Medizinprodukteverordnung

BVMed-Vorsitzender Lugan mahnt bessere Unterstützung bei der Implementierung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) an

BVMed-Mitgliederversammlung in Berlin

Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed), Dr. Meinrad Lugan, hat eine verlässliche und pragmatische Unterstützung der überwiegend kleinen und mittelständischen Medizinprodukte-Unternehmen durch die Politik bei der Umsetzung der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) angemahnt. Die derzeitige Nichtumsetzbarkeit der MDR werde schmerzhafte Auswirkungen auf die mittelständische Struktur der MedTech-Branche haben und Defizite bei der Patientenversorgung mit Medizinprodukten auslösen, sagte Lugan auf der BVMed-Mitgliederversammlung am 4. April 2019 in Berlin. Deshalb müsse der Gesetzgeber handeln und Lösungen entwickeln.

Denn: Rund ein Jahr vor dem Geltungsbeginn im Mai 2020 habe die Branche noch immer mit zahlreichen Großbaustellen zu kämpfen, so Lugan:

  • Von den für die MDR notwendigen Rechtsakten ist bislang nur einer beschlossen. Er betrifft die Produktgruppen, nach denen sich die Benannten Stellen richten.
  • Bei den Benannten Stellen sieht die Situation ähnlich problematisch aus. Von den aktuell 57 Benannten Stellen haben erst 38 einen Antrag auf Neubenennung für die MDR eingereicht. Davon sind bislang 25 auditiert worden. Erst eine einzige Neubenennung ist abgeschlossen. Dabei handelt es sich um die britische Stelle BSI in London.
  • Zudem gehen alle Experten davon aus, dass die Datenbank EUDAMED nicht rechtzeitig funktionstüchtig sein wird.

Auf bundespolitischer Ebene lobte der BVMed-Vorsitzende die Bemühungen von Gesundheitsminister Jens Spahn, die Methoden-Bewertungsverfahren der Selbstverwaltung zu vereinfachen und zu beschleunigen. So seien in einem ersten Schritt die MedTech-Erprobungsverfahren nach den Paragrafen 137 e und h SGB V vereinfacht worden. Die neuen gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass die MedTech-Unternehmen nun Erprobungsstudien auf eigene Kosten selbst beauftragen können – nach dem richtigen Prinzip: "wer bestellt, der bezahlt". Die vom G-BA sehr restriktiv ausgelegte "Potenzialprüfung" wird vom Gesetzgeber mit dem TSVG wieder abgeschafft.

Verbesserungen gibt es aus BVMed-Sicht auch bei der Antragstellung für "Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" im stationären Bereich, kurz: NUB. Die Krankenhäuser müssen bei ihren NUB-Anträgen zu neuen medizintechnischen Verfahren künftig das Einvernehmen mit dem betroffenen MedTech-Unternehmen herstellen. Lugan: "Die Regelungen sind gut. Aber es muss weitergehen. Wir brauchen weitere Schritte zur beschleunigten Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss."

Ein weiterer positiver Schritt sei die Abschaffung von Ausschreibungen im Hilfsmittelbereich. Das TSVG stellt gesetzlich klar, dass Hilfsmittelverträge durch echte Vertragsverhandlungen zustande kommen müssen.
"Open House"-Verträge, bei denen Krankenkassen die Konditionen für Versorgung und Vergütung vorgeben, sind damit im Hilfsmittelbereich explizit ausgeschlossen. "Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg für eine qualitätsgesicherte Hilfsmittelversorgung", so Lugan.

Sorgen bereitet der Branche dagegen die Legaldefinition für Verbandmittel, die im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) vorgesehen ist. Die Formulierung im Kabinettsentwurf würde dazu führen, dass beispielsweise bestimmte antimikrobiell wirksame Wundversorgungsprodukte künftig nicht mehr ohne aufwendige Nachweise erstattungsfähig wären. Der Bundesrat spricht sich auf der anderen Seite dafür aus, die geplante Neuregelung der Verbandmittel-Definition im GSAV ganz zu streichen. Lugan: "Wir müssen eine bessere Versorgung der Menschen mit chronischen Wunden sicherstellen."

Ein weiteres wichtiges Branchenthema ist die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehene Fortführung des "Strategieprozesses Medizintechnik". Der BVMed-Vorstandsvorsitzende mahnte hier den zeitnahen Neustart eines strukturierten und ressortübergreifenden Strategieprozesses für die MedTech-Branche an. "Die Zeit drängt. Wir benötigen verlässliche politische Vorgaben für die Akteure im Gesundheitsmarkt – für die MedTech-Unternehmen wie für die Start-ups", sagte Lugan auf der BVMed-Mitgliederversammlung.

Der BVMed-Vorsitzende betonte, dass die MedTech-Branche sehr innovativ sei und sehr kurze Produktzyklen habe. Rund ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die deutschen Medizintechnikhersteller mit Produkten, die nicht älter als 3 Jahre sind. Im Durchschnitt investieren die forschenden MedTech-Unternehmen rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Lugan: "Deshalb ist für uns eine zusammenhängende, abgestimmte Innovationspolitik zwischen Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitsressort von großer Bedeutung, um die Innovationskraft der MedTech-Branche zu erhalten."
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