Schlaganfall
Thrombektomie verlängert therapeutisches Fenster
Calgary, 30.09.2016|

In der Behandlung des Schlaganfalls ist Zeit der entscheidende Faktor. Dies zeigte sich bereits in den Studien zur Lysetherapie, bei der ein Enzym (in der Regel tPA) Blutgerinnsel in den Hirnarterien auflöst. Diese Therapie ist um so erfolgreicher, je früher sie begonnen wird. Die Leitlinien sehen heute ein therapeutisches Fester für die ersten viereinhalb Stunden nach Symptombeginn. Danach kommt die Behandlung für die meisten Patienten zu spät. Für die endovaskuläre Thrombektomie, bei der die Blutgerinnsel über einen Katheter mechanisch entfernt werden, war das therapeutische Fenster bisher nicht bekannt.
Ein Team um Michael Hill von der Universität Calgary hat deshalb die Ergebnisse der fünf randomisierten Studien, die in den letzten Jahren die Effektivität der endovaskulären Thrombektomie belegt haben, in einer Meta-Analyse zusammen ausgewertet. Die Datenbasis umfasst 1.287 Patienten, von denen die Hälfte mit einem „Stent-Retriever“ der zweiten Generation behandelt wurde. Bei den meisten Patienten war zuvor eine Lysetherapie begonnen worden.
Die endovaskuläre Thrombektomie konnte im Vergleich zur alleinigen Lysetherapie zwar die Überlebenschancen der Patienten nicht verbessern. Es konnten jedoch später mehr Patienten ohne Behinderungen aus der Klinik entlassen werden. Der mittlere Score auf der modifizierten Rankin-Skala verbesserte sich von 3,6 auf 2,9 Punkte. Die modifizierte Rankin-Skala (mRS) bewertet die Behinderungen nach einem Schlaganfall mit 0 (gesund) bis 9 Punkten (tot). Bei einem Wert von 0 bis 2 Punkten sind die Patienten allenfalls leicht behindert, und sie kommen im Alltag ohne fremde Hilfe aus.
Wie bei der Lysetherapie sind die Chancen auf eine Verbesserung um so größer, je früher die Thrombektomie erfolgt. Für die ersten drei Stunden nach Symptombeginn ermittelt Hill eine common Odds Ratio (cOR) von 2,79 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,96-3,98), also eine fast dreimal höhere Chance auf eine geringere Behinderung. Die absolute Risikodifferenz (ARD) betrug 39,2 Prozent. Sechs Stunden nach Symptombeginn beträgt die cOR noch 1,98 (1,30-3,00; ARD: 30,2 Prozent). Nach acht Stunden sind es noch 1,57 und die Vorteile gegenüber einer alleinigen Lysetherapie waren bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,86 bis 2,88 nicht mehr signifikant. Das Ende des therapeutischen Fensters war in den Berechnungen von Hill nach 7 Stunden und 18 Minuten erreicht.
Quelle: Bericht des Deutschen Ärzteblattes Online vom 29. September 2016