Medizinprodukteverordnung

CDU-Europaabgeordneter Dr. Peter Liese: "Verhandlungen zur Medizinprodukte-Verordnung sind auf der Zielgeraden"

Die Verhandlungen über die europäische Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation, MDR) sind nach Ansicht des CDU-Europaabgeordneten Dr. Peter Liese "auf der Zielgeraden". Er rechnet mit einer Einigung "in den nächsten Wochen", so dass die neuen Verordnungen für Medizinprodukte und Diagnostika "bis Sommer 2016 stehen". Bei grundsätzlichen Fragen herrsche Einigung, es gehe nur noch um Details, so Liese auf einem Pressegespräch am 16. Februar 2016 in Berlin, an dem der BVMed teilnahm. Die Verhandlungsrunden unter der niederländischen Präsidentschaft nannte Liese "zielgerichtet und konstruktiv".

Ziel der EVP-Fraktion, der Liese angehört, sei es, "den Patientenschutz deutlich zu verbessern, aber gleichzeitig keine überflüssige Bürokratie insbesondere für den Mittelstand zu schaffen." Man habe sich für die Beibehaltung des bisherigen Medizinprodukte-Zulassungssystems entschieden, da eine staatliche Zulassung keine Skandale ausschließen könne und der Staat nicht über die notwendigen Personalstellen verfüge.

Der CDU-Europaabgeordnete forderte "dringend klare Regeln, um Skandale wie bei Brustimplantaten zukünftig zu vermeiden". Liese hob dabei folgende Maßnahmen hervor:
  • strengere Kontrolle der Benannten Stellen
  • obligatorische Überprüfung der Produkte nach Inverkehrbringen – ganz wichtig: unangekündigte Kontrollen
  • Einführung eines Implantatepasses
  • besonderes Überwachungsverfahren für Medizinprodukte hoher Klasse (Scrutiny)

Es sei nicht mehr die Frage, "ob" das Scrutiny-Verfahren komme, sondern "wie". Der Rat wolle das Zulassungsverfahren (Konformitätsbewertung) für alle Klasse III-Medizinprodukte generell zusätzlich überprüfen lassen. Das Parlament wolle bestimmte Klasse IIb-Produkte wie Infusionspumpen einbeziehen, die zusätzliche Prüfung aber nur "anlassbezogen" durchführen. Man sei aber auf einem guten Weg, um einen Kompromiss zu finden, so Liese.

Uneinigkeit gebe es beispielsweise noch bei der Frage der Aufbereitung von Medizinprodukten, berichtet der CDU-Europaabgeordnete. Der Rat wolle OP-Instrumente, die aufbereitet werden, höhergruppieren. Das Parlament wolle dagegen lieber die Krankenhäuser und ihre Aufbereitungspraxis besser überwachen. Dies sei auch die deutsche Regierungsposition.

Der BVMed weist in der Debatte um die europäische Medizinprodukte-Verordnung darauf hin, dass in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Maßnahmen zur besseren Kontrolle der Zulassungsstellen und der Hersteller umgesetzt wurden, die in der Praxis greifen. "Weitere Verbesserungen für ein europaweit einheitliches Zulassungs- und Sicherheitsniveau und eine bessere Nachverfolgbarkeit von Medizinprodukten sollten im bestehenden System vorangetrieben werden", sagte BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. Zusätzliche Bürokratie sei nur dann gerechtfertigt, wenn damit nachweisbar die Patientensicherheit verbessert werde. Ein Gebot der Politik sei es auch, den Mittelstand, Basis deutscher Medizintechnik, vor überflüssiger Regulierung zu schützen, sonst heiße es irgendwann: "Mehr geht nicht". Hintergrundinformationen des BVMed zur Sicherheit von Medizinprodukten sind unter www.bvmed.de/medizinprodukte abrufbar.

Der BVMed plädiert dafür, bei der aktuell diskutierten Überarbeitung des europäischen Rechtsrahmens für Medizinprodukte die spezifischen Besonderheiten der Medizinproduktebranche zu berücksichtigen. Dazu gehören die Heterogenität der Produkte, die kurzen Innovationszyklen und eine andere Wirkweise als bei Arzneimitteln. Die geforderte Einführung eines zusätzlichen bürokratischen Bewertungsprozesses ("Scrutiny-Verfahren") für Produkte mit hohem Risiko bei der Anwendung lehnt der BVMed daher ab, da dies nicht die Patientensicherheit erhöhe und den Zugang der Patienten zum medizintechnischen Fortschritt weiter verzögere.

Das Fazit des BVMed: "Bei Medizinprodukten gibt es kein Regelungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. Wichtig ist eine hohe Kompetenz vor Ort in allen Mitgliedstaaten bei der Zulassung und Überwachung. Daher sind bessere Kontrollen durch die Benannten Stellen und die zuständigen Aufsichtsbehörden bei Herstellern und im Markt sinnvoll."
  • Weitere Artikel zum Thema
  • Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach fordert Überarbeitung der MDR: Freistaat muss auch in Zukunft wichtiger Standort für Unternehmen der Medizintechnik bleiben

    Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach fordert eine Überarbeitung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Gerlach betonte am Mittwoch anlässlich ihres Besuchs beim Unternehmen Medtronic in Weißling bei München: „Bayern, Deutschland und Europa müssen auch künftig für medizintechnische Unternehmen attraktiv bleiben. Deshalb ist es wichtig, dass die europäische Verordnung zu Medizinprodukten besser wird. Derzeit ist vieles überbürokratisch – das führt zu Innovationshemmnissen.“ Mehr

  • BVMed zur MDR-Debatte im EU-Parlament: „Lösungen so schnell wie möglich vorantreiben“

    Der BVMed hat die klaren Aussagen in der heutigen Debatte des Europäischen Parlaments (EP) zu notwendigen Verbesserungen der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) begrüßt. „Die EP-Debatte zeigt überdeutlich die Erkenntnis der Parlamentarier:innen, dass die MDR über das Ziel hinausgeschossen ist und dringend nachgebessert werden muss. Auch die Unterstützung des Vorschlags, die Rezertifizierung von Bestandsprodukten abzuschaffen, ist ein gutes Signal. Nach den EP-Wahlen im Juni müssen die Lösungen so schnell wie möglich vorangetrieben werden“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Mehr

  • MdB Grau beim BVMed: „Krankenhausreform wird kommen“ / Ambulantisierungspotenzial besser ausschöpfen

    Der Berichterstatter der Grünen-Bundestagsfraktion für Krankenhauspolitik, Prof. Dr. Armin Grau, ist optimistisch, „die Krankenhausreform trotz der Widerstände hinzubekommen“. Seine Prognose: „Wir werden eine Krankenhausreform bekommen, weil wir sie ganz dringend benötigen.“ Der aktuelle Plan des Gesundheitsministers, ein zustimmungsfreies Gesetz vorzubereiten, sei eine durchaus erfolgversprechende Option, sagte Grau auf dem Gesprächskreis Gesundheit des BVMed. Bei der für die MedTech-Branche wichtigen Thema der Prozeduren mit hohen variablen Sachkosten gab sich der Krankenhauspolitiker zuversichtlich. Dieses Problem werde durch eine angemessene Betrachtung der variablen Sachkosten gelöst. Mehr


©1999 - 2024 BVMed e.V., Berlin – Portal für Medizintechnik