Gesundheitspolitik

BVMed: Regelung zur Nutzenbewertung von Medizintechnologien "wird den besonderen Anforderungen nicht gerecht"

Referentenentwurf zum GKV-VSG

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) zeigt in 13 Punkten auf, warum die MedTech-Unternehmen die im Referentenentwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) vorgesehene zusätzliche Regelung zur Nutzenbewertung von Medizintechnologien ablehnen. Zudem seien die bestehenden Regelungen zur Bewertung und Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (§§ 135, 137c und 137e SGB V) ausreichend, um dem Nutzenaspekt und seinem Nachweis gerecht zu werden, so der BVMed in einer ausführlichen Stellungnahme zur Anhörung zum Referentenentwurf am 11. November 2014. Die Stellungnahme kann unter www.bvmed.de/bvmed-vsg-referentenentwurf abgerufen werden.

Nach Ansicht des BVMed könnten zusätzliche Nutzenstudien für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit hohem Risikopotential dazu beitragen, "wichtige Erkenntnisse aus dem Versorgungsalltag zu gewinnen und damit die Behandlungsqualität für Patienten weiter zu verbessern". Eine solche Regelung müsse aber den schnellen und flächendeckenden Zugang zu Innovationen unter Beibehaltung der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt im stationären Sektor sicherstellen. Erforderlich sei zudem eine klare Fokussierung der Bewertung auf Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die neu und mit hohem Risikopotential verbunden sind. Eine entsprechende Regelung müsse den Besonderheiten von Medizinprodukten Rechnung tragen und gewährleisten, dass entsprechende Methodenbewertungsverfahren des G-BA nach einem transparenten Prozess ablaufen und schnellstmöglich abgeschlossen werden.

Besonderheiten der MedTech-Branche berücksichtigen

Zu den Besonderheiten der Medizinprodukte-Branche zählt der BVMed die Heterogenität der Produkte, deren kurze Innovationszyklen sowie die grundsätzlich andere Wirkweise im Vergleich zu Arzneimitteln. "Dabei muss berücksichtigt werden, dass ein Medizinprodukt im Rahmen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode zur Anwendung kommt und insofern dem Aspekt der Anwenderqualifikation – anders als bei Arzneimitteln – erhebliche Bedeutung auch im Hinblick auf die Ergebnisqualität zukommt", heißt es in der BVMed-Stellungnahme. Der im Referentenentwurf vorgesehene neue Paragraph § 137h SGB V werde diesen besonderen Anforderungen nicht gerecht.

Entgegen der klaren Intention des Gesetzes werde das Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt für eine bestimmte Gruppe von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten aufgehoben, kritisiert der BVMed. Zudem sei die unterschiedslose Einstufung aller Produkte der Klassen IIb und III als Hochrisikoprodukte sachfremd und werde dem Ziel nicht gerecht, nur Methoden mit hohem Gefährdungspotential zu erfassen. Der BVMed schlägt stattdessen eine Fokussierung auf Methoden vor, bei denen "die konkrete und bestimmungsgemäße Art der Verwendung zu einer unmittelbaren lebensbedrohlichen Schädigung wichtiger Organfunktionen, insbesondere des zentralen Nervensystems, des zentralen Herz-Kreislaufsystems oder des Bewegungsapparats führen kann". An der vorgesehenen neuen Regelung bemängelt der BVMed zudem, dass die betroffenen Hersteller unzureichend in die Verfahren eingebunden und beteiligt sind.

Eigene Nutzenbewertungs-Methodik für Medizinprodukte

Nach Ansicht des BVMed gehe aus den vorgesehenen gesetzlichen Regelungen nicht hervor, "wie der Nutzen von Methoden in Zusammenhang mit der Verwendung von Medizinprodukten zu definieren und zu belegen ist". Die maßgeblichen Nutzenkriterien müssten vom Gesetzgeber vorgegeben werden und dürften nicht der Selbstverwaltung überlassen werden. Zur Bewertung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten müssten "spezifische wissenschaftliche Leitlinien" entwickelt werden. Dazu heißt es in der BVMed-Stellungnahme:

"Die Übertragung der bei Arzneimitteln etablierten Bewertungs- und Untersuchungsmethoden auf Medizinprodukte ist nicht möglich. Welches Studiendesign jeweils zum Nutzennachweis zu fordern ist, lässt sich aufgrund der großen Vielfalt der Medizintechnologien nicht pauschal regeln. Dies muss durch neu entwickelte wissenschaftliche Leitlinien festgelegt werden. Für eine sachgerechte, transparente und praktikable Nutzenbewertung sollten dabei alle Untersuchungen, die eine hohe Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Versorgungsrealität gewährleisten, Berücksichtigung finden. Dazu gehören unter anderem randomisierte kontrollierte Studien, Fall- und Beobachtungsstudien, Erkenntnisse aus Routine- und Abrechnungsdaten sowie Register."
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