Branchenstudien

Fallstudie 13: Chronischer Schmerz: Neuromodulationstherapien (Stimulation)

Zusammenfassung der Fallstudie:
- Krankheitsbild: chronische Schmerzen
- Eine neue Behandlungsmethode
- Die Methodik
- Kosteneffizienz von Neurostimulationstherapien

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Krankheitsbild: chronische Schmerzen

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland unter chronischen Schmerzen leiden, wird mit rund fünf Millionen beziffert. Weiterhin wird geschätzt, dass etwa ein Fünftel dieser Patienten als schwer behandelbar einzustufen sind. Man spricht von chronischen Schmerzen, wenn die Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinweg ständig oder immer wieder auftreten. Der chronische Schmerz hat – im Gegensatz zum Akutschmerz - keine Schutz- oder Warnfunktion mehr. Der Schmerzzustand selbst wird zur Krankheit. Bei chronischen Schmerzen ist es zu einer chronischen Fehl- bzw. Überfunktion des Nervensystems gekommen.

Eine neue Behandlungsmethode

Mit Hilfe der Neuromodulation kann man das Nervenleitungssystem im Falle von Fehl- oder Überfunktionen zielgerichtet beeinflussen. Dies geschieht entweder durch schwache elektrische Impulse am Nerv, am Rückenmark oder im Gehirn (Neurostimulation) oder durch
rückenmarksnahe Applikation geringster Mengen von Opioiden (intrathekale Arzneimittelapplikation).

Die Methodik

Die rückenmarksnahe Neurostimulation, auch Rückenmarkstimulation (engl. Spinal Cord Stimulation oder Dorsal Column Stimulation), hat seit ihrer Einführung in den 70er Jahren bei vielen tausend Patienten weltweit die Schmerzen gelindert. Es ist jedoch kein Heilmittel für die Ursachen des Schmerzes. Bei einer erfolgreichen Behandlung liegt die zu erwartende Schmerzlinderung bei 50 bis 75 Prozent.

Die Therapie beruht auf der Tatsache, dass die Nachricht „Schmerz in einer Körperregion“ durch elektrische Impulse über das Nervensystem an das Gehirn gemeldet wird. Diese Impulse werden im Gehirn als „Schmerz“ wahrgenommen. Wird nun diese Nachrichtenleitung durch andere Impulse gehemmt, gelangen die schmerzauslösenden Signale nicht zum Gehirn. Stattdessen wird im Falle der Rückenmarkstimulation von den meisten Patienten ein angenehmes Kribbeln im Schmerzgebiet empfunden. Dieser hemmende Effekt wird durch eine Beeinflussung des sympathischen Nervensystems und die Freisetzung zahlreicher Substanzen mit Transmitter- oder Neuromodulatoreneigenschaften ergänzt/verstärkt.

Bei der Rückenmarkstimulation werden in der Wirbelsäule Elektroden platziert, die schwache elektrische Impulse an das Rückenmark abgegeben. Diese Impulse bewirken im Bereich des Rückenmarks eine Hemmung der Weiterleitung von Schmerzreizen an das Gehirn.

Durch die konsequente Weiterentwicklung des Verfahrens zur Zwei-Elektroden-/Zwei-Kanal-Stimulation können auch komplexe Schmerzsyndrome mit überwiegend neuropathischer Komponente behandelt werden. Dazu zählen in erste Linie komplexe Bein- und Rückenschmerzen und multifokale Schmerzsyndrome (mehrere Schmerzstellen) sowie beidseitiger Extremitätenschmerz.

Kosteneffizienz von Neurostimulationstherapien

Die rückenmarksnahe Neurostimulation hat sich in der Schmerztherapie als kosteneffizient erwiesen. In einem Vergleich der medizinischen Kosten der epiduralen Rückenmarkstimulation gegenüber alternativen operativen Behandlungsmethoden und anderen Interventionen amortisiert sich das Ein-Elektroden-Stimulationssystem bereits nach weniger als 2,1 Jahren. Selbst unter Berücksichtung möglicher Revisionen oder Komplikationen stellt die epidurale Rückenmarkstimulation die kostengünstigere Alternative dar.

Die Bereitstellung dieser noch jungen und innovativen Behandlungsform der Neurostimulation wird durch die sich ausweitende Finanzierungsproblematik im Gesundheitswesen erheblich eingeschränkt. Budgetlimitierungen und die zunehmende Problematik bei der Übernahme der Implantat-Kosten führt schon heute zu einem Engpass in der Versorgung für betroffene Patientengruppen.

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