

„Eine zielgenaue Präventionsstrategie verringert Infektionszahlen und vermeidet Antibiotikaresistenzen. Ein Strategieplan kann gewährleisten, dass Pflegefachkräften und Ärzteschaft notwendige Produkte uneingeschränkt zur Verfügung stehen“, so die BVMed-Expertinnen Lena Richter und Miriam Rohloff abschließend.

Downloads: Bild Dr. Marc-Pierre Möll | Bild Lena Richter und Miriam Rohloff | Positionspapier

Der BVMed repräsentiert über 300 Hersteller, Händler und Zulieferer der Medizintechnik-Branche sowie Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Versorger. Die Medizinprodukteindustrie beschäftigt in Deutschland über 250.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 36 Milliarden Euro, die Exportquote bei 66 Prozent. Dabei sind 93 Prozent der MedTech-Unternehmen KMU. Der BVMed ist die Stimme der deutschen MedTech-Industrie und vor allem des MedTech-Mittelstandes.
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