Neurostimulation
Mehr Präzision – weniger Nebenwirkungen: Neurophysiologen wollen Hirnschrittmacher bei Parkinson gezielter einsetzen
Tübingen, 03.03.2015|

© Medtronic
Lassen sich Zittern, langsame Bewegungen oder Muskelsteifheit bei Parkinson-Patienten im fortgeschrittenen Stadium auch mit Medikamenten nicht mehr kontrollieren, so kann die Tiefe Hirnstimulation (THS) helfen, diese Symptome zu lindern. Dabei mindern die Stromimpulse die unkontrollierten Bewegungen in 80 bis 90 Prozent der Fälle und führen zu einer besseren Beweglichkeit der Patienten. "Auch bei anderen neurologischen Bewegungsstörungen wie dem muskulären Schiefhals, sowie psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder dem Tourette-Syndrom konnte die Hirnstimulation erfolgreich eingesetzt werden", erklärt Prof. Dr. med. Alfons Schnitzler, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN). Die Technik des Schrittmachers könne sich schon bald deutlich verbessern, so der Ärztliche Leiter am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Bisher ist eine gleichmäßige Dauerstimulation durch den Schrittmacher üblich. "Ziel ist aber die Entwicklung eines adaptiven Schrittmachers, der die Stimulation an die Aktivität der kranken Nervenzellen anpasst und so eine bessere therapeutische Wirkung erzielt", erklärt der DGKN-Experte im Vorfeld der DGKN-Jahrestagung am 19. März 2015 in Tübingen. Das neue Modell gibt nicht nur Impulse ab, es misst gleichzeitig auch die Nervenzellaktivität.
Schnitzlers Arbeitsgruppe hat vor rund zwei Jahren gezeigt, dass das typische Zittern von Parkinson-Patienten durch eine fehlerhafte, aber nur zeitweise auftretende Nervenzellaktivität im Gehirn entsteht. Erst kürzlich hat eine Arbeitsgruppe der Universität Oxford bewiesen, dass eine auf krankhafte Hirnaktivität ausgerichtete Stimulation um zirka 30 Prozent besser wirkt als eine dauerhafte Stimulation. In einem Hauptvortrag der DGKN-Jahrestagung wird der Leiter der Oxforder Arbeitsgruppe, Professor Brown, über seine neuesten Erfahrungen mit dem Prototypen dieses adaptiven Hirnschrittmachers berichten.
Neurologen am Universitätsklinikum Würzburg entdeckten außerdem, dass kürzere elektrische Impulse der Schrittmacher von 30 statt 60 Mikrosekunden, die Wahrscheinlichkeit möglicher Nebenwirkungen senken können. "Bei manchen Patienten kann eine THS mit kürzeren Impulszeiten vorteilhaft sein", sagt Schnitzler. Dieser Befund könne unmittelbar in der Klinik angewendet werden.
Quelle: DGKN-Pressemeldung vom 3. März 2015
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In Deutschland leiden etwa 8 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen, also ein Zehntel der Gesamtbevölkerung. Viele gelten leider als austherapiert, bei ihnen haben selbst stärkste Schmerzmittel nur einen Effekt: unerwünschte Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Magenprobleme. Für all jene, bei denen der Dauerschmerz in den Nerven sitzt und nicht in den Muskeln oder den Knochen, gibt es aber Erlösung aus der Medizintechnologie. Nebenwirkungsfrei. Diabetes- und Angina Pectoris-Patienten, aber auch solche mit Phantom- oder Narbenschmerzen sollten Ihren Arzt auf die Möglichkeit der sogenannten Neurostimulation ansprechen. Und auch jene, die nach einem Schlaganfall zwar keine Schmerzen, aber Gehschwierigkeiten haben, können durch elektrische Impulse in die Nerven wieder zu hoher Lebensqualität gelangen.