Qualitätsmanagement
Der Qualitätshüter
Teil 4 der BVMed-Reportagenserie "Von der Idee zum Patienten" - Aesculap: Dr. Johannes Möller
Berlin, 17.12.2015|

Als Professor hat sich Johannes Möller jahrelang intensiv mit Qualitätssicherung beschäftigt. Seit kurzem hat der Gesundheitsökonom in dem Medizintechnik-Unternehmen Aesculap den Posten des obersten Qualitätsmanagers übernommen: er überwacht, dass nur hochwertige und sichere Produkte beim Patienten ankommen.

© Aesculap
Bei Aesculap – einer Tochter des traditionsreichen Medizintechnik-Herstellers B. Braun Melsungen – werden weltweit mehr als 30.000 Artikel hergestellt – chirurgische Instrumente gehören ebenso dazu wie Implantate für Kniegelenke oder Hüften. Am Stammsitz im schwäbischen Städtchen Tuttlingen, wo Aesculap im Jahr 1867 gegründet wurde, arbeiten mehr als 3.500 Menschen der insgesamt knapp 11.500 Mitarbeiter. Allein im „Werk Implantate“ werden beispielsweise mehr als 8.500 unterschiedliche Artikel gefertigt.
Diese Vielzahl an Produkten erfordert ein reibungsloses Räderwerk an qualitätsgesicherten Prozessen – sowohl intern als auch extern. „Aesculap ist ein komplexes Unternehmen“, bringt es Möller auf den Punkt. Damit hier alles rund läuft, müssen Qualitätsstandards eingehalten und Abläufe zukunftsgerichtet gestaltet werden. Genau für diesen Aspekt – das sogenannte Qualitätsmanagement, abgekürzt QM – ist der promovierte Volkswirt seit Juni 2015 in Tuttlingen zuständig. Gemeinsam mit seinem Team von 50 Mitarbeitern muss der oberste Qualitätsmanager sicherstellen, dass aus den Werkhallen des Medizintechnik-Herstellers und in Absprache mit rund 4.000 Zulieferern nur hochwertige und sichere Produkte den Weg zum Patienten finden.
Regelmäßige Überprüfungen

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Bei seinem Job kommt dem gebürtigen Heidelberger zugute, dass er schon lange im Qualitätsmanagement zuhause ist – in Fachkreisen gilt Möller als ausgewiesener Experte für Gesundheitsökonomie. Sein Weg nach Tuttlingen verlief über viele unterschiedliche Etappen: Er kennt die Wirtschaft ebenso wie die EU-Administration und das Hochschulleben, zuletzt war er Professor und Dekan der Gesundheitswissenschaften in Hamburg. „Nach all den Jahren der Theorie war es endlich wieder Zeit für die Praxis“, freut sich der zweifache Familienvater über die neue Aufgabe. Für ihn sind Audits, Kontrollen und Reklamationen auch kein notwendiges Übel. „Wir bleiben dadurch in Übung und entdecken gleichzeitig jede Menge Verbesserungspotenzial in unseren Abläufen. Eine Beschwerde ist ein Angebot des Kunden, im Geschäft zu bleiben – gewissermaßen unsere zweite Chance.“
Für Möller bedeuten die ständigen Überprüfungen vor allem eines: auf viele Fragen eine gute Antwort wissen. Ist diese Maschine validiert? Wo kann man das nachlesen? Nach welcher Zeichnung geht ein Mitarbeiter im Werk vor? Aber auch: Wie kann man Abläufe ohne Qualitätseinbußen vereinfachen? Wie lässt sich der Ausschuss in der Fertigung eindämmen? Wichtiges Arbeitsmaterial für Qualitätsmanager sind daher Ordner, Listen, Tabellen und Übersichten.
Knieimplantate: ausgiebiger Härtetest im Prüflabor

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Johannes Möller lässt es sich nicht nehmen, hier öfter mal vorbeizuschauen. Ein Testlauf ist gerade in vollem Gange. Es klackt und zischt. Die Maschine haben Aesculap Ingenieure um Thomas Grupp gemeinsam mit Kollegen der Firma Endolab gebaut. „Mit ihr lässt sich der Verschleiß von Knieimplantaten lebensecht nachstellen“, ist Möller begeistert. Mehrere Kunstknie mit ihren Gleitflächen aus PE-Kunststoff sind mit hellen Tüten umwickelt. Sie sind mit Kälberserum gefüllt, das die Gelenkflüssigkeit imitiert.
Das Besondere: Der Simulator kann fünf Gangmuster hintereinander ablaufen lassen, vom Treppensteigen über die tiefe Hocke bis zum Hinsetzen. In einem Dauerbelastungs-Testlauf wird ein Implantat-Prototyp hier mit fünf Millionen Bewegungszyklen getestet, was am Stück bis zu 13 Wochen dauert. Es entspricht einer Belastung durch einen Patienten von zweieinhalb Jahren. Mit den Daten aus der Verschleißmaschine lässt sich ermitteln, wie sich das Kunststoffmaterial im Ersatzgelenk abnutzt. „Unsere Ingenieure testen damit permanent deutlich ausgiebiger als gesetzlich gefordert“, betont der QM-Experte. Dies kommt am Ende den Patienten zugute. „Wir können auf diese Weise neue Forschungserkenntnisse schnell einfließen lassen und beteiligen uns daran, branchenweite Normen und Standards zu verbessern“, betont Möller.
Reklamationen: Impulsgeber für Verbesserungen

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QM der neuesten Generation
Möllers wichtigstes Projekt derzeit trägt das Kürzel QM 2.0. „Durch die Ausrichtung aller Vorgänge auf das Wesentliche wollen wir das Qualitätsmanagement bei Aesculap für die Zukunft fit machen“, formuliert er das Ziel. Denn nicht nur seitens der Behörden steigen die Anforderungen, externe Kontrollen sollen zum Beispiel künftig immer häufiger und außerdem unangekündigt stattfinden. Auch in den Kliniken, bei den Krankenkassen und den Patienten sei das Qualitätsbewusstsein enorm gewachsen. Darauf will man bei Aesculap gut vorbereitet sein. „Es geht mir um ein stärker serviceorientiertes QM“, sagt Möller, „weg von Checklisten hin zum Mit- und Vorausdenken.“
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