Meilensteine der Medizintechnologie von 1874 bis heute

Eine Auswahl wichtiger Meilensteine der Medizintechnologie der letzten 150 Jahre.

1874
Erster keimfreier Wundverband

Sir Joseph Lister beschreibt mit der "Lister’schen Carbolgaze" erstmals ein Verfahren zur Herstellung eines keimabtötenden Wundverbands

1908
Erstes steriles chirurgisches Nahtmaterial (Katgut)

Beginn der Produktion des vom Kasseler Chirurgen Dr. Franz Kuhn entwickelten sterilen Katguts, also chirurgischem Nähmaterial, aus (Hammel-)Tierdarm

1922
Erstes Pflaster mit einer Mullauflage

Es kann damit erstmals für die Versorgung offener Wunden eingesetzt werden kann. Das Pflaster basiert auf dem bereits 1901 von Dr. Troplowitz erfundenen Zinkoxid-Pflaster Leukoplast.

1929
Erste künstliche Beatmung

Philip Dinker entwickelt mit der "Eisernen Lunge" eine Methode zur künstlichen Beatmung. Dabei bewegen Über- und Unterdruck in einer Metallkammer den Brustkorb des Patienten. So wird die Lunge mit Sauerstoff versorgt.

1945
Erste Dialyse-Behandlung

Das Trommeldialysegerät mit Zellophan-Schläuchen als Dialysemembran von Willem Kolff in Kampen (Niederlande) bringt den Durchbruch in der Nierenersatztherapie.

1949
Erste künstliche Augenlinse

Der britische Arzt Sir Nicholas H. L. Ridley setzt die erste künstliche Intraokularlinse ins Auge ein, als Ersatz für die durch den Grauen Star getrübte Linse.

1951
Erste Spritzenpumpe

Die erste Spritzenpumpe für eine dauerhafte Infusion kommt auf den Markt

1953
Erste OP am offenen Herzen

Durch die erste Herz-Lungen-Maschine ─ eine Verbindung aus einer Blutpumpe, die die Funktion des Herzens übernimmt, und einem Oxygenator, als Ersatz für die Lunge ─ ist es erstmals möglich, am offenen Herzen zu operieren.

1958
Erster Herzschrittmacher

Am 8. Oktober 1958 implantierten Rune Elmquist und Åke Senning in Stockholm den ersten komplett integrierten Herzschrittmacher. Sie öffneten dem Patienten den Brustkorb und nähten die Elektroden direkt auf den Herzmuskel.

1959
Erste Hüfttotal-Endoprothese

Sir John Charnley implantiert das Urmodell des modernen Hüftimplantats. Zunächst aus einem Metallkopf und einer Teflonpfanne bestehend, wurde das Teflon später durch Polyethylen ersetzt.

1961
Erste Herzschrittmacher-Implantation in Deutschland

Am 6. Oktober 1961 wurde durch Heinz-Joachim Sykosch in Düsseldorf der erste Herzschrittmacher in Deutschland implantiert.

1962
Moderne Wundversorgung

Dr. George D. Winter legt die Grundlagen für die hydroaktive Wundversorgung. Er beweist erstmals, dass Wunden im feuchten Milieu besser heilen.

1962
Erste flexible Venenverweilkanüle

Der Melsunger Arzt Bernd Braun entwickelt die erste flexible Venenverweilkanüle, die bis heute nach ihm benannte "Braunüle".

1962
Periphere Nervenstimulation (PNS)

Bereits 1962 implantierte Shelden erstmals einem Schmerzpatienten PNS-Elektroden. Die Stimulation der peripheren Nerven linderte seine Schmerzen vorrübergehend. Heute wird diese Methode bei chronischer Migräne verwendet.

1963
Erste „Transluminale Angioplastie“

Der US-amerikanische Radiologe Dr. Charles Dotter erreicht erstmalig mit der Behandlung eines Gefäßverschlusses am Bein eine vollständige Öffnung und geht somit in die Geschichte der Kathetertechnologie ein.

1965
Herzschrittmacher

Der 1965 entwickelte Herzschrittmacher stimulierte den Herzmuskel erstmals nur bei Bedarf.

1969
Erstes Kunstherz

Am 4. April 1969 setzt der Arzt Denton A. Cooley in Houston (USA) dem 47-jährigen Haskell Karp das erste Kunstherz/Herzunterstützungssystem) ein. Nach 65 Stunden wurde es durch ein natürliches Herz ersetzt.

1977
Erste Ballondilatation (PTCA)

Der deutsche Arzt Prof. Andreas Grüntzig führt die erste Ballon-Dehnung (PTCA) durch. Hier wird ein dünner Katheter in die Leistengegend eingeführt, bis zu den Engstellen in den Herzkranzgefäßen vorgeschoben und anschließend ein an der Katheterspitze installierter Ballon aufgeblasen. Unter dem Druck des Ballons werden die Engstellen aufgedehnt.

1977
Erste Implantation eines Mehrkanal Cochlea Implantates (CI)

am 16. Dezember 1977 in Wien durch Prof. Kurt Burian. Die technische Pionierarbeit wurde durch das Ehepaar Ingeborg und Erwin Hochmair an der Technischen Universität Wien geleistet. Das Implantat hatte 8 Kanäle, eine Stimulationsrate von 10.000 Impulsen pro Sekunde pro Kanal, 8 unabhängige Stromquellen und eine flexible Elektrode mit einer Einführtiefe von 22 bis 25 mm in die Cochlea.

1980
Defibrillator

Prof. Michel Mirowski setzte erfolgreich den ersten automatischen implantierbaren Defibrillator bei einem Menschen ein.

1984
Erstes Cochlea-Implantat in Deutschland

Prof. Ernst Lehnhardt setzt in Hannover das erste Hörimplantat in Deutschland ein. Es ermöglicht einem Gehörlosen, seine Umgebungsgeräusche wahrzunehmen und Sprache wieder zu verstehen.

1985
Erster klinischer Einsatz eines "Kunstherzen" am Patienten

Die Geschichte der Herzunterstützungssysteme (engl. Ventricular Assist Device = VAD) begann 1985 in Berlin-Charlottenburg, als erstmals ein linksventrikuläres Unterstützungssystem eingesetzt wurde. Ist das Herz so schwer geschädigt, dass die Organe nicht mehr versorgt werden, muss es unterstützt werden. Das VAD senkt die Arbeitslast des Herzens oder übernimmt sie vollständig und ermöglicht so, einen adäquaten Blutfluss und Blutdruck aufrecht zu erhalten.

1986
Erster selbstexpandierender Stent

In diesem Jahr setzten Jaques Puel und Ulrich Sigwart die ersten koronaren Stents in eine menschliche Koronararterie ein.

1988
Vagusnervstimulation bei Epilepsie

1988 wurde die Vagusnervstimulation zum ersten Mal bei einem Menschen eingesetzt. Dabei wird der Vagus-Nerv des Gehirns mittels zweier Elektroden im Halsbereich stimuliert. Die Vagusnerstimulation dient der Behandlung von Epilepsie.

1989
Erste Stent-Implantation mit Ballonkatheter

Dr. Richard Schatz und Dr. Julio Palmaz entwickeln ein neuartiges Stent-Design, das nicht mehr aus einem Draht, sondern aus einem geschlitzten Rohr hergestellt wird und so ballonexpandierbar ist.

1995
Zweikammerschrittmacher

Der Zweikammerschrittmacher mit nur einer Elektrode setzt sich durch. Dieser stimuliert Kammer und Vorhof nacheinander durch elektrische Impulse.

1996
Hochdruckimplantation

Die vom italienischen Kardiologen Prof. Antonio Colombo entwickelte sogenannte Hochdruckimplantation zeichnet sich durch eine erheblich reduzierte Komplikationsrate aus. Damit gelang der Durchbruch der Stents als etablierte Therapieform.

1998
Tiefe Hirnstimulation (THS) bei Parkinson

1998 wurde die Tiefe Hirnstimulation, auch Hirnschrittmacher genannt, zur Behandlung von Parkinsonpatienten zugelassen. Dabei werden zwei Elektroden am Gehirn befestigt und ein Impulsgenerator unter dem Schlüsselbein eingesetzt. Heute kann die THS auch zur Behandlung von schwerer Depressionen und Zwangsstörungen eingesetzt werden.

1999
Dreikammerschrittmacher

Der erste Dreikammerschrittmacher kam 1999 zum Einsatz. Er stimuliert die linke und die rechte Herzkammer sowie den rechten Vorhof.

2000
Erste Telekardiologie-Anwendung

Das erste drahtlose Home Monitoring System mit Mobilfunktechnologie wird implantiert. Es übermittelt wichtige Herzdaten über weite räumliche Distanz zwischen Arzt und Patient und erleichtert Diagnose und Behandlung.

2001
Defi-Weste schützt vor plötzlichem Herztod

FDA Zulassung der ersten, nicht invasiven, temporären Defibrillatorweste, entwickelt von Stephen Heilman

2002
Erste Medikament-freisetzende Stents (DES - Drug Eluting Stents)

Erstmaliger Einsatz einer neuen Stent-Generation, die durch Medikamentenfreigabe das übermäßige Wachstum der Gefäßwände verhindern und so einem Widerverschluss der Gefäße vorbeugen.

2002
Erster kathetergestützter Herzklappenersatz

Erste interventionelle, kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI), ein neuartiges Verfahren zur Behandlung von Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose

2009
Medikamentenfreisetzender Ballonkatheter (DEB – Drug Eluting Balloon)

Der medikamentenfreisetzende Ballonkatheter könnte einen Wandel in der Behandlung von Patienten mit Herzleiden einleiten, insbesondere bei Herzpatienten, bei denen der Einsatz eines Stents nicht möglich ist.

2010
Vagusnervstimulation bei Depression

Seit 2010 ist die Vagusnervstimulation in Europa auch bei schwer behandelbarer Depression zugelassen.

2011
Neurostimulation bei Migräne

2011 wird erstmals ein Neurostimulations-Verfahren bei medikamentös austherapierten Migräne-Patienten zugelassen.

2012
Bioresorbierbarer (sich selbst auflösender) Stent

Der Grundgedanke des bioresorbierbaren Stents ist, die Ader nur über den Zeitraum hinweg zu unterstützen, solange es klinisch notwendig ist. Nach einigen Wochen bis wenigen Monaten lösen sich die Stents vollständig im Körper des Patienten auf.

2014
Erster elektrodenfreier Herzschrittmacher,

der direkt in die Herzkammer eingesetzt wird ("Leadless Pacemaker")


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