MedTech-Trends
Smarte Textilien für die Medizin
04.07.2014|
Weitere Entwicklungs- und Innovationsbeispiele
Smarte Textilien können aber auch zur Therapie genutzt werden, z. B. zur Verbesserung der Handmotorik bei Schlaganfall-Patienten oder bei Orthesen und Bandagen mit Biofeedback. Ein anatomisch passgerechter Handschuh mit zehn gestickten Fingerelektroden ermöglicht gezielte stimulierende Reize auf die einzelnen Finger und damit eine Verbesserung des sensomotorischen Verhaltens des Patienten.
Sensormatten können zur Vermeidung/Linderung von Dekubitus bei bettlägerigen Patienten beitragen. Bislang werden Luft-, Gel- oder Vakuumkissen verwendet, um Druckbelastungen zu reduzieren. Sie entlasten aber die betroffenen Areale nicht in optimaler Weise und die Patienten können selbst die Druckbelastung nicht aktiv beeinflussen. Spezielle Sensormatten sollen verhindern, dass sich Gewebeschäden bilden. Jüngst wurde eine Matte entwickelt, die aus herkömmlichen Schaumstoff und leitfähigen Garnen besteht. In einem Abstand von vier Zentimetern befinden sich Sensorzellen. Prinzipiell funktioniert die taktile Sensormatte wie ein Plattenkondensator, anstelle von Platten werden textile Komponenten verwendet. Im Gegenzug zu hochauflösenden Sensormatten, die mehrere Tausend Euro kosten, können von dieser Einzelstücke schon für wenige Hundert Euro gefertigt werden.
Sensortextilien können in Form von Strümpfen genutzt werden, um die Bein- und Fußform exakt zu vermessen bzw. die dynamische Druckverteilung zu bestimmen. Bei dieser Entwicklung bestehen die Steuerungs- und Messleitungen nur aus Textilien. Das intelligente Messinstrument passt sich flexibel an den Fuß an. Einsatzpotenziale bestehen u. a. für die Herstellung von Spezialschuhen, z. B. zur Verhinderung von wunden Füssen beim DFS (Diabetisches Fußsyndrom), oder zur individuell zugeschnittenen Produktion von Kompressionsstrümpfen.
Frühgeborene werden in der Regel über Wochen in Säuglings-Brutkästen intensiv medizinisch betreut. Die hier fehlende räumliche Begrenzung und nicht vorhandenen pränatalen sensorischen Reize durch die Gebärmutter führen oft zu erheblichen Spätfolgen: Die Kinder haben dann mit sensorischen und motorischen Defiziten zu kämpfen, die therapiert werden müssen. Diesem möchte man mit der Entwicklung einer „künstlichen Gebärmutter“ entgegenwirken, die die mütterliche Umgebung und Reizstimulation in den Brutkasten überträgt. Die Eigenschaften der Gebärmutter sollen realitätsnah mit Textilien nachgeahmt werden; ein motorischer Textilaktuator soll die sensorischen, motorischen und Gleichgewichtsreize vermitteln. Man rechnet bereits 2015 mit einem ersten Protoypen zur Erprobung in der Praxis.
Auch bei medizintechnischen Großgeräten bieten sich Anwendungsmöglichkeiten für textile Sensoren. Bewegbare Medizingeräte im Operationssaal erfordern einen hohen Personenschutz; eine Kollisionsdetektion ist nötig, die bei Kontakt mit Körperteilen den Sicherheitskreis des Gerätes auslöst. Für den Kollisionsschutz könnten zukünftig textile Systeme zum Einsatz kommen. Sie müssen jedoch vielfältige Anforderungen erfüllen wie Desinfizierbarkeit der Oberfläche, Biokompatibilität, technische Sicherheit, Design und Farbgestaltung. Derzeit werden unterschiedliche taktile Textil-Sensoren, u. a. kapazitive, resistive und induktive Varianten, untersucht.
Quelle: Medizintechnologie.de
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