Geschichte der Implantate und Prothesen

Bereits in der Zeit vom 6. bis zum 4. Jahrhundert vor Christus versuchten die Etrusker, verloren gegangene Zähne zu ersetzen. Auch an ägyptischen Mumien wurden schon erstaunliche "Ersatzteile" gefunden.

In ägyptischen Gräbern fand man die ältesten Prothesen der Menschheit, beispielsweise einen Holzzeh oder eine Zahnbrücke aus Gold, die einen abgebrochenen Backenzahn festhielt. Kunstvolle Zahnbrücken aus Gold trug man im Alten Rom. Primitiver waren dagegen die Zahnprothese aus Rinderknochen im 15. Jahrhundert. Aus Elfenbein und Flusspferdzähnen war die Unterkieferprothese von George Washington. Weltberühmt ist die eiserne Hand des Götz von Berlichingen, die sogar greifen konnte. 1530 eine technische Meisterleistung.

Über Jahrhunderte verblieben Prothesen außerhalb des menschlichen Körpers. Blutungen und Infektionen waren lange Zeit unbeherrschbar bei Operationen im Körper. Rudolf Virchows Zellenlehre verbesserte 1855 das Verständnis von gesunden und kranken Körperzellen. Der Berliner Chirurg Themistocles Gluck implantierte dann erstmals Knieprothesen aus Elfenbein 1890 im Körper. Mit Zement fixierte er sie an tuberkulös veränderten Knochen. Da in die Infektion hinein operiert wurde, scheiterte dieser Lösungsansatz allerdings.

Im ersten Weltkrieg verloren hunderttausende deutsche Soldaten Arme und Beine. Erstmals bemühte sich eine Kriegsfürsorge um die Rückführung der Versehrten ins Arbeitsleben. Dafür brauchte es gute Prothesen.

Der Berliner Chirurg Ferdinand Sauerbruch versuchte die Muskeln der Amputationsstümpfe für die Beweglichkeit einer Armprothese zu nutzen. Elfenbeinstifte übertrugen die Kräfte auf die erste aktive Prothese. Selbst feinste Bewegungen waren möglich. Doch nur wenige Versehrte konnten sich damals eine solche teure Prothese leisten. So halfen meist einfache Modelle, die Menschen wieder ins Arbeitsleben zu bringen.

Einen regelrechten Innovationsschub in der Medizintechnik gab es dann nach dem Zweiten Weltkrieg: Metallplatten bei Oberschenkelhalsfrakturen. Hüft- und Knieprothesen aus Titan. Seit den 60-er Jahren brachte man immer mehr Ersatzteile in den Körper. Sogar Schienen für eine durch Krebs geschädigte Wirbelsäule. 1958 wurde in Stockholm der erste Herzschrittmacher implantiert. Anfangs waren sie faustgroß. Heute leben hierzulande über 170.000 Menschen mit weitaus kleineren Implantaten.

Erste grobe Herzklappen wurden in den 60-er Jahren entwickelt. Pumpsysteme kommen seit Jahrzehnten vorübergehend bei massiver Herzschwäche zum Einsatz. Seit 2000 arbeitet die Medizin intensiv an Körperersatz aus menschlichen Zellen. 2004 gelang es erstmals an der Charite, dreidimensionales Knorpelgewebe zu züchten. Hauchdünne Knorpelscheiben fürs Knie. An der Universitätsklinik in Kiel züchteten Ärzte 2007 einen neuen Kiefernknochen. Passgenau in einem Titangitter aus körpereigenen Knochenzellen. Eingepflanzt in den Rücken. Der Mensch als Bioreaktor. Weltweit eine Sensation.

Quelle: rbb-Sendung OZON unterwegs vom 25. März 2013, Autorin: Maren Schibilsky


Spannende Einblicke in die Geschichte der Implantate gab die Ausstellung "Leben mit Ersatzteilen" des Deutsches Museums in München.

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