Medizinproduktegesetz - MPG

BVMed-Hilfsmittelforum auf der Rehacare: "Trotz verbesserter Rahmenbedingungen bestehen die strukturellen Schwächen in der Hilfsmittelversorgung weiter fort"

Die gesetzlichen Regelungen der Gesundheitsreform aus dem Jahr 2009 (GKV-OrgWG) haben die größten Unsicherheiten der 2007 eingeführten Ausschreibungen im Hilfsmittelbereich weitgehend ausgeräumt. Mittlerweile haben die Beteiligten gute Wege gefunden, die Hilfsmittelversorgung unter den neuen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. "Der große Aufschrei ist ausgeblieben", so das Fazit der Referenten des Hilfsmittelforums des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe) auf der Fachmesse Rehacare Ende September 2013 in Düsseldorf. Trotz verbesserter Rahmenbedingungen bestehen strukturelle Schwächen in der Hilfsmittelversorgung aber weiter fort. Deshalb seien eine ständige Weiterentwicklung beispielsweise des Präqualifizierungsverfahrens und ein konsequenter Bürokratieabbau notwendig, so Daniela Piossek, Hilfsmittelexpertin des BVMed.

Carla Grienberger, Leiterin des Referats Hilfsmittel beim GKV-Spitzenverband, stellte den aktuellen Stand der Umsetzung der Präqualifizierung dar. Sie informierte über Regelungsbedarf, strukturelle Schwierigkeiten und Lösungsansätze, etwa hinsichtlich der Bestandsschutzregelung oder der Überwachung der Präqualifizierung. Frau Grienberger gab Auskunft über die Weiterentwicklung der Kriterien zur Präqualifizierung, deren Versorgungsbereiche erweitert und deren Anforderungen teilweise technisch korrigiert wurden. Darüber hinaus bekräftigte sie die Vorfahrt des Berufsrechts vor dem Leistungserbringungsrecht und betonte – mit Ausnahme bestimmter Versorgungsbereiche – die Ablauffrist der Bestandsschutzregelungen zum 31.12.2013.

Rechtsanwalt Peter Hartmann informierte über das Entlassmanagement nach dem Versorgungsstrukturgesetz. Er plädierte für die stärkere Verzahnung der Leistungen der am Entlass- und Versorgungsmanagement beteiligten Akteure und betonte die steigende Bedeutung entsprechender Netzwerke, bestehend etwa aus Homecare-Anbietern, Sanitätshäusern und Pflegediensten. Diese könnten nur koordiniert "ein vollständiges Versorgungsangebot aus einer Hand" anbieten. Bestehende Bedenken, dass eine solche Zusammenarbeit gegen das Zuwendungsverbot des § 128 SGB V oder gegen das Wahlrecht des Patienten verstoße, räumte er juristisch aus. Zusammenfassend hielt Hartmann fest, dass in der Umsetzung zwar bislang kein Königsweg bestehe, zahlreiche Leistungserbringer jedoch bereits heute viele Aufgaben im Bereich Versorgungs- und Entlassmanagement übernähmen und daher prädestiniert seien, derlei Netzwerke zu steuern.

Dr. Andrea Mischker und Andrea Krogmann von der Krankenkasse BIG gaben in ihrem Beitrag Einblicke in den Alltag einer Krankenkasse nach den letzten Gesundheitsreformen. Gemeinsam beleuchteten sie die massiven Veränderungen in der Gesetzgebung und berichteten von der angepassten BIG-Hilfsmittel-Strategie. Diese fußt im Besonderen auf der Stärkung des Modus der Direktabrechnung und der eKV-Bearbeitung, der elektronischen Bearbeitung der Kostenvoranschläge. Nach dem Motto "Gemeinsam statt einsam" stärkt die BIG außerdem die Kooperation mit Geschäftspartnern und strebt Kooperationen mit weiteren Krankenkassen an. Trotz der unternommenen Anstrengungen formulierten die Krankenkassenvertreter auch Forderungen an die Politik: Diese müsse etwa die Hilfsmittelberatung gesetzlich verankern, Fortbildungsverpflichtungen in die Präqualifizierung einführen sowie widerrechtliche angenommene Verordnungen sanktionieren.

Die Rechtsanwältin Bettina Hertkorn-Ketterer zog ein juristisches Resümee der Gesetzgebungsaktivitäten im Hilfsmittelbereich. Sie analysierte die wesentlichen Stellschrauben der letzten Gesundheitsreformen. Ihr Fazit: "Die Baustellen aus dem GKV-WSG wurden durch das GKV-OrgWG geschlossen. Der Gesetzgeber, die Kassen und die Leistungserbringerverbände haben grundsätzlich ihren Job gemacht. Der große Aufschrei ist ausgeblieben." Dennoch bestünden viele offene Fragen und Probleme im Rahmen der detaillierten Umsetzung. Dies gelte u.a. in Bezug auf die Anforderungen der Präqualifizierung, die die alten Zulassungsbedingungen verschärften sowie auf die fehlende Definition zu Fortbildungserfordernissen bzw. zusätzlichen Leistungen. Für den Versicherten gelte aber: Der Versorgungsanspruch hinsichtlich Lieferfristen und Qualitätsvorgaben ist weiterhin sichergestellt.

Die Hilfsmittelversorgung nach dem GKV-OrgWG und GKV-WSG war auch Kernthema der abschließenden Podiumsdiskussion. Carla Grienberger, Bettina Hertkorn-Ketterer und Dr. Andrea Mischker beleuchteten hier gemeinsam mit Dr. Siiri Doka (BAG Selbsthilfe), Dr. Jörg Nosek (Wellspect HealthCare) und Christian Lierse (PubliCare Visé) die Frage: Können die Rahmenbedingungen eine qualitative und ausreichend zweckmäßige Hilfsmittelversorgung gewährleisten? Fazit der Experten: Strukturelle Schwächen bestehen weiterhin. Diese müssten im Sinne der Patienten ausgeräumt werden.

Alle Vorträge des Hilfsmittelforums können im Internet abgerufen werden: www.bvmed.de (Publikationen / Reden / Forum Hilfsmittel Rehacare 2013)
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