Position des Fachbereichs Nosokomiale Infektionen: Infektionen vermeiden – Bewusst handeln: Antimikrobielle Resistenzen (AMR)
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Der Fachbereich Nosokomiale Infektionen (FBNI) im BVMed begrüßt die Fortführung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2030) der Bundesregierung. Die Anstrengung aller relevanten Akteur:innen ist bei der Bekämpfung von Antimikrobiellen Resistenzen von Nöten. Die MedTech-Branche unterstützt durch bereits bestehende Technologien, die Entwicklung neuer Innovationen und auch im Vorhaben bei der Entwicklung von Präventionsvorhaben.
1. Wie ist die derzeitige Situation?
Die Bekämpfung von antimikrobiellen Resistenzen gilt als eine zentrale Herausforderung nicht nur des Gesundheitswesens in Deutschland, sondern auch weltweit über die europäischen Nachbarstaaten hinaus. Antimikrobielle Resistenzen bedrohen die Gesundheit und das Leben von Patient:innen, weil die Forschung und Entwicklung bezüglich neuer Antibiotika nicht ausreichend mit den aktuellen Be-dürfnissen Schritt hält und damit dringend benötigten Behandlungsalternativen nicht zur Verfügung stehen. Auch nosokomiale Infektionen sind eine Ursache für den notwendigen Einsatz von Antibiotika. Aufgrund ihres häufigen Auftretens bedingen sie einen hohen Bedarf an wirksamen Antibiotika. Dabei gibt bis zu einem Drittel der nosokomialen Infektionen als vermeidbar – vor allem durch Prävention resp. konsequente Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen.
Konstante Zahlen
In Deutschland erkranken nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) jährlich rund 600.000 Menschen an nosokomialen Infektionen – in Folge dieser Infektionen sterben bis zu 20.000 Menschen jährlich. An Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger sterben in Deutschland jährlich ca. 9.700 Menschen, weitere 45.700 Todesfälle stehen in einem Zusammenhang mit AMR. Die zusätzlichen Kosten, die durch Antibiotikaresistenzen europaweit entstehen, werden auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt. Sie entstehen durch steigende Behandlungskosten, z. B. verlängerte Krankenhausaufenthalte oder Wiederaufnahmen und Arbeitsausfälle sowie vorzeitige Todesfälle.
2. DART 2030 und aktuelle Gesetzgebungen
2015 veröffentlichte die Bundesregierung die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2020) mit dem Ziel, die Bekämpfung von Infektionen und Antibiotikaresistenzen voranzutreiben. Die Fort-führung dieser Strategie durch die DART 2030 war notwendig, da das Ziel der Strategie seine Aktualität nicht verloren hat – insbesondere auch deshalb, weil es aktuell noch an Marktanreizmechanismen für die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika in Deutschland und darüber hinaus mangelt.
Weiterentwicklung der Therapieoptionen
Anerkennenswert ist, dass die Bundesregierung die Anreize zur Forschung neuer Therapeutika in die DART 2030 Strategie aufgenommen hat. Auch der Entwurf eines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes – ALBVVG sowie der Vorschlag einer Arzneimittelreform der EU-Kommission sieht eine Förderung und finanzielle Anreize bei der Entwicklung neuer (Reserve-)Antibiotika vor.
Einen ebenfalls wichtigen strategischen Ansatz nennt die DART 2030 mit der Entwicklung alternativer therapeutischer Verfahren. Verfahren zur Dekolonisierung von pathogenen Keimen können einen Beitrag zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen beitragen und parallel auch unterstützen bei der Vermeidung von antibiotikaresistenten Keimen.
Gezielte Präventionsstrategie fördern
Vorrangig begrüßenswert ist jedoch, dass die Bundesregierung Prävention und damit auch die Reduktion von Infektionen an erster Stelle in der Neuauflage der Strategie nennt. Denn Prävention geht vor Behandlung. Jeder Ansatz, der das Potential hat, den sachgerechten Einsatz von Antibiotika zu fördern und somit die Gabe von Antibiotika zu verringern, und damit Antibiotikaresistenzen zu vermei-den bzw. zu vermindern oder hinauszuzögern, ist zu unterstützen.
3. Vorgeschlagene Maßnahmen
Es ist erforderlich, dass die Antibiotika-Resistenzstrategie der Bundesregierung (DART) über das Jahr 2030 hinaus fortgeführt und weiterentwickelt wird. Der daraus entstehende Aktionsplan muss klare Vorgaben enthalten, die die Bekämpfung von Infektionen und antimikrobiellen Resistenzen zum Ziel haben.
Auch andere Gesetzesvorhaben auf nationaler und europäischer Ebene bergen Möglichkeiten bei der Bekämpfung von Infektionen und Resistenzen. Dabei gilt es, bislang ungenutzte Potenziale zu fokussieren:
- Ein Verweis auf die KRINKO-Empfehlungen in der DART 2030 würde der Rolle nosokomialer In-fektionen gerecht werden. Dabei ist der Beitrag durch den Einsatz verfügbarer Medizintechnologien und Innovationen anzubringen, um Infektionsrisiken zu minimieren und Infektionen zu reduzieren (z. B. Einmalprodukte, beschichtete Implantate oder Monitoringsysteme). Dies bedeutet einen niedrigeren Gebrauch von Antibiotika und somit weniger Resistenzen.
- Die Forschung und Innovation zur Prävention und Reduktion von nosokomialen Infektionen muss weiter vorangetrieben werden. Bei der öffentlichen Forschungsförderung ist auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Forschung und der Industrie anzustreben. Forschungsergebnisse hinsichtlich der Effizienz präventiver Mittel müssen konsequent in Leitlinien umgesetzt werden. Neben der Pharmaindustrie steht auch die MedTech-Branche bereit, die in der DART 2030 vorgesehene engere Arbeit zwischen Wissenschaft und Industrie zu intensivieren.
- Der Entwurf eines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz – ALBVVG sowie der Vorschlag einer Arzneimittelreform der EU-Kommission setzt neue finanzielle Anreize für die Forschung und Entwicklung von neuer sowie Reserveantibiotika. In der kritischen Phase der Entwicklung und bis zur Zulassung neuer Therapeutika muss der Einsatz von risikominimierenden Medizintechnologien zur Prävention jedoch verstärkt werden. Diese Maßnahmen können auch über weitere Regelungen verankert werden, wie bspw. im Präventionsgesetz.
- Die Krankenhausfinanzierung ist zwingend zu stärken, damit den Krankenhäusern ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stehen, um eine hohe Versorgungsqualität gewährleisten zu können und damit Infektionen zu vermeiden.
Zusammenfassung:
- Prävention geht vor Behandlung. | Die breit geführte Diskussion über Therapieoptionen, beispielsweise den Einsatz von Antibiotika, ist wichtig. Doch effektiver, präventiver Infektionsschutz reduziert die Notwendigkeit, Infektionen behandeln zu müssen.
- Die DART 2030-Strategie der Bundesregierung nennt die Prävention von Infektionen als Hauptziel. Nun müssen konkrete Handlungspläne und -strategien für den Aktionsplan erarbeitet werden.
- Der Vorschlag der EU-Kommission zu einer Arzneimittelreform erkennt AMR als eine der drei größten Gesundheitsgefahren in der EU an. Der Fokus muss jedoch auch hier weniger auf der Behandlung als vielmehr der Prävention liegen.
Position des Fachbereichs „Nosokomiale Infektionen“ (FBNI) im BVMed:
Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz vor nosokomialen Infektionen.
Stand: September 2023
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Artikel12.10.2023
Pflegebedürftige haben ein erhöhtes Risiko, eine Sepsis zu erleiden. Jährlich sterben in Deutschland mehr als 85.000 Menschen an einer Sepsis, ein großer Teil der Todesfälle gilt als vermeidbar. Was häufig fehlt, ist das Wissen um die Gefahren der Erkrankung. Denn je früher eine Sepsis erkannt wird, umso höher sind die Überlebenschancen. Neue Schulungsvideos der Kampagne #DeutschlandErkenntSepsis klären pflegende Angehörige über die lebensbedrohliche Krankheit Sepsis, ihre Anzeichen und Gefahren auf. Mehr
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Artikel07.09.2023
Der jährlich stattfindende Welt-Sepsis-Tag am 13. September rückt in den Fokus, wie Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung von Infektionen und schlussendlich von Sepsis beitragen können. Der Welt-Sepsis-Tag und die Infektionsbekämpfung durch Prävention sind entscheidend, um das Bewusstsein für Sepsis zu schärfen und die Gesundheitssysteme nachhaltig zu stärken. Der Welttag der Patientensicherheit am 17. September konzentriert sich auf die Beteiligung von Patient:innen innerhalb der Gesundheitsversorgung. In Deutschland richtet das Aktionsbündnis Patientensicherheit diesen Tag aus, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit. Mehr
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Pressemitteilung07.09.2023
Der BVMed hat im Rahmen der „Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie“ (DART 2030) einen konkreten Aktionsplan für die Prävention von Infektionen angemahnt. „Es ist gut und richtig, dass die Bundesregierung in der Neuauflage der Strategie die Reduktion von Infektionen an die erste Stelle setzt. Denn Prävention geht vor Behandlung. Nun müssen konkrete Handlungsstrategien für den Aktionsplan erarbeitet werden“, fordert BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Der BVMed-Fachbereich Nosokomiale Infektionen (FBNI) hat dazu im Vorfeld des Welt-Sepsis-Tages am 13. September und des Tages der Patientensicherheit am 17. September ein Positionspapier vorgelegt. Mehr
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Artikel06.09.2023
Der Fachbereich Nosokomiale Infektionen (FBNI) im BVMed begrüßt die Fortführung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2030) der Bundesregierung. Die Anstrengung aller relevanten Akteur:innen ist bei der Bekämpfung von Antimikrobiellen Resistenzen von Nöten. Die MedTech-Branche unterstützt durch bereits bestehende Technologien, die Entwicklung neuer Innovationen und auch im Vorhaben bei der Entwicklung von Präventionsvorhaben. Mehr
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Pressemitteilung17.08.2023
Welche sind die aktuellen Hygiene-Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum Umgang in der Versorgung? Wie wirken sie sich aus – praktisch, rechtlich und legislativ? Diesen Fragen widmet sich das 12. Hygieneforum des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) am 7. Dezember 2023. Weitere Themen aus dem Bereich Hygiene und Infektionsschutz werden die Nutzung von medizinischen Daten, die Bedeutung von Multiresistenten Erregern (MRE) und die Aufbereitung von Medizinprodukten sein. Programm und Anmeldung unter www.bvmed.de/hygieneforum23. Mehr
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Artikel27.03.2023
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Download24.03.2023
Positionspapier des BVMed-Fachbereichs "Nosokomiale Infektionen" (FBNI) | Stand: März 2023 Download
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Für bessere Hygiene und Infektionsschutz im Gesundheitssystem braucht es ein nachhaltiges Umdenken aller Beteiligten im täglichen Handeln. Das zeigten die Praxisbeispiele für einen besseren Infektionsschutz des 11. BVMed-Hygieneforums aus den Bereichen der Pflege, der Kliniken, der Forschung und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. „Wir müssen Entscheider und Anwender aus allen Bereichen zusammenbringen, um das Hygienethema voranzubringen, das Bewusstsein für die Bedeutung von Hygienemaßnahmen zu steigern und den Infektionsschutz zu verbessern“, so Daniela Piossek, Sprecherin des BVMed-Fachbereichs Nosokomiale Infektionen und Moderatorin des Hygieneforums. „Jeder hat das Recht, vor nosokomialen Infektionen geschützt zu werden“, fasste BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll die Herausforderung zusammen. An dem Hygieneforum nahmen vor Ort und virtuell über 400 Gäste vor allem aus dem Bereich der Pflege und Behörden teil. Mehr
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