Venöse Zugänge

Ambulante intravenöse Therapien – Der unkomplizierte Weg vom Krankenhaus nach Hause

Gastbeitrag von Frauke Schlimbach, GHD GesundHeits GmbH Deutschland

Intravenöse Therapien (i.v. Therapien) erfolgen in Deutschland noch immer zum großen Teil im stationären Umfeld. Doch auch in diesem Versorgungsfeld können Behandlungen weitestgehend ambulant durchgeführt werden, um den Patienten die Versorgung in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung zu ermöglichen. Hierzu gehören:

  • Antiinfektiva Therapien mittels Antibiotika, Virostatika und Antimykotika
  • Parenterale Ernährung bei z. B. onkologischen Erkrankungen oder bei chronischem Darmversagen
  • PCA-Schmerztherapie (auch subkutan und peridural möglich) im Schwerpunkt bei onkologischen Patienten
  • Weitere i.v. Arzneimitteltherapien, die delegationsfähig von Ärzten an Fachpflegepersonal übertragbar sind – ausgeschlossen sind hier z. B. das Anhängen von Chemotherapien oder Erythrozyt Konzentraten (Blutkonserven)

Essenziell für die ambulanten und explizit im häuslichen Umfeld (nicht in einer Arztpraxis) durchgeführten i.v. Therapien ist ein eingespieltes Netzwerk aus zuweisenden Kliniken, verordnenden Ärzten, Homecare-Managern, Patienten und deren Angehörige – bei Bedarf auch aus auf diesem Gebiet routinierten Pflegediensten bzw. -einrichtungen. Pharmazeutische Hersteller, Oecotrophologen, Apotheken sowie eine professionelle Logistik (bspw. für Kühllieferungen) erweitern das Netzwerk aus fachübergreifenden Kompetenzen.

Um die unkomplizierte Versorgung mit i.v. Therapien im häuslichen Umfeld der Patienten unter Einbeziehung der o. g. Beteiligten sicherzustellen, sollte der Erstkontakt zwischen den Homecare-Managern und Patienten bereits in der Klinik erfolgen – Vorrausetzung ist das Einverständnis der Patienten und eine Delegation der verordnenden Ärzte.

Die Versorgung muss direkt nach der geplanten Entlassung bei den Patienten im häuslichen Umfeld erfolgen. Hierfür müssen sämtliche benötigte Arznei- und Hilfsmittel vor Ort sein – die Homecare-Manager erhalten hierzu von den verordnenden Ärzten einen unterschriebenen Therapieplan sowie die entsprechenden Rezepte, um die Therapie schnellstmöglich in die Wege leiten zu können. Neben einer ausführlichen Schulung zur Selbst- oder Angehörigenversorgung erhalten die Patienten Notdienstnummern – vor allem im Falle eines technischen Defekts sowie Informationen bzgl. Rezeptmanagement, geplanten weiteren Lieferterminen und Verlaufsbesuchen durch die Homecare-Manager – ergänzend Patienteninformationen und schriftliche Anleitungen.

Im Rahmen des Erstkontakts (möglichst bereits in der Klinik) erfolgt die umfassende Dokumentation durch die Homecare-Manager, um – unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs der Patienten – der Kliniktherapie in der häuslichen Umgebung gerecht zu werden. Exemplarisch ist eine Applikation über Nacht bei parenteraler Ernährung, damit sich der Patient tagsüber mobil und aktiv bewegen kann. Auch die Herstellung von Medikamentenreservoiren in der PCA-Schmerztherapie, die je nach Stabilitätsdaten und Arzneimittel nur alle 3 Tage ausgewechselt wird, ist möglich. Die Befüllungen dieser Reservoire werden durch GMP-Leitlinien (Die gute Praxis bei der Herstellung von Arzneimitteln) sichergestellt.

Bei den ambulanten Antiinfektivatherapien werden nach diesen Leitlinien auch die Elastomerpumpen befüllt. Im Rahmen dieser Therapieform werden Patienten und/oder Angehörige durch die Homecare-Manager, wenn möglich, für eine Selbstversorgung ausgebildet.

Die Selbstversorgung ist ebenfalls bei der parenteralen Ernährung eine Versorgungsmöglichkeit in der häuslichen Umgebung, jedoch nicht für alle Patienten umsetzbar, da dies abhängig von Diagnose und Allgemeinzustand, aber auch von der Bereitschaft an dieser Art der Versorgung mitzuwirken. Insbesondere bei dieser Therapie müssen Hygiene-Leitlinien und der Umgang mit dem jeweiligen Hilfsmittel erlernt werden. Das gelingt nur durch umfassende Schulungen und „Umsetzungsprüfungen“ bei Verlaufsbesuchen durch die betreuenden Homecare-Manager, die eine Verlaufsdokumentation erstellen und an das betreuende Netzwerk weitergeben. Bei der parenteralen Ernährung werden u. a. Gewichtsverlauf, Allgemeinzustand, Verträglichkeit der Therapie, Befund i.v. Zugang, Daten der BIA Messung, Zusammenfassung von ernährungsrelevanten Labordaten und die aktuelle orale Nahrungsaufnahme in der Verlaufsdokumentation erfasst.

Die Applikation der einzelnen i.v. Therapien erfolgt über handliche Multitherapiepumpen, mit denen verschiedene Therapiemodule möglich sind oder durch Elastomerpumpen, die das Arzneimittel über eine bestimmte Laufzeit sicher appliziert.

Mit den Multitherapiepumpen können Applikationen zeitverzögert gestartet werden – durch eine KVO Rate (keep vein open) wird eine Okklusion des i.v. Katheters verhindert. Multitherapiepumpen melden ebenfalls Okklusionen, Luftalarme oder das Leerlaufen von Arzneimittel-Reservoiren. Bei der PCA-Schmerztherapie können Patienten selbstständig Bolusgaben abrufen, aber auch nicht erfüllte Bolusgaben (innerhalb von programmierten Sperrfristen) werden dokumentiert und sind wichtig zur Therapieanpassung.

Die Handhabung der sich immer weiterentwickelnden Hilfsmitteltechnik setzt entsprechende Qualifikationen der Homecare-Manager voraus. Um eine adäquate, professionelle Versorgung in der häuslichen Umgebung auf einem beständig hohen und aktuellen Level halten zu können, bedarf es für alle Beteiligte regelmäßiger Aus-, Fort- und Weiterbildungen.

Aktuell können Pflegedienste nur Behandlungspflege abrechnen, beim An- und Abschluss von parenteraler Ernährung, die wöchentliche Portpunktion, das Wechseln von PCA-Schmerz-Reservoiren und der An- und Abschluss von Antiinfektiva-Lösungen ist nicht vertraglich geregelt und für Pflegedienste nicht vergütungsfähig. Das gleiche gilt für weitere Kurzinfusionen, wie z. B. die Gabe von erforderlichen Elektrolyten. Hier muss der Gemeinsame Bundesausschuss nachbessern und es muss unterschieden werden zwischen einer direkten i.v. Medikamentengabe und einer Kurzinfusionen mit Medikamenten. In anderen Europäischen Ländern ist dies bereits gut geregelt und ambulant vor stationär vollumfänglich umgesetzt.

In Deutschland müssen z. B. SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) Pflegedienste bei der PCA-Schmerztherapie mit eingebunden werden damit hier nicht Angehörige oder Homecare-Provider, die Dienstleitung des Reservoir-Wechsel oder die Portpunktion „kostenfrei“ übernehmen müssen (nach ärztlicher Delegation). Je nach Wohngebiet ist dies nicht immer möglich. Bei der Antiinfektiva-Therapie müssen Angehörige oder der Patient selbst, nach Schulungen von Homecare-Managern, den An- und Abschluss der Therapie übernehmen.

Mit einem funktionierenden Netzwerk aus fachübergreifenden Kompetenzen, entsprechenden Qualifikationen und regelmäßigen Fortbildungen aller Beteiligten, kann die häusliche Versorgung auch mit intravenösen Therapien zu einer Entlastung der stationären Einrichtungen – vor allem in Krisenzeiten, wie der Corona-Pandemie – beitragen.


Frauke Schlimbach
ist Fachbereichsmanagerin parenterale Ernährung, Onkologie und Schmerztherapie bei der Firma GHD GesundHeits GmbH Deutschland

Kontaktdaten zum Autor:
Mobile: +49 173 2353009
f.schlimbach@gesundheitsgmbh.de
  • Unterschiede der venösen Zugänge

  • Der periphere Venenkatheter (pVK)

    Der pVK wird von Pflegekräften oder ärztlichem Personal am Handrücken oder am Unterarm platziert und bietet eine sehr schnelle Möglichkeit, eine Infusion zu verabreichen. Patienten erhalten häufig bereits bei der Aufnahme im Krankenhaus einen pVK, dieser verbleibt einige Stunden bis mehrere Tage. Weiterlesen

  • Der zentrale Venenkatheter (ZVK)

    Die Anlage eines zentralvenösen Zugangs (ZVKs) erfolgt überwiegend durch Anästhesisten. Der Anlageort ist meistens die Halsvene; auch die Schlüsselbeinvene, selten die Anlage in der Leiste. Der Katheter liegt am Hals oder am Körperstamm, wo er meist festgenäht werden muss oder über eine Halteplatte fixiert wird. Die Verweildauer beträgt bis zu 30 Tagen. Weiterlesen

  • Der Midline-Katheter

    Der Midline-Katheter ist ein Gefäßzugang, der wie der PICC ebenfalls am Oberarm eingeführt wird, jedoch eine Länge zwischen 6 und maximal 25 cm hat. Midline-Katheter sind eine adäquate Alternative zu peripheren Venenkathetern. Sie werden häufig bei Patienten eingesetzt, die eine Infusionstherapie von ein bis sechs Wochen benötigen oder bei Patienten mit schwierigen Venenverhältnissen. Weiterlesen

  • Der Hickman- oder Broviac-Katheter

    Die Implantation der Hickman- oder Broviac-Katheter erfolgt wie beim Port im OP. Der Katheter wird vom Brustbereich zur Schlüsselbeinvene eine längere Strecke im Unterhautfettgewebe der Haut und dort in die Vene eingelegt. Häufig werden Kinder mit diesem Kathetertyp versorgt, da aufgrund der Dacron-Manschette ein versehentliches Herausziehen des Katheters verhindert wird. Die Patienten können ihre Infusionen entweder stationär oder ambulant erhalten. Die Liegedauer der Katheter beträgt mehr als 30 Tage. Weiterlesen

  • Peripher insertierte zentralvenöse Katheter (PICCs - Peripherally Inserted Central venous Catheter)

    Der PICC wird i.d.R. im OP meist über eine Vene am Oberarm eingeführt und bis zum Übergang von oberer Hohlvene zum rechten Herzvorhof vorgeschoben. Empfohlen werden PICCs bei Therapien, die mehr als 30 Tagen andauern. Im Vergleich zum Port haben PICC eine kürzere Liegezeit. Patienten mit einem PICC können wie Patienten mit einem Port ihre Infusionstherapie ambulant bekommen. Weiterlesen

  • Der Port-Katheter

    Die Implantation des Ports wird ambulant oder stationär im OP überwiegend durch Chirurgen oder interventionelle Radiologen vorgenommen. Die Implantation kann auch in einer Tagesklinik erfolgen. Mögliche Zugänge für den zum Port gehörenden Katheter sind meist Venen im Schulter-Thorax-Bereich. Es können aber auch Venen an der Innenseite des Oberarms punktiert werden. Weiterlesen


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