Schmerztherapien

Rückenmarkstimulation bei Chronischen Schmerzen

Chronische Schmerzen betreffen jeden fünften Erwachsenen und beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich. Die Gründe für chronische Schmerzen können ganz unterschiedlich sein. In vielen Fällen bleiben die Schmerzen trotz aller Bemühungen bestehen. Da der Schmerz über die elektrischen Nervenimpulse entlang des Rückenmarks transportiert wird, liegt der Schlüssel zur Schmerzbehandlung im Eingriff in den Impulsfluss des Nervensystems. Mit der Rückenmarkstimulation kann die moderne Medizintechnik hier eine wirksame Linderung bewirken.

Ursachen und Arten von chronischen Schmerzen

Chronische Schmerzen sind kontinuierliche, langfristige Schmerzen, die länger als 6 Monate anhalten oder Schmerzen, die länger andauern, als üblicherweise für die Heilung einer Verletzung oder Erkrankung anzunehmen. Es kann verschiedene Ursachen für chronische Schmerzen geben. Sie können die Folge einer Erkrankung oder Verletzung sein, die eigentlich ausgeheilt ist. Sie können sich aber auch ohne offensichtlichen Grund entwickeln. Man nimmt an, dass Veränderungen im Nervensystem dafür verantwortlich sind.

Häufige Arten chronischer Schmerzen sind
  • Rückenschmerzen
  • Beinschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Arthritis
  • Krebsschmerzen
  • Nervenschmerzen

In Europa sind Rückenschmerzen die am häufigsten genannte Form chronischer Schmerzen.

Auswirkungen auf die Patienten

Chronische Schmerzen beeinflussen die Lebensqualität stark. Sie bringen körperliche Behinderungen mit sich, führen zu einer Einschränkung der Sozialkontakte und verringern Energie und Vitalität. Die Aktivitäten des täglichen Lebens werden immer beschwerlicher, insbesondere wenn die Schmerzen stark sind. Wegen der Schmerzen können viele Patienten ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen.

Es kann sich verheerend auswirken, wenn Menschen über einen langen Zeitraum unter Schmerzen leiden. Viele Patienten neigen zu Depressionen oder Medikamentenabhängigkeit, was wiederum eine zusätzliche Belastung für das Gesundheitssystem darstellt.

Rückenmarkstimulation als Behandlungsmöglichkeit

Die Rückenmarkstimulation (SCS) ist eine minimal invasive Therapiemöglichkeit für Patienten mit chronischen Schmerzen, bei denen Medikamente oder andere Behandlungsansätze keine Wirkung gezeigt haben. SCS wurde erstmals 1967 eingesetzt und ist eine reversible Methode zur Behandlung chronischer Schmerzen, die schon bei über 350.000 Patienten weltweit eingesetzt wurde.

Die häufigsten klinischen Indikationen für eine SCS-Therapie umfassen:
  • Failed-Back-Surgery-Syndrome (FBSS): Ein Oberbegriff für anhaltende Schmerzen im unteren Rücken und den Beinen, die auch nach Wirbelsäulenoperationen oder anderen Interventionen wie Rückenmarkmanipulation oder Nervenblockaden zur Linderung neurologischer Defizite nicht behoben werden können.
  • Complexes regionales Schmerzsyndrom ("Complex Regional Pain Syndrome" (CRPS)): Ein meist durch Traumata verursachtes Syndrom, das in verschiedenen Formen auftreten kann und sich in brennenden Schmerzen, Erhöhte Empfindlichkeit der Sinnesorgane, vor allem Kälte-, Hitze- und Schmerzempfindlichkeit der Haut (Hyperästhesie), Schwellung, Übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose) und trophischen Änderungen der Haut und der Knochen in den betroffenen Bereichen äußern kann.
  • Periphere Neuropathie: jegliche Erkrankung/Störung des peripheren Nervensystems.

Bei der Rückenmarkstimulation wird ein batteriebetriebener "implantierbarer Impulsgenerator" (IPG) unter die Haut implantiert - für gewöhnlich am Bauch, oberhalb des Gesäßes oder unter dem Schlüsselbein. Vom IPG gehen eine oder mehrere Elektroden aus, die die Nervenfasern im Rückenmark stimulieren. Eine Änderung der Stromstärke und anderer Parameter der Stimulation, die über die Elektroden verabreicht wird, kann zu einer Schmerzlinderung führen. Die elektrischen Impulse überlagern das Schmerzsignal durch ein leichtes Kribbeln, das man Parästhesie nennt. Die neueste Gerätegeneration bieten die Möglichkeit, dass der Patient die Parästhesien nicht spürt.

Die verschiedenen Programme erlauben es den Patienten, das Gerät auf Schmerzen unterschiedlicher Art oder diverse Lebenslagen (Sitzen, Liegen) zu verschiedenen Tageszeiten einzustellen.

Ein SCS System besteht aus folgenden Komponenten:

  • Der Stimulator: Der “Motor” des gesamten Systems, da er die elektrischen Impulse erzeugt. MRT fähige Geräte ermöglichen unter spezifischen Bedienungen auch Ganzkörper-MRT-Scans. Der Arzt und Patient entscheiden je nach Krankheitsbild und Lebensweise, welches Gerät verwendet werden sollte.
  • Die Elektroden: Die „Impulsübermittler“, sind kleine Metalldrähte mit diversen Kontakten, Längen und Breiten. Hier entscheidet der Arzt u.a. aufgrund des Schmerzbildes sowie anatomischer Gegebenheiten, welche Elektrodenkonfiguration zum Einsatz kommt.
  • Die kabellose Fernbedienung: Über die Fernbedienung erhält der Patient die Möglichkeit das System an- und abzuschalten, Programme zu wechseln (z.B. je nach körperlicher Aktivität) und die Stimulation entsprechend anzupassen (intensivieren oder reduzieren).
  • Das Ladegerät: Bei wieder-aufladbaren Stimulatoren ist noch ein Ladegerät notwendig, damit das System kontinuierlich aufgeladen und eine dauerhafte Stimulation ermöglicht wird. Hierzu gibt es eine Basisstation und ein schnurloses Ladegerät. In der Basisstation wird das mobile Ladegerät aufgeladen. Mit dem aufgeladenen mobilen Ladegerät kann dann der implantierte Akku wieder aufgeladen werden (Induktion). Dazu wird das Ladegerät über die Implantationsstelle gehalten. Um das Ladegerät zu befestigen, kann entweder ein Pflaster oder der mitgelieferte Gurt benutzt werden. Da das Ladegerät leicht und kabellos ist, kann es bequem und einfach aufgeladen werden, ohne das tägliche Leben zu beeinträchtigen.

Studienlage

In zwei randomisierten Kontrollstudien wurde die Wirksamkeit der Rückenmarkstimulation mit der anderer Schmerzbehandlungsmethoden, wie der Behandlung mit konventionellen Medikamenten und wiederholten Wirbelsäulenoperationen, verglichen.

Eine 2005 veröffentlichte Studie belegte die Hypothese der Herausgeber, dass Behandlungserfolge bei der Rückenmarkstimulation nach Messung mittels Standardschmerzskalen und Analyse der Resultate wahrscheinlicher sind als bei wiederholten Wirbelsäulenoperationen. Es wurde festgestellt, dass die Rückenmarkstimulation bei ausgewählten Patienten mit Failed-Back-Surgery-Syndrom (FBSS) deutlich mehr Behandlungserfolge erzielt als wiederholte Operationen.

In einer anderen, im Jahre 2008 veröffentlichten Studie wurde die Wirksamkeit der Rückenmarkstimulation in Kombination mit konventioneller Medikamententherapie bei Patienten mit FBSS mit der Wirksamkeit konventioneller Medikamententherapie allein verglichen. In der Studie zeigte sich, dass ausgewählte Patienten nach 24 Monaten der Behandlung mit SCS-Therapie angaben, Schmerzlinderung, klinisch bedeutsame Verbesserungen der funktionalen Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität zu verspüren sowie mit der Behandlung zufrieden zu sein.

Vorteile für die Patienten

Patienten, die eine SCS-Therapie erhalten, können davon ausgehen, weniger Schmerzen zu empfinden. Der Grad an Schmerzlinderung durch die SCS-Therapie ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Einige Patienten sind anschließend völlig schmerzfrei, andere erleben eine beträchtliche Linderung ihrer Schmerzen.

Hier finden Sie ein Magazin zum Thema "Neurostimulation".

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