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 - Wiederverwendung Rechtslage bleibt in Europa uneinheitlich – Vertane Chance für mehr Patientensicherheit Konferenz zur Wiederverwendung von Medizinprodukten

"Wir sind auch nach dem Kompromiss zur neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung noch weit von dem Ziel entfernt, das Thema Wiederverwendung von Medizinprodukten europaweit einheitlich zu regeln". Dieses Fazit zog BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt nach der MedInform-Konferenz "Wiederverwendung von Medizinprodukten – Die neuen Anforderungen aus der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)" am 14. September 2016 in Düsseldorf mit rund 60 Teilnehmern. MedInform ist der Informations- und Seminarservice des BVMed. Im Mai 2016 hatte es eine politische Einigung zur MDR gegeben. Der Kompromisstext muss nun noch vom Rat und dem Europäischen Parlament beschlossen werden und kann dann Anfang 2017 in Kraft treten und nach einer Übergangsfrist Anfang 2020 gelten.

Eine Reihe von Hygienevorfällen in deutschen Krankenhäusern hätte gezeigt, wie wichtig die Qualität der Aufbereitung von Medizinprodukten für die Patientensicherheit ist, so die Experten der Konferenz. Die MDR habe hier eine Chance vertan, waren sich Peter Schröer vom Hersteller Johnson & Johnson und Dr. Gerhard Sontheimer vom Aufbereiter Vanguard einig. Denn ursprünglich war geplant, Aufbereiter wie Hersteller zu behandeln. In dem Kompromisstext gibt es nun Spielräume für nationale Ausnahmen – beispielsweise für Krankenhäuser. Das Bundesgesundheitsministerium hätte sich eine umfassendere Regelung gewünscht, die nicht nur auf die Aufbereitung von Einmalprodukten fokussiert. Ziel sei es gewesen, die bewährte Praxis in Deutschland weiterzuführen, so Ministeriumsexpertin Dr. Katrin Westphal. Dieses Ziel sei erreicht worden. In Deutschland gibt es mit den KRINKO-BfArM-Empfehlungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten zudem sehr detaillierte Vorgaben an validierte Aufbereitungsprozesse.

PressemeldungDüsseldorf, 15.09.2016, 71/16

© www.bvmed.de Dr. Katrin Westphal vom Referat Medizinprodukterecht des Bundesgesundheitsministeriums sprach von "schwierigen und langwierigen Verhandlungen" zum Artikel 15 der EU-Medizinprodukte-Verordnung, der die Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten regelt. Da eine Verordnung im Gegensatz zur Richtlinie direkt in den Mitgliedsstaaten gelte und die Interessenslagen der Mitgliedsstaaten sehr heterogen seien, habe der Kompromiss Jahre benötigt. Ziel sei es gewesen, "ein einheitliches Sicherheitsniveau in Europa zu schaffen", so Westphal. Das deutsche Ministerium habe sich für eine umfassende Regelung eingesetzt, die nicht zwischen Einmal- und Mehrfachprodukten unterscheidet, da die bisherigen Hygienevorfälle nicht Einmalprodukte betrafen, sondern wiederverwendbare Medizinprodukte. Da diese Position nicht mehrheitsfähig war, setzte sich Deutschland bei den Verhandlungen dafür ein, die in Deutschland bewährte Praxis beibehalten zu können. Für die Aufbereitung von Medizinprodukten zur weiteren Verwendung innerhalb der Gesundheitseinrichtung wurde die uneingeschränkte Übernahme der Herstelleranforderungen vom deutschen Ministerium abgelehnt. Dieses Verhandlungsziel wurde teilweise erreicht, da der Kompromiss Ausnahmemöglichkeiten für Gesundheitseinrichtungen und deren Dienstleister regelt. Voraussetzungen dafür sind ein Risikomanagement, die Validierung des Aufbereitungsverfahrens, die Produktfreigabe und Leistungsprüfung, ein Qualitätsmanagementsystem, die Meldung von Vorkommnissen sowie die Rückverfolgbarkeit aufbereiteter Produkte. Diese "gemeinsamen Spezifikationen" werden in Form eines Durchführungsrechtsakts ausgestaltet. Das deutsche Gesundheitsministerium bringt die Anforderungen der KRINKO-BfArM-Empfehlung dort ein. Sie regelt je nach Risikoklasse unterschiedliche Anforderungen an die Aufbereitung. Nationale Regelungen zur Aufbereitung können weiterhin schärfer ausgestaltet werden – bis hin zu einem Verbot der Aufbereitung von Einmalprodukten.

Peter Schröer, Senior Director Regulatory Affairs, Policy and Innovation bei Johnson & Johnson Medical, stellte einführend die Situation in den USA dar. Dort gebe es bereits eine "Herstellerfiktion". Das bedeutet, dass in den USA jeder Aufbereiter zum Hersteller wird. Das sei auch sinnvoll, "weil die Aufbereitung heute ein sehr komplexer Prozess ist", so Schröer. Johnson & Johnson betreibe daher in den USA auch ein Aufbereitungsunternehmen. In Europa finde die Aufbereitung in einem weitestgehend unregulierten Umfeld statt. In Frankreich gibt es seit dem Jahr 2001 ein Verbot der Aufbereitung von Einmalprodukten. In Großbritannien dürfen Medizinprodukte der Klasse I nicht aufbereitet werden. In Deutschland wird die Aufbereitung von Einmalprodukten geduldet, wenn die Anforderungen aus der KRINKO-BfArM-Empfehlung erfüllt werden. Da diese auf die Aspekte der Hygiene fokussiert, sind hier aber beispielsweise keine Regelungen über den Austausch von Ersatzteilen oder Umprogrammierungen zu finden, wie sie in der Praxis vorkommen. Schröer: "Die Aufbereitung von Medizinprodukten ist definitiv ein Herstellungsprozess. Dazu gehört beispielsweise auch die Software-Validierung." Die neue EU-Regulierung sieht strenge Regelungen, aber auch eine große Autonomie der Mitgliedsstaaten vor. Die Aufbereitung von Einmalprodukten ist grundsätzlich verboten, kann aber von nationalem Recht erlaubt werden. Die Spezifikationen für den Aufbereitungsprozess sollen innerhalb der nächsten drei Jahre im Detail erarbeitet werden. Das neue EU-Recht sieht auch einen vollständigen Transfer der Produkthaftung vom Hersteller zum Aufbereiter vor, was Schröer aus Industriesicht sehr begrüßt.

Die Aufbereitung von Medizinprodukten aus Krankenhaussicht beleuchtete Marc Schreiner, Leiter des Bereichs EU-Politik und Internationale Beziehungen bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Nach dem Kompromisstext zu Einmalprodukten ist die Aufbereitung von "single-use" Medizinprodukten grundsätzlich zulässig, muss aber im nationalen Recht geregelt sein. Bei den nationalen Regelungen erwartet Schreiner in Deutschland eine Ausnahme für die Krankenhäuser, als Aufbereiter nicht mit den Herstellerpflichten wie einem Konformitätsbewertungsverfahren, der Marktüberwachung und der Rückverfolgbarkeit konfrontiert zu werden. Eine nationale Regelung könnte auch Ausnahmen für externe Unternehmen vorsehen, die die Produkte an die auftraggebende Einrichtung zurückgeben. Nach den neuen EU-Regelungen ergebe sich für Krankenhäuser ein deutlich erhöhter Dokumentationsaufwand. Die ebenfalls geforderte öffentliche Erklärung, welche Produkte aufbereitet werden, hält Schreiner für "schwierig". Nach Einschätzung der DKG werden die Bedingungen der Aufbereitung erschwert, auch wenn die Aufbereitung von Einmalprodukten weiterhin grundsätzlich möglich bleibt. Nun komme es auf die "Umsetzung" in Deutschland an. Schreiner plädierte an das deutsche Gesundheitsministerium, die Auslegungsspielräume zu nutzen.

Einen Überblick über die industrielle Aufbereitung von Medizinprodukten gab Dr. Gerhard M. Sontheimer, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Aufbereiters Vanguard. Vanguard sei Marktführer in Europa mit einer eigenen Entwicklungskompetenz, einem etablierten zertifizierten Qualitätsmanagementsystem und einer Zertifizierung als Hersteller für "als neu aufbereitete Medizinprodukte". Vanguard hat mehr als 1.000 Kunden, neben Universitätskliniken und Krankenhäusern auch Arztpraxen. Außer in Deutschland mit seiner Sonderlösung werden Aufbereiter überall wie Hersteller betrachtet. Die Aufbereitung umfasse alle Tätigkeiten, die für die Wiederverwendung von Medizinprodukten notwendig seien: von der Sammlung und dem Transport über Zerlegung, Reinigung und Desinfektion, Prüfung und Verpackung bis zur Sterilisation. Die aufbereiteten Produkte seien damit "äquivalent" zum Originalprodukt, so Sontheimer. Bislang habe Vanguard über 34.000 Produkte auf Aufbereitung untersucht, aber nur 4.700 Verfahren validiert. Der bei weitem größte Markt für die Aufbereitung von Einmalprodukten seien die USA. Auch dort werden die Aufbereiter wie Hersteller behandelt. Wiederaufbereitete Produkte werden wie Neuprodukte behandelt. Die Wiederaufbereiter müssen alle Anforderungen an Hersteller erfüllen – plus "data and labelling requirements". Fast die gesamte Aufbereitung erfolge heute in den USA durch regulierte industrielle Drittanbieter. Vorfälle seien "extrem selten" und nicht häufiger als bei Originalprodukten, so der Vanguard-Geschäftsführer. Die vorgesehene Regelung in der EU-Medizinprodukte-Verordnung nannte Sontheimer daher "eine vertane Chance", aber sie sei "besser als keine Regulierung". Problematisch sei auch die Zertifizierung der Aufbereitung von Einmalprodukten durch Benannte Stellen. Sontheimer sprach hier von einem "Zertifizierungsnotstand", da nur wenige Benannte Stellen eine Zulassungsberechtigung hätten und die Verfahren zu lange dauern.

Alexander Behring, Manager Customer Quality bei Ethicon Endo-Surgery, erläuterte anhand praktischer Produktbeispiele die Entwicklung hoch komplexer Einmalprodukte. Die erste laparoskopische Blinddarmentfernung fand 1980 durch den Gynäkologen Kurt Semm statt. Seit den 1990er-Jahren hat die Anzahl komplexerer Operationen durch laparoskopische Eingriffe deutlich zugenommen. Solche komplexeren Operationen benötigen auch komplexere Instrumente, beispielsweise Ultraschall-Skalpelle, spezielle Scheren oder Stapler. Diese Instrumente sind jedoch schwieriger zu reinigen und zu sterilisieren. Zudem verändern "Ersatzteile" die Charakteristika der Instrumente, so Behring. Aufbereitung war aus Einsparungsgesichtspunkten schon immer ein Thema in deutschen Krankenhäusern. Wenn komplexere Instrumente wie Klammernahtgeräte oder Ablationskatheter aufbereitet werden, könne dies aber zu Lasten der Patientensicherheit gehen. "Hier stößt aufgrund des Risikos die Aufbereitung an ihre Grenzen."

Prof. Dr. Hans-Martin Seipp von der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen beleuchtete die Risiken und die Potenziale der Medizinprodukte-Aufbereitung und verwies auf die Hygienevorfälle der letzten Jahre in deutschen Krankenhäusern. Nach der KRINKO-BfArM-Empfehlung müsse die Aufbereitung sicherstellen, "dass von dem aufbereiteten Medizinprodukt bei der folgenden Anwendung keine Gefahr von Gesundheitsschäden" ausgehe. Das betreffe beispielsweise Infektionen oder veränderte technisch-funktionelle Eigenschaften des Medizinproduktes. Die Gewährleistung der technisch-funktionellen Sicherheit eines aufbereiteten Medizinproduktes obliegt dem Betreiber. Dabei darf es nicht zu Kontaminationen mit gesundheitsschädlichen Substanzen oder Partikeln kommen. Seipp plädierte dafür, das Problem der Partikel ernst zu nehmen. Von Partikeln gehe auch bei sterilisierten Produkten ein Risiko aus, da sie beispielsweise vermehrt zu Adhäsionen führen, also zu Verwachsungen und Verklebungen im Bauchinnenraum. Großes Potenzial gebe es bei der Optimierung der Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDG) in den Krankenhäusern. Hierzu laufe in Fulda derzeit ein Projekt, um Wasserrückstände zu minimieren und die Trocknungsprozesse zu beschleunigen.

Dr. Gerhard Kirmse, Director Quality Management After Sales Technical Support bei der Aesculap AG, ging auf die Pflichten der Hersteller bei der Aufbereitung von Mehrwegprodukten ein. In den Herstellerangaben stellt der Hersteller einen validierten Prozess für die Aufbereitung von Mehrwegprodukten dar. Im Klinik-Prozess müsse ebenfalls ein validierter Prozess etabliert werden, wobei die Validierungsmethoden auf beiden Seiten unterschiedlich seien, so Kirmse. "Validieren" ist dabei ein dokumentiertes Verfahren, "das sicherstellt, dass ein Prozess ständig Ergebnisse liefert, die den vorgegebenen Spezifikationen entsprechen". Die Herstellerinformationen für den Kunden enthalten unter anderem Angaben zu Indikation, Anwendung, Demontage, Wiederaufbereitung und Wartung. Bei der Zusammenstellung der technischen Dokumentation eines Produkts wird geprüft, welche Verfahren der Aufbereitung in welchen Grenzen möglich oder nötig sind. Zur Produktentwicklung gehören eine Material- und Bauteiltestung und die Validierung mit internen Untersuchungen und externen Prüflaboren. Weitere Bestandteile der Produktentwicklung sind die Biokompatibilitätsprüfung und die Risikoanalyse im Rahmen des Risikomanagements. In Deutschland und anderen Ländern seien die üblichen Verfahren für die Reinigung, die Sterilisation oder die Desinfektion unterschiedlich. Hier wäre eine internationale Vereinheitlichung der Kriterien wünschenswert.

Hinweis an die Medien: Druckfähige Bilder zur Konferenz können unter www.bvmed.de/bildergalerien heruntergeladen werden.

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