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Aktionsbündnis Patientensicherheit versammelte Expert:innenrunde: Aktionsplan Wiederbelebung ist Herzensangelegenheit

In Kooperation mit dem Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) und dem Deutschen Rat für Wiederbelebung (GCR) organisierte das Aktionsbündnis Patientensicherheit Mitte November 2024 im Klinikum Nürnberg, Campus Nord der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, eine Expertenrunde zum Thema Aktionsplan Wiederbelebung. Die Expert:innen fordern zum Teil bereits seit Jahrzehnten einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen für die Laienreanimation als zentralen Baustein zur Lebensrettung und stellten regionale vorbildhafte Ansätze zur flächendeckenden Schulung von Laien in Sachen Wiederbelebung vor.

ArtikelBerlin, 25.11.2024

© APS von links nach rechts: Dr. Christian Engelen, Klaus Meyer, Univ.-Prof. Dr. Bernd W. Böttiger, Dr. Christian Deindl, Olaf Winkler, Birgit Kraft, Klaus Friedrich Bild herunterladen
Die Expert:innenrunde zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wiederbelebung betonte in Nürnberg wiederholt die für das Überleben bei Herzstillstand unverzichtbare Bedeutung von Laienreanimation und deren Verbreitung und Verankerung in der Bevölkerung.

Dr. Christian Deindl, Stellvertretender Vorsitzender des Aktionsbündnis Patienten-sicherheit, eröffnete und moderierte die Veranstaltung „Expert:innenrunde Aktionsplan Wiederbelebung“ und wies darauf hin, dass der im März 2024 offiziell an die Berliner Politik übergebene Aktionsplan noch keine sichtbaren Ergebnisse gebracht hat und auch die für das Gelingen wichtige mediale Berichterstattung sehr zu wünschen übriglässt. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit will deshalb dem Thema Wiederbelebung neuen Auftrieb verleihen und hatte eine Expert:innenrunde kurzfristig nach Nürnberg einberufen, weil die Metropolregion Nürnberg-Fürth-Erlangen mit erfolgreichen Projekten für Schulungen zur Laienanimation eine deutschlandweite Vorbild- und Leuchtturmfunktion einnimmt.

Univ.-Prof. Dr. Bernd Böttiger, unter anderem Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung (German Resuscitation Council; GRC), verdeutlichte die Dringlichkeit der Laienreanimation mit eindringlichen Statistiken: Jährlich erleiden mehr als 120.000 Menschen deutschlandweit außerhalb eines Krankenhauses einen plötzlichen Herz-Kreislaufstillstand. 70.000 Menschen davon werden reanimiert. Nur 11 Prozent der Betroffenen überleben solch einen Notfall, oft weil niemand in den ersten 3-5 Minuten eine lebensrettende Herz-Druckmassage vornimmt. Dabei könnten allein bei uns jährlich 10.000 Menschenleben zusätzlich gerettet werden.

Böttiger betonte, wie wichtig es sei, dass bereits Kinder in Wiederbelebung geschult werden. Initiativen wie „KIDS SAVE LIVES“ – Schülerausbildung in Wiederbelebung – sind wegweisend, um Kindern das notwendige Wissen und die Fähigkeiten zu vermitteln. Anhand eines Beispiels zeigte er, wie selbst ein Vierjähriger mithilfe von Siri den Notruf alarmierte und so seiner Mutter das Leben rettete. Kinder sind in der Lage zu lernen und zu reagieren, erst recht, wenn sie noch etwas älter sind und geschult werden. Deutschland hat auch hier enormen Nachholbedarf.

Olaf Winkler, Leiter Referat Gesundheitssystem vom BVMed betonte, dass technische Hilfsmittel wie in Gebäuden und öffentlichen Räumen angebrachte Defibrillatoren wichtig seien, jedoch erst nach der sofortigen Herz-Druckmassage zum Einsatz kommen sollen. Er plädierte zudem für ein bundesweites AED-Register (= automatisierte externere Defibrillatoren), so dass ohne Zeitverlust diese Geräte zum Einsatz kommen, regelmäßig technisch überprüft werden können und zuverlässig einsatzbereit sind.

Klaus Meyer von der Arbeitsgemeinschaft Notfallmedizin Fürth, leitete im Anschluss über zu dem erfolgreichen Projekt FÜRTH SCHOCKT! Der Defibrillator – als sprichwörtlicher Neustart für das Herz in bestimmten Situationen – verbessert die Situation nach plötzlichem Herzstillstand. Das Projekt kombiniert die möglichst flächendeckende Installation öffentlich zugänglicher AEDs in Kombination mit der Alarmierung von darin qualifizierten Ersthelfenden. Während um Patenschaften solcher Geräte geworben wird, appelliert das Projekt „Region der Lebensretter Fürth“ mit seiner Lebensretter-App an ausgebildete Ersthelfer:innen.

Klaus Friedrich, medizinisch-fachlicher Leiter des städtischen Gesundheitsamts Nürnberg, unterstrich in seinem Vortrag den Stellewert des Öffentlichen Gesundheitsdienstes beim Thema Wiederbelebung und dessen Beitrag zum Gelingen des Aktionsplans. Koordination, regelmäßiger Austausch und Kooperation sind dabei wichtige Punkte.

Dr. Christian Engelen, Anästhesist am Klinikum Nürnberg und Notarzt, hob die Bedeutung regionaler Initiativen hervor und berichtete als einer der Initiatoren über die erfolgreiche Kampagne „Nürnberg drückt“, die durch die Zusammenarbeit mit Schulen, Kommunen und lokalen Gesundheitsakteuren unterstützt wird.

Birgit Kraft, Lehrerin für Mathematik und Physik an der Maria-Wardt-Schule in Nürnberg, gewährte in ihrem Vortrag wertvolle Einblicke und Hinweise bei der praktischen Umsetzung der Vermittlung von Kenntnissen in Erster Hilfe und Wiederbelebung an Schulen. Sie schilderte eindrucksvoll die Herausforderungen, Erste-Hilfe-Schulungen im Lehrplan zu verankern und finanzielle sowie personelle Unterstützung zu gewährleisten. Schüler:innen seien sehr motiviert, und praktische Übungen in den Klassen und deren Wiederholungen sind ein entscheidender Schlüssel, um die erlernten Fähigkeiten auch langfristig zu festigen. Eine gesetzliche Verankerung würde die derzeitigen Rahmenbedingungen deutlich verbessern und verstetigen. Denn im Moment führen die Schulungen Lehrkräfte durch, die davon persönlich überzeugt und motiviert sind, die damit verbundenen Mehrbelastungen auf sich zu nehmen. Eine Verpflichtung und sichere finanzielle Bedingungen gibt es für Schulen und Lehrkräfte bisher nicht.

In der sich anschließenden intensiven Diskussion wurde mehr als deutlich, dass in Deutschland eine klare gesetzliche Grundlage für die Schulung und Förderung der Laienreanimation fehlt. Im Vergleich zu anderen Ländern, die gesetzliche Verpflichtungen für Wiederbelebungstrainings eingeführt haben, besteht in Deutschland dringender Handlungsbedarf. Die Expert:innen forderten neben einer bundesweiten verpflichtenden Einführung der Schüler:innenausbildung in Wiederbelebung und der Telefonreanimation – der telefonischen Anleitung von Laien in der Herzdruckmassage durch alle Notrufzentralen beziehungsweise Leitstellen – eine zentrale AED-Datenbank und eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, um das Bewusstsein für die Laienreanimation in der Gesellschaft zu stärken, zu verstetigen und so das Überleben deutlich zu verbessern. Der übliche Erste-Hilfe-Kurs, meist im Kontext mit dem Erwerb des Führerscheins, reicht nachweislich nicht aus und kann nur der Anfang dafür sein, es sollten zumindest auf freiwilliger Basis regelmäßige Auffrischungen erfolgen.

Abschließend betonte Deindl, dass trotz der derzeitigen vielen Krisen und politischen Herausforderungen ein beharrliches Engagement in Sachen Wiederbelebung erforderlich sei. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ – nur durch kontinuierlichen Einsatz aller verantwortlichen Akteure kann die Bedeutung der Laienreanimation nachhaltig ins öffentliche Bewusstsein und in die politischen Agenden eingebracht werden. Diesen Aspekt vor dem Hintergrund des bereits gestarteten Wahlkampfes und der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 in Erinnerung zu rufen und eine, wenn auch ernüchternde, Zwischenbilanz beim Aktionsplan Wiederbelebung zu ziehen, waren die Grundgedanken, die das Aktionsbündnis Patientensicherheit zu dieser Expertenrunde veranlasst hatten.

Fazit: Jetzt gilt es, dass die 3 großen HHH = Hauptsache Heftige Herzdruckmassage in den Köpfen möglichst vieler Menschen nachhaltig abrufbar bleiben und nicht nur in den jeweiligen Parteiprogrammen, sondern auch im nächsten Koalitionsvertrag festgeschrieben werden und die Inhalte des Aktionsplans Wiederbelebung endlich Eingang in das Sozialgesetzbuch finden. Damit der Slogan PRÜFEN - RUFEN - DRÜCKEN endlich zur Bürgerpflicht wird und 10 000 Menschen jährlich bei uns unnötig sterben müssen. Diese Dimensionen an vermeidbaren Verlusten oft mitten aus dem menschlichen Leben heraus entsprechen in einer Legislaturperiode bereits der Einwohnerzahl einer großen Kreisstadt und nach einer Dekade einer Großstadt. Frage der Expert:innen: „Wer kann das weiterhin wollen und noch dazu politisch mit gutem Gewissen verantworten?“

Quelle: Pressemeldung vom 21. November 2024Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

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