Akute und chronische Schmerzen

Medizintechnik in der Schmerztherapie

Schmerzen sind ein Alarmsignal des Körpers und haben zunächst einmal eine wichtige Signal- und Schutzfunktion, um auf Verletzungen und akute Störungen rasch reagieren zu können. Akute Schmerzen treten beispielsweise bei Schnittwunden, Prellungen, Knochenbrüchen, Entzündungen, Verbrennungen und auch direkt nach chirurgischen Operationen auf.

Auch chronischer Schmerz kann die Folge einer Gewebeverletzung sein. Von chronischem Schmerz reden Ärzte, wenn dieser mindestens drei bis sechs Monate besteht und den Patienten körperlich (Mobilität, Beweglichkeit), psychisch-kognitiv (Stimmungen, Denken) und sozial (Beruf, Beziehungen) beeinflusst. Chronische Schmerzen haben ihre Warnfunktion verloren und führen stattdessen in erster Linie zu einer erheblichen Verminderung der Lebensqualität, der Befindlichkeit und der Stimmung sowie zur Beeinträchtigung der sozialen Kontakte.

Wo entsteht Schmerz?

Schmerz entsteht im Gehirn im somatosensorischen Cortex. Die Informationen hierzu werden von spezialisierten Nervenzellen, den Nozizeptoren, registriert, die überall im Körper verteilt sind. Die Sensoren dieser Rezeptoren sind sowohl auf mechanische und thermische Reize als auch auf chemische Reize z. B. durch Verletzungen oder Entzündungen spezialisiert. Zu den chemischen Botenstoffen gehört auch das Serotonin, welches beim chronischen Schmerz im Gehirn vermindert ist. Serotonin beeinflusst sowohl die Schmerzempfindung als auch den Schlaf und die emotionale Stimmung. Bei chronischen Schmerzpatienten kann schon der Gedanke an schmerzauslösende Faktoren zu einem verstärkten Schmerzempfinden führen. Der Schmerz hat sich im sogenannten Schmerzgedächtnis eingebrannt.


Laut Deutscher Schmerzliga leiden derzeit etwa 12 bis 15 Millionen Menschen in Deutschland an chronischen, länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen. Ein Drittel dieser Patienten, etwa fünf Millionen, sind stark beeinträchtigt. Der Weg zur richtigen Schmerztherapie dauert Studien zufolge in Deutschland mehr als vier Jahre, oft sogar bis zu 10 Jahre. Eine Odyssee und ein langer Leidensweg für Patienten, auch häufig verbunden mit entsprechenden psychischen Folgen wie Depressionen.

Welches sind die häufigsten Schmerzen?

Neben den oben erwähnten nozizeptiven Schmerzen als Folge einer Verletzung von Körpergewebe unterscheiden Experten Neuropathische Schmerzen durch eine Verletzung oder ein Problem mit den Nerven selbst. Diese Schmerzen werden häufig durch eine Verletzung oder Operation ausgelöst.
Die häufigsten Schmerzen sind Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Rheuma, Tumorschmerzen und Nervenschmerzen, also neuropathische Schmerzen.

Schmerztherapie ist so komplex wie der Schmerz selbst

Das Ausschalten von Schmerzen als Schmerztherapie wird in der Medizin als Analgesie bezeichnet. Dieses kann entweder durch Verringerung oder Unterbrechung der Erregungsleitung oder durch Gabe von Medikamenten geschehen. Die Therapie chronischer Schmerzen ist dabei sehr komplex und immer individuell. Die integrierte und koordinierte Schmerztherapie ist eine noch junge Disziplin. Schmerztherapeuten arbeiten hier interdisziplinär mit Psychologen, Physio- und Sporttherapeuten zusammen. Auch die Schmerztherapie in Kliniken ist vielschichtig.

Denn: Schmerzen können in unterschiedlicher Intensität auftreten und Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Daher passen Experten die Therapie der Schmerzform an. Nervenschmerzen werden meist mit anderen Medikamenten behandelt als Tumor- oder Gelenkschmerzen. Ein erheblicher und schwieriger Faktor ist außerdem, dass das individuelle Schmerzempfinden immer subjektiv bleibt. Die richtige Morphinmenge im Rahmen der medikamentösen Therapie zu ermitteln ist daher schwierig. Bei sedierten oder Koma-Patienten wird dies zusätzlich erschwert. Und gerade intensivmedizinische Therapiemaßnahmen sind zumeist mit erheblichen Schmerzen verbunden.

Laut Deutscher Schmerzliga ist die mangelnde Aus- und Weiterbildung von Ärzten und Therapeuten in der Schmerztherapie das größte Hindernis einer effizienten Behandlung. Außerdem sind nicht alle Möglichkeiten der modernen Schmerzmedizin Bestandteil der Leistungsverzeichnisse für gesetzlich versicherte Patienten. Auch organisatorische Hemmnisse oder fehlende Einrichtungen in der Schmerztherapie werden genannt.

Medizintechnik in der Schmerztherapie

Neben medikamentösen Therapieverfahren ermöglicht die Medizintechnik heute für akute und chronische Schmerzformen physikalische und apparative Therapiemaßnahmen, wie Mittelfrequenz-Stromapplikationen, Interferenz-Stromapplikationen sowie TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation)-Anwendungen. Darüber hinaus gibt es implantierbare Schmerzpumpen, die das Schmerzmittel intrathekal also in das, das Rückenmark umgebende Hirnwasser, applizieren. Dadurch gelangt das Medikament direkt an den Wirkort, wodurch das Auftreten von Nebenwirkungen deutlich reduziert wird. Außerdem werden bei bestimmten chronischen Schmerzensyndromen der Extremitäten, zu implantierbare Rückenmarkstimuatoren eingesetzt, die durch geringe elektrische Reize die Schmerzen dämpfen. Der genaue Mechanismus der Schmerzdämpfung ist unbekannt.

Der "Medtech Radar" Nummer 4 vom September 2014 bietet mehr Informationen sowie eine Fallstudie zum Thema moderne Schmerztherapien.

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